Schule, Ausbildung, Studium und Beruf mit Pflegegrad

Pflegebedürftigkeit steht einer Ausbildung oder einer Berufstätigkeit nicht im Wege. Voraussetzung für die Wahl eines Studiums oder Berufs sind die eigenen Interessen und Fähigkeiten. Die Sozialversicherungen finanzieren unter anderem Assistenz und Hilfsmittel, wenn dadurch der Wunschberuf möglich ist.

Auf einen Blick

  • Menschen mit Behinderungen oder chronischen Erkrankungen können eine Schule oder Universität besuchen und einem Beruf nachgehen. 
  • Eine Behinderung oder Erkrankung schließen einen bestimmten Beruf nicht automatisch aus. 
  • Gesundheitliche Beeinträchtigungen, die eine Ausbildung oder Berufstätigkeit erschweren, können durch Leistungen der Sozialversicherungen ausgeglichen und finanziert werden. 
  • Der Bezug von Pflegeleistungen muss nicht gemeldet werden und wird nicht durch BAföG oder Gehalt reduziert. 
Zwei junge Frauen mit Büchern bewegen sich vorwärts, eine von Ihnen sitzt in einem Rollstuhl.

Sind Ausbildung und Beruf für Menschen mit Pflegegrad möglich?

Über 20 Prozent der Menschen, die Unterstützung durch die Pflegeversicherung erhalten, sind noch nicht im Rentenalter. Der Grund für die Pflegebedürftigkeit ist meist eine Behinderung oder chronische Erkrankung.

Dies muss sie nicht zwangsläufig daran hindern, einen Beruf auszuüben oder eine Schule, Universität oder Ausbildungsstätte zu besuchen. Ihnen stehen Leistungen der Pflegeversicherung (Sozialgesetzbuch 11) und Teilhabe-Leistungen (Sozialgesetzbuch 9) zur Verfügung, um ihnen die Teilhabe an Bildung und Beruf zu ermöglichen. Diese Leistungen müssen beantragt werden.

Wo die entsprechende Leistung beantragt werden muss, hängt von der persönlichen Situation der Antragsstellenden ab und ist für Laien oft schwer zu durchschauen. Zuständig können zum Beispiel die Pflege-, Unfall- oder Krankenkasse, Eingliederungshilfe oder Rentenversicherung sein. Sozialversicherungs- und Rehabilitationsträger sind verpflichtet, den Antrag an den zuständigen Kostenträger weiterzuleiten, falls Sie den Antrag beim falschen Kostenträger gestellt haben. Werden Anträge abgelehnt, ist es möglich Widerspruch einzulegen.

Wichtig zu wissen: Menschen mit Behinderungen und chronischen Erkrankungen haben einen Anspruch auf inklusive Bildung und Arbeit, also gemeinsam mit Menschen ohne gesundheitliche Beeinträchtigungen zu lernen und zu studieren sowie einen Beruf auf dem ersten Arbeitsmarkt auszuüben.

Auch wenn der Anspruch gesetzlich verankert ist, ist es in Deutschland häufig immer noch schwierig diesen durchzusetzen. Unterstützung gibt es unter anderem bei Sozialverbänden und Selbsthilfevereinen.

Zu Leistungen und allen Fragen rund um Schulbesuch, Berufsausbildung, Studium und Berufstätigkeit berät die EUTB - Ergänzende unabhängige Teilhabeberatung.

Welche Unterstützung gibt es für den Schulbesuch mit Pflegegrad?

Kinder mit einem Pflegegrad sind schulpflichtig. Unabhängig von einer zugrunde liegenden Behinderung oder Erkrankung hat jedes Kind das Recht, eine Regelschule zu besuchen.

Kinder mit Pflegegrad sind schulpflichtig. Sie haben das Recht, eine Regelschule zu besuchen.

Reicht die in der Schule angebotene Förderung nicht aus, haben die Kinder Anspruch auf Leistungen wie Assistenz, Hilfsmittel und heilpädagogische Maßnahmen, wenn sie dadurch eine Schule besuchen können. 

Mehr Informationen zu Inklusion und wie sie an Schulen kann gelingen kann, bietet das Bundesministerium für Arbeit und Soziales auf dem Portal Einfach teilhaben.

Wer hilft Kindern mit Pflege- und Unterstützungsbedarf in der Schule? 

