Chemikalien in Kleidung: Gesundheitlich unbedenklich?

Die Herstellung von Textilien wie zum Beispiel Kleidung ist ohne Chemikalien nicht möglich. Doch können diese Substanzen auch Auswirkungen auf die Gesundheit haben? Und wie erkennt man, ob Kleidungsstücke gesundheitlich unbedenklich sind?

Auf einen Blick

  • Ein Kleidungsetikett informiert über die verwendeten Materialien, aber nicht über die in der Herstellung eingesetzten Chemikalien.
  • Spezielle chemische Substanzen können ein Kleidungsstück beispielsweise knitterarm oder wasserabweisend machen.
  • Für bestimmte Substanzen – wie für einige Farbstoffe – wurden Verbote festgelegt, weil es gesundheitliche Bedenken gibt.
  • Viele andere Chemikalien sind in der Textilproduktion erlaubt und können in seltenen Fällen Kontaktallergien auslösen.
  • Textil-Siegel („Öko-Labels“) können als Orientierungshilfe für gesundheitlich unbedenkliche Kleidung dienen.

Hinweis: Die Informationen dieses Artikels können und sollen einen Arztbesuch nicht ersetzen und dürfen nicht zur Selbstdiagnostik oder -behandlung verwendet werden.

Kleines Mädchen kratzt sich am Arm.

Chemikalien in der Kleidung: Was verrät das Etikett?

Auf dem Etikett eines Kleidungsstücks erfährt man, aus welchen Textilfasern es besteht. Es verrät aber nicht, welche Chemikalien bei der Herstellung verwendet und eingearbeitet wurden. Denn laut der Europäischen Textilkennzeichnungsverordnung sind die Hersteller zu dieser Angabe nicht verpflichtet.

Bei der Herstellung von Bekleidungstextilien werden zahlreiche chemische Substanzen benötigt. Solche Substanzen können beispielsweise für eine waschechte Färbung oder für wasserabweisende Atmungsaktivität sorgen, ein Kleidungsstück knitterfrei machen oder gegen Schweißgeruch wirken. Je nach gewünschten Eigenschaften des Kleidungsstücks können unterschiedlich viele chemische Substanzen zum Einsatz kommen. Ganz ohne Chemikalien ist die Herstellung von Textilien nicht möglich.

Welche gesundheitsrelevanten Chemikalien können in Textilien enthalten sein?

Von in Kleidung enthaltenen Chemikalien werden in der Regel kaum gesundheitliche Probleme verursacht. Kontaktallergien können jedoch bei einigen Menschen vorkommen – das ist allerdings auch eher selten.

Manche der in Kleidung enthaltenen Chemikalien können bei einigen Menschen Kontaktallergien auslösen.

Formaldehyd: Textilhilfsmittel zur Formstabilisierung

Formaldehyd ist nicht nur in Bekleidung, sondern in vielen weiteren Produkten enthalten. So findet es beispielsweise Verwendung als Klebstoffbestandteil in Möbeln und Bodenbelägen. In Textilien wird es verwendet, um insbesondere Oberteile knitterarm und formstabil zu machen. Bezeichnungen wie „Bügelfreies Hemd“ oder „knitterfrei“ können ein Hinweis auf die Verwendung von Formaldehyd sein.

Formaldehyd ist in der EU als Gefahrstoff mit krebserzeugenden und mit allergieauslösenden Eigenschaften eingestuft. Eine krebserzeugende Wirkung wurde in Studien bei bestimmten Formaldehyd-Konzentrationen in der Atemluft festgestellt. Diese Gefahr besteht aber nicht bei den Konzentrationen, die über behandelte Textilien in die Atemluft abgegeben werden. Theoretisch können Kleidungsstücke, die mit Formaldehyd behandelt sind, bei Hautkontakt eine Kontaktallergie auslösen. Allerdings sind die festgelegten Grenzwerte in der Europäischen Union so niedrig, dass davon in der Regel keine Kontaktallergien hervorgerufen werden können. Der Grenzwert für Formaldehyd in Textilien liegt bei 75 Milligramm pro Kilogramm. Eine Ausnahme stellen Jacken, Mäntel und Polsterungen dar, für die bis Ende Oktober 2023 ein Grenzwert von 300 Milligramm pro Kilogramm gilt.

Farbstoffe: Krebserregende Azofarbstoffe inzwischen verboten

Zum Färben von Kleidungsstücken gibt es etwa 4.000 Farbstoffe, die sich in ihren chemischen Eigenschaften stark voneinander unterscheiden können. In der großen Gruppe der Azofarbstoffe gibt es auch Farbstoffe, die in krebserzeugende Verbindungen aufgespalten werden können. Dieses Aufspalten kann in der Leber, im Darm und möglicherweise durch Hautbakterien stattfinden. Aus diesem Grund verwenden in der Europäischen Union ansässige Bekleidungshersteller bestimmte Azofarbstoffe nicht mehr, die krebserregende Verbindungen abspalten und die daher gemäß der europäischen Chemikalienverordnung ⁠REACH verboten sind. Auch Kleidung, die in die EU importiert wird, darf diese Stoffe nicht mehr enthalten.

Als Auslöser farbstoffbedingter Kontaktallergien gelten vor allem bestimmte Dispersionsfarbstoffe– hier insbesondere dunkel-, gelb-, orange- und rotfärbende. Dispersionsfarbstoffe können aufgrund ihrer Fettlöslichkeit und ihrer kleinen Molekülgröße besser von der Haut aufgenommen werden als andere Farbstoffe. Das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) gibt Empfehlungen heraus, bestimmte Dispersionsfarbstoffe für Bekleidungstextilien nicht zu benutzen. Untersuchungen haben gezeigt, dass die Hersteller diese Empfehlungen weitestgehend befolgen.

Biozide in der Kleidung: Mit Chemie gegen Schweißgeruch

Als Biozide werden allgemein Substanzen und Produkte bezeichnet, die gegen Keime und Schädlinge wirken. Gemäß der Biozid-Gesetzgebung müssen alle Biozid-Produkte nach und nach ein Zulassungsverfahren durchlaufen. Wenn von Bioziden bei Kleidungsstücken die Rede ist, sind oft Mittel gegen Bakterien oder zum Schutz vor beißenden oder stechenden Insekten wie Mücken und Zecken gemeint. Zu den antibakteriellen Stoffen gehört zum Beispiel Silber, das in Textilfasern eingearbeitet wird. Es soll die bakterienbedingte Bildung von Schweißgeruch unterdrücken. Es kann möglicherweise jedoch auch das Gleichgewicht der hauteigenen Bakterien (Hautflora) stören und die Haut reizen. Das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) rät Verbraucherinnen und Verbrauchern daher, den Nutzen und das Risiko einer antimikrobiellen Ausrüstung von Bekleidungstextilien abzuwägen.

Chrom-Salze in der Ledergerbung: Kritisch für empfindliche Personen

Chrom-Salze werden zum Gerben von Leder eingesetzt. Aus Chrom-Salzen können sich bei Lederschuhen, Ledergürteln und anderen Lederprodukten unter Umständen Chrom(VI)-Verbindungen bilden. Chrom(VI)-Verbindungen gehören zu den besonders besorgniserregenden Stoffen (SVHC: Substances of Very High Concern) und können bei einigen Menschen Kontaktallergien auslösen. Zum Schutz der Gesundheit gilt für Chrom(VI) bei Lederwaren mit Hautkontakt ein gesetzlicher Grenzwert von 3 Milligramm pro Kilogramm. Bei guter Herstellungspraxis und guten Produktionsbedingungen ist eine gesundheitliche Beeinträchtigung von Verbraucherinnen und Verbrauchern unwahrscheinlich. Für empfindliche und bereits sensibilisierte Personen können jedoch auch Chrom(VI)-Konzentrationen unterhalb dieses Grenzwerts problematisch sein. In diesem Fall kann man auf pflanzlich gegerbtes Leder ausweichen.

Nickel: Bekannter Allergieauslöser, der häufig verwendet wird

Nickel wird nicht nur in günstigem Modeschmuck verwendet, sondern auch in teureren Silber- und Goldlegierungen. Für den Alltag noch wichtiger: Nickel ist auch oft ein Bestandteil von Nieten in Jeans, von Gürtelschnallen, Reißverschlüssen und Knöpfen.

Nickel ist der häufigste Auslöser für eine Kontaktallergie, er ist also das häufigste Kontaktallergen. Seit den Anpassungen der EU-Regulierungen treten Nickelallergien jedoch seltener auf.

Wie werden Verbraucherinnen und Verbraucher geschützt?

Damit von Chemikalien in Kleidungsstücken keine gesundheitsschädliche Wirkung ausgeht, wurden für bestimmte Substanzen Verwendungsbeschränkungen und Verbote festgelegt. Die Hersteller müssen die Bestimmungen der Bedarfsgegenständeverordnung, der Chemikalienverbotsverordnung sowie der REACH-Verordnung und der Biozid-Verordnung eigenverantwortlich einhalten. Die Bundesländer überwachen die Einhaltung dieser Vorschriften durch die Untersuchung von Stichproben.

Bei Bekleidung, die nach den in Deutschland geltenden Vorschriften hergestellt wurde, ist von keiner gesundheitsschädlichen Wirkung auszugehen.

Bei nach dem Stand der Technik hergestellten Textilien ist nicht von einer gesundheitsschädlichen Wirkung auszugehen. Jedoch kann auch die erlaubte Verwendung von Chemikalien unter Umständen mit Kontaktallergien einhergehen. Wenn man aber bedenkt, dass jeder Mensch ständig engen Hautkontakt zu Textilien hat, sind auch diese Kontaktallergien als selten einzustufen.

Wie kann man sich selbst vor gesundheitsrelevanten Stoffen in Textilien schützen?

Wenn man sich in einem Bekleidungsgeschäft Kleidungsstücke ansieht, kann man nicht erkennen, welche Chemikalien bei der Herstellung verwendet wurden. Denn zu dieser Angabe sind die Hersteller nicht verpflichtet. Verbraucherinnen und Verbraucher haben dennoch Möglichkeiten, vor dem Kauf eines Kleidungsstücks an Informationen über möglicherweise enthaltene besonders besorgniserregende Stoffe (SVHC: Substances of Very High Concern) zu gelangen. Innerhalb der Europäischen Union gilt: Die Bekleidungshersteller müssen auf Nachfrage Auskunft geben, wenn verwendete besonders besorgniserregende Stoffe einen bestimmten Grenzwert überschreiten – auch gegenüber Privatpersonen. Das ist in der europäischen Chemikalienverordnung ⁠REACH⁠ festgelegt.

Alternativ dazu können Sie auf der Website des EU-geförderten Projekts „LIFE AskREACH“ die Smartphone-App „Scan4Chem“ herunterladen. Mit der kostenfreien App können Sie den Barcode auf dem Etikett eines Kleidungsstücks, aber auch eines Sportgeräts oder Spielzeugs scannen und Informationen zu möglicherweise enthaltenen schädlichen Stoffen anfordern.

Neben den konkreten Angaben der Hersteller können auch die Kleidungsstücke selbst Hinweise auf mögliche gesundheitsbeeinflussende Substanzen liefern. Achten Sie beim Kauf und beim Tragen von Kleidungsstücken daher insbesondere auf die folgenden Punkte:

Geruch der Textilien

Wenn ein Kleidungsstück im Laden oder im Schrank beispielsweise stechend riecht, kann das ein Hinweis auf die Verwendung problematischer Chemikalien sein.

Waschhinweise wie „separat waschen“

Wenn auf dem Etikett ein Hinweis wie „separat waschen“ steht, deutet das auf abfärbende Kleidung hin. Solche leicht löslichen Farbstoffe können auch leichter an die Haut abgegeben werden.

Wichtig zu wissen: Generell empfiehlt es sich, jedes neue Kleidungsstück vor dem ersten Tragen zu waschen. Dadurch werden mögliche Reste an Chemikalien ausgespült.

Hinweise wie „antibakteriell“ oder „antimikrobiell“

Zugesetzte Biozide, vor allem in Sporttextilien, sollen dem Schweißgeruch entgegentreten – können aber unter Umständen die Haut reizen und möglicherweise das Gleichgewicht der natürlichen Hautflora stören. Überlegen Sie daher, ob Sie auf Biozide in der Kleidung nicht verzichten können.

Helle Farben bevorzugen und Kleidung vor dem ersten Tragen waschen

Mit dem Kauf ungefärbter Kleidung stellen Sie sicher, dass keine farbstoffbedingten Kontaktallergien beim Tragen auftreten. Bei gefärbten Textilien gilt: Auf jeden Fall vor dem ersten Tragen waschen.

Textil-Siegel („Öko-Labels“) als Orientierungshilfe

Es existieren bislang zwar keine verbindlichen Öko-Standards für Kleidung. Es gibt jedoch eine Reihe an Textil-Siegeln, die entweder die reinen Produkteigenschaften beurteilen oder den gesamten Produktkreislauf von der Rohstoffgewinnung bis zur Entsorgung berücksichtigen.

Informationen zu unterschiedlichen Textil-Siegeln finden sich unter siegelklarheit.de.

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