Anlagebedingter Haarausfall beim Mann: Was man dagegen tun kann
Anlagebedingter Haarausfall, der durch männliche Sexualhormone verursacht wird, wird in der Medizin als „androgenetische Alopezie“ bezeichnet. Er kommt bei Frauen und Männern vor, bei Männern aber deutlich häufiger. Dieser Beitrag beschäftigt sich mit der androgenetischen Alopezie beim Mann.
Auf einen Blick
- Die androgenetische Alopezie ist ein anlagebedingter Haarausfall, der durch männliche Sexualhormone verursacht wird.
- Er kommt bei Männern und Frauen vor – bei Männern jedoch deutlich häufiger.
- Dieser Beitrag beschäftigt sich mit dem androgenetischen Haarverlust bei Männern, dessen Verlauf sich von der androgenetischen Alopezie bei Frauen unterscheidet.
- Der anlagebedingte Haarausfall des Mannes ist keine Krankheit, er kann aber mit erheblicher psychischer Belastung verbunden sein.
- Zu den wesentlichen Behandlungsmöglichkeiten gehören die Medikamente Minoxidil und Finasterid sowie die Haartransplantation.
- Medizinisch notwendig ist die Behandlung nicht: Männer, die kein Problem mit ihrem Haarverlust haben, müssen nichts dagegen unternehmen.
Hinweis: Die Informationen dieses Artikels können und sollen einen Arztbesuch nicht ersetzen und dürfen nicht zur Selbstdiagnostik oder -behandlung verwendet werden.
Was versteht man unter androgenetischer Alopezie?
Bei dieser Form des Haarausfalls handelt es sich um einen anlagebedingten (also vererbten) und grundsätzlich nicht krankhaften Haarausfall, der durch männliche Sexualhormone (Androgene) verursacht wird.
Die androgenetische Alopezie ist insgesamt die häufigste Form des Haarausfalls. Sie betrifft Männer und Frauen, jedoch Männer deutlich häufiger. Betroffen sind bis zu 70 Prozent der Männer und 40 Prozent der Frauen. Die Häufigkeit und Ausprägung der androgenetischen Alopezie steigt mit dem Alter an.
Das Erscheinungsbild des androgenetischen Haarausfalls unterscheidet sich bei Frauen und Männern: Während sich bei Frauen das Haar meist vom Scheitel aus lichtet, entwickeln Männer typischerweise Geheimratsecken und eine lichte Stelle am oberen Hinterkopf (Tonsur). Im weiteren Verlauf kann sich bei Männern eine Halbglatze mit Haarkranz bilden.
Eine Störung des Hormonhaushalts liegt bei anlagebedingtem Haarausfall in aller Regel nicht vor. Denn der Grund für den fortschreitenden Haarverlust ist nicht etwa ein Zuviel an Testosteron, dem bekanntesten männlichen Sexualhormon. Die Ursache ist vielmehr eine Überempfindlichkeit der Haare gegenüber einer aktiven Form des Testosterons, dem Dihydrotestosteron (DHT).
Als Folge dieser Überempfindlichkeit verkürzt sich die Wachstumsphase der Haare und die Haarfollikel verkümmern zusehends. Die betroffenen Haare werden dadurch immer dünner und verschwinden an den typischen Stellen – wie beispielsweise der Stirn und dem oberen Hinterkopf – oft irgendwann ganz.
Wie erkennen Ärztinnen und Ärzte erblich bedingten Haarausfall?
Wichtige Hinweise auf eine androgenetische Alopezie erhalten Ärztinnen und Ärzte bereits in einem Gespräch mit dem Betroffenen zur Familiengeschichte (Familienanamnese): Wenn der Vater oder einer der Großväter von Haarausfall betroffen ist oder war, dann ist die Wahrscheinlichkeit gegeben, dass es sich um erblich bedingten Haarausfall handelt.
Einen weiteren wesentlichen Hinweis liefert das Muster des Haarausfalls. Denn bei Männern mit erblich bedingtem Haarausfall äußert sich der fortschreitende Haarverlust sehr oft in typischen Stadien: von einem ersten Zurückweichen des Haaransatzes an der Stirn über die Bildung von Geheimratsecken bis hin zur möglichen Halbglatze, bei der die verbleibenden Haare einen Kranz bilden. Weitere diagnostische Maßnahmen sind bei diesem typischen Erscheinungsbild nicht notwendig.
Welche Behandlungsmöglichkeiten gibt es bei androgenetischer Alopezie?
Für viele betroffene Männer ist der erblich bedingte Haarausfall kein großes Problem, einige Betroffene leiden aber sehr darunter. Während früher hier nur ein Haarersatz (Toupet) helfen konnte, gibt es heute auch wirksame medizinische Behandlungsmöglichkeiten.
Wichtig zu wissen: Weil die androgenetische Alopezie des Mannes nicht als Krankheit eingestuft ist, zahlt die Krankenversicherung in aller Regel nicht für eine Behandlung. Die Kosten für die unten aufgeführten Therapiemöglichkeiten müssen Betroffene daher meist komplett selbst übernehmen.
Grundsätzlich lässt sich sagen: Je früher ein erblich bedingter Haarausfall behandelt wird, desto besser sind die Erfolgsaussichten, möglichst viele Haare zu „retten“. Abhängig vom Stadium und den individuellen Wünschen des Betroffenen kann die Behandlung eines erblich bedingten Haarausfalls zwei kombinierbare Ziele verfolgen:
- den Stopp des Haarverlusts (vor allem in einem frühen Stadium)
- zusätzlich das Auffüllen lichter oder haarfreier Stellen (fortgeschritteneres Stadium)
Im Rahmen einer Leitlinie des European Dermatology Forum (EDF) zur Behandlung der androgenetischen Alopezie wurden verfügbare Therapiemöglichkeiten bewertet. Demnach eignen sich insbesondere die folgenden drei Optionen, die gegebenenfalls auch miteinander kombiniert werden können.
Minoxidil für die äußerliche Anwendung
Ursprünglich als Medikament gegen Bluthochdruck entwickelt, kann Minoxidil dazu beitragen, die Nährstoffversorgung der Haare zu verbessern. Das kann sich positiv auf die Haardichte auswirken, den Haarverlust idealerweise stoppen und das Nachwachsen von Haaren begünstigen. Die Leitlinie empfiehlt Minoxidil bei leichtem bis moderatem Schweregrad.
Der Wirkstoff wird in Form einer Lösung oder als Schaum auf die betroffenen Stellen (Haar und Kopfhaut) aufgetragen. Etwas Geduld ist gefragt: Bis sich ein sichtbarer Effekt einstellt, können einige Monate vergehen. Dabei kann es zunächst auch zu einem vorübergehend vermehrten Haarausfall kommen, wenn inaktive Haare von nachwachsenden neuen Haaren verdrängt werden.
Zwar gibt es in der Apotheke auch rezeptfrei erhältliche Präparate mit Minoxidil, jedoch sollte aufgrund möglicher Nebenwirkungen und Wechselwirkungen vor einer Anwendung immer ein Arztgespräch stattfinden. Das gilt insbesondere für Männer mit Herz-Kreislauf-Erkrankungen.
Finasterid als Tablette zum Einnehmen
Auch der Wirkstoff Finasterid wurde nicht für die Behandlung von Haarausfall entwickelt, sondern ursprünglich nur zur Therapie der gutartigen Prostatavergrößerung (benigne Prostatahyperplasie). Als Hemmstoff unterbindet Finasterid die Umwandlung des Sexualhormons Testosteron in das aktive Dihydrotestosteron (DHT). Zur Erinnerung: Eine Überempfindlichkeit der Haarfollikel gegenüber DHT wird als Ursache der Haarverkümmerung angenommen.
Als Tablette mit einem Milligramm Finasterid täglich einmal eingenommen, greift der Wirkstoff kontinuierlich in den Hormonhaushalt des Mannes ein. In Langzeitstudien konnte gezeigt werden, dass Finasterid so neues Haarwachstum stimulieren kann. Sichtbare Effekte sind jedoch oft erst nach 6 bis 12 Monaten zu erwarten. Noch bessere Ergebnisse kann eine Kombination aus der äußeren Anwendung von Minoxidil und der Einnahme von Finasterid erzielen.
Wichtig zu wissen: Finasterid ist verschreibungspflichtig. Ärztinnen und Ärzte müssen im Rahmen ihres Aufklärungsgesprächs mit dem Patienten auf die möglichen Nebenwirkungen von Finasterid hinweisen. Dazu gehören Potenzstörungen, Verminderung der Libido, Hodenschmerzen, eine Gynäkomastie (Wachstum der Brustdrüsen beim Mann) sowie Depression.
Die Haartransplantation als chirurgische Maßnahme
Bei der Haartransplantation werden Eigenhaare aus dem Hinterkopfbereich auf den Oberkopf verpflanzt (transplantiert). Dabei machen sich Chirurginnen und Chirurgen eine besondere Eigenschaft der zu transplantierenden Haarwurzelinseln zunutze: Diese sind im Unterschied zu den Haarwurzeln am Oberkopf unempfindlich gegen die haarverkümmernde Wirkung des Dihydrotestosterons (DHT).
Nach einer ausführlichen Befunderhebung und Beratung durch eine Haarchirurgin oder einen Haarchirurgen kommen grundsätzlich zwei Transplantationsverfahren infrage:
- die Entnahme eines 10 bis 35 Zentimeter langen Hautstreifens mit den darin befindlichen Haaren aus dem geeigneten Spenderbereich am Hinterkopf (sogenannte Streifentechnik) mit anschließender Wundnaht
- die Entnahme einzelner Haarwurzelgruppen mittels Hohlnadeln oder Hohlbohrern (sogenannte FUE-Technik)
Bei beiden Verfahren wird das entnommene Spendergewebe so aufbereitet, dass für eine Transplantation viele, mitunter Tausende kleine Haarwurzelinseln zur Verfügung stehen. Auf dem Empfängergebiet – dem Oberkopf – werden hierfür mittels Mikroloch- oder Schlitztechnik kleinste Öffnungen geschaffen.
Während bei der Streifentechnik (FUT) in einer Sitzung große Mengen an Haarwurzelinseln transplantiert werden können, entsteht bei der zeitaufwendigeren FUE-Technik aufgrund der Einzelentnahme keine Nahtnarbe. Welche Methode letztlich die geeignetere ist, muss immer mit den behandelnden Ärzten anhand der persönlichen Situation entschieden werden.
Für jede Art von Haartransplantation gilt natürlich: Es handelt sich hier um einen operativen Eingriff, der mit Risiken verbunden ist. Zu den möglichen Komplikationen können eine auffällige Narbenbildung gehören, Störungen der Wundheilung oder auch Entzündungen.
Welche weiteren medizinischen Möglichkeiten gibt es bei vererbtem Haarausfall?
Neben den bereits genannten Behandlungsmöglichkeiten gibt es noch weitere Therapieansätze, deren Wirksamkeit aber noch umfassender untersucht werden muss. Hier sind vor allem die Low-Level-Lichttherapie (LLLT) und die Therapie mit blutplättchenreichem Plasma (Platelet‐rich Plasma, PRP) zu nennen.
Die Low-Level-Lichttherapie wird manchmal auch als Softlaser-Therapie bezeichnet und soll mit niedrig dosiertem Laserlicht das Haarwachstum stimulieren. Für eine bessere Vergleichbarkeit gegenüber den bereits etablierten Behandlungsmöglichkeiten müssen aber laut der europäischen Behandlungsleitlinie noch weitere Studien erfolgen.
Bei der PRP-Therapie werden in einem speziellen Verfahren sogenannte Wachstumsfaktoren aus dem eigenen Blut gewonnen, aufbereitet und dann direkt in die Kopfhaut gespritzt. Die europäische Behandlungsleitlinie sieht derzeit noch von einer Empfehlung für oder gegen diese Behandlung ab, weil es hier noch kein standardisiertes Behandlungsverfahren als Grundlage für eine objektive Beurteilung der Wirksamkeit und Therapiesicherheit gibt.
Androgenetische Alopezie: Behandlung möglich, aber nicht für jeden nötig
Ob und in welchem Maß erblich bedingter Haarausfall für einen Mann zum belastenden Problem wird, hängt meist von verschiedenen Faktoren ab. Ein sehr gewichtiger Faktor kann zum Beispiel sein, ob der Betroffene sich mit seinem fortschreitenden Haarverlust alleine fühlt oder ob er einer von vielen ist. Während in Deutschland ein Großteil der über 70-jährigen Männer von androgenetischer Alopezie betroffen ist, gehört man als 20-Jähriger mit ausgeprägten Geheimratsecken noch zu einer deutlichen Minderheit.
Deshalb kann gerade für junge Männer ein früher Haarverlust zu einer sehr belastenden Erfahrung werden. Von den Mitmenschen wird man mitunter älter geschätzt, als man tatsächlich ist. Das Selbstbewusstsein kann stark darunter leiden: Männliche Models in der Werbung oder auch die Stars in Hollywoodfilmen weisen meist volles Haupthaar auf. Es gibt aber auch zahlreiche Beispiele, die für einen selbstbewussten Umgang mit schwindender Kopfbehaarung stehen.
Unabhängig davon gilt natürlich: Wer unter seinem erblich bedingten Haarausfall leidet, muss sich dank moderner, schulmedizinisch anerkannter Therapieoptionen nicht mehr damit abfinden. Bei einer Hautärztin oder einem Hautarzt können Betroffene sich über die individuellen Behandlungsmöglichkeiten aufklären lassen.
Diese Behandlungsmöglichkeiten haben sich in den letzten Jahrzehnten stetig verbessert und erweitert. Wunder darf man aber dennoch nicht erwarten: Ein Mann mit Halbglatze wird auch durch eine Haartransplantation nicht mehr die frühere Haardichte erreichen können.
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Geprüft durch die Deutsche Dermatologische Gesellschaft e.V.
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