Die Schulbegleitung ist eine Assistenz, die bei Dingen unterstützt, die das Kind durch gesundheitliche Beeinträchtigungen nicht allein erledigen kann. Da jede Schülerin und jeder Schüler über jeweils andere individuelle Fähigkeiten und Belastungsgrenzen verfügt, umfasst dies ganz unterschiedliche Aufgaben.

Beispiele sind Rollstühle schieben, Unterlagen bereitlegen und mitschreiben sowie Unterstützung bei Konflikten und in der Kommunikation mit Mitschülern oder Lehrern. Dazu können auch pflegerische Leistungen gehören, wie beim Gang zur Toilette begleiten, An- und Ausziehen oder Anreichen von Essen und Trinken.

Weitere Informationen zur Schulbegleitung sowie zu Voraussetzungen, Antrag und Kosten erhalten Sie bei der Aktion Mensch e.V.

Welche Hilfsmittel sind für die Schule möglich?

Für eine spezielle Raumausstattung, das Mobiliar der Schule und besondere Lernmaterialen sind die Schulträger zuständig. Weitere technische Hilfsmittel, die zum Ausgleich einer Behinderung oder aufgrund einer Erkrankung erforderlich sind, werden im Rahmen der Schulpflicht von der gesetzlichen Krankenversicherung übernommen. Die Dauer der Schulpflicht (9 bis 12 Jahre) ist in den Bundesländern unterschiedlich geregelt. 

Wann ist ein Förderschule sinnvoll? 

In Förderschulen sind Schulalltag und Unterricht stärker auf die Beeinträchtigungen der Kinder zugeschnitten. Pflegerische Unterstützung und Hilfsmittel sind in diesen Schulen bereits vorhanden. Haben Kinder einen besonders hohen Unterstützungsbedarf, können sie auch in einer Förderschule Unterstützung durch eine Assistenz erhalten. 

Mehr Informationen zum Besuch eine Förderschule bietet die Aktion Mensch e.V.

Welche therapeutische Unterstützung gibt es? 

Wenn Kinder gesundheitlich nicht fit genug sind, um einen ganzen Schultag zu bewältigen, kann unter anderem eine Kinder- und Jugend-Reha hilfreich sein. Dort lernen sie mit der Behinderung und Erkrankung im Alltag umzugehen.

Auch andere therapeutische Behandlungen, wie eine Ergotherapie oder Logopädie können hilfreich sein.

Mehr Informationen zu Kinder- und Jugend-Rehas bietet die Deutsche Rentenversicherung.

Wer berät zum Schulbesuch mit gesundheitlichen Beeinträchtigungen? 

Information und Beratung zu einem Schulbesuch für Kinder mit Behinderung oder chronischen Erkrankungen bieten: 

  • örtliche Schulämter
  • Jugendamt und Krankenkassen (Eingliederungshilfe) 
  • Selbsthilfevereine und Elternverbände 
  •  EUTB - Ergänzende unabhängige Teilhabeberatung

Selbsthilfevereine und Elternverbände in Ihrer Nähe finden Sie bei der Nationalen Kontakt- und Informationsstelle zur Anregung und Unterstützung von Selbsthilfegruppen (NAKOS).

EUTB-Beratungsstellen in Ihrer Nähe finden Sie auf der Webseite der Fachstelle Teilhabeberatung.

Welche Unterstützung gibt es für Auszubildende mit Pflegebedarf?

Menschen mit Pflegebedarf steht die Ausbildung in einem anerkannten Ausbildungsberuf offen. Praktika können helfen, in verschiedene Bereiche hineinzuschnuppern und auszuprobieren, ob der gewählte Beruf zu ihnen passt. Berufseinstiegsbegleiter und Reha-Berater der Agentur für Arbeit unterstützen bei der Berufsorientierung.

Ihnen stehen verschiedene Ausbildungswege zur Verfügung, um die gesundheitlichen Beeinträchtigungen auszugleichen und eine Beschäftigung auf dem ersten Arbeitsmarkt zu ermöglichen.

Beispiele sind: 

  • Reguläre Ausbildung: Assistenz, Hilfsmittel und Nachteilsausgleiche ermöglichen, die Ausbildung auf normalem Weg zu absolvieren. 
  • Teilzeitausbildung: Die täglichen oder wöchentlichen Arbeitszeiten sind verkürzt, dafür verlängert sich die Länge der gesamten Ausbildung. Dieser Ausbildungsweg ist sowohl für Personen mit gesundheitlichen Beeinträchtigungen möglich als auch für Personen, die eine andere Person pflegen. 
  • Fachpraktiker-Ausbildung: Dieser Weg kommt in Frage, wenn die erstgenannten nicht möglich sind und umfasst eine vereinfachte Ausbildung in anerkannten Berufen für Menschen mit Behinderung oder besonderem Förderbedarf.  
  • Außerbetriebliche Berufsausbildung: Der theoretische und praktische Teil der Ausbildung findet in einer speziellen Bildungseinrichtung statt, beispielsweise einem Berufsbildungswerk. 

Darüber hinaus haben Schulabsolventinnen und -absolventen Anspruch auf unterschiedliche Unterstützungsleistungen:

  • Ausbildungsbegleitende Hilfen: Förderunterricht, Unterstützung beim Lernen für Prüfungen und Hilfe bei Problemen im Betrieb 
  • assistierte Ausbildung: zusätzliche Unterstützung, beispielsweise bei der Suche nach einer Ausbildungsstelle und der Vorbereitung auf die Ausbildung

Mehr Informationen zur Berufsorientierung, den verschiedenen Ausbildungswegen und dem Berufseinstieg bieten die Bundesagentur für Arbeit, das Portal „Rehadat Bildung“ des Instituts der deutschen Wirtschaft Köln e.V. und die Bundesarbeitsgemeinschaft der Berufsbildungswerke e.V.

Umbauten und Hilfsmittel im Betrieb 

Es gibt viele verschiedene Hilfsmittel und technische Hilfen für unterschiedliche Berufe, wie zum Beispiel Lupen, Braille-Tastaturen, angepasste Tische oder angepasste Werkzeuge. Hilfsmittel für den Beruf und die Berufsausbildung werden von einem Rehabilitations-Träger übernommen. Diese übernehmen auch die Kosten für Umbauten wie Rampen, wenn diese notwendig sind, um den Beruf auszuüben. 

Mehr Informationen zu Hilfsmittel für Ausbildung und Beruf bietet das Hilfsmittel-Portal des Instituts der deutschen Wirtschaft Köln e.V.

Wer berät zu Berufsausbildung mit gesundheitlichen Beeinträchtigungen? 

Information und Beratung zu Ausbildung und Beruf für Menschen mit Behinderung oder chronischen Erkrankungen bieten: 

  • Agentur für Arbeit  
  • Integrationsfachdienste 
  • Integrationsämter 
  •  EUTB - Ergänzende unabhängige Teilhabeberatung.

Beratungsstellen der Agentur für Arbeit vor Ort finden Sie auf dem Portal der Bundesagentur für Arbeit.

Die Bundesarbeitsgemeinschaft der Integrationsämter und Hauptfürsorgestellen (BIH) e.V. bietet eine Suche nach dem zuständigen Integrationsfachdienst oder Integrationsamt.

EUTB-Beratungsstellen in Ihrer Nähe finden Sie auf der Webseite der Fachstelle Teilhabeberatung.

Welche Unterstützung gibt es für Studierende mit Pflegegrad?

Studierende mit Behinderung oder Pflegebedarf können jedes Studienfach wählen, das zu ihren persönlichen Interessen und Voraussetzungen passt. Der Anspruch auf BAföG wird durch Pflegeleistungen nicht reduziert.

Wie unterstützen Assistenzen im Studium? 

Assistenzen helfen Studierenden die Nachteile auszugleichen, die im Studium durch ihre gesundheitlichen Beeinträchtigungen entstehen. Möglich ist beispielsweise eine Studienassistenz, die in Vorlesungen, Seminaren, Bibliotheken sowie bei der Vor- und Nachbereitung des Lehrstoffes begleitet und unterstützt. Sie schreibt keine Prüfungen und vertritt nicht in Vorlesungen oder Seminaren. Häufig wird so eine Assistenz von anderen Studierenden übernommen.

Es kann sinnvoll sein, eine feste Assistenz einzustellen, die mehrere Bereiche und gegebenenfalls auch Pflegetätigkeiten übernimmt. Dies ist über die Beschäftigung einer persönlichen Assistenz möglich. So können Studierende flexibler auf die Studienanforderungen eines Hochschulstudiums reagieren.

Welche Hilfsmittel sind für ein Studium möglich?

Je nach Studiengang sind unterschiedliche Hilfsmittel notwendig: Notebooks mit Sprachausgabe oder ertastbare Globen für Studierende mit Sehbehinderung, speziell ausgerüstete PCs für Studierende mit motorischen Beeinträchtigungen oder Stethoskope für Medizin-Studierende mit Hörbehinderung. Studierende müssen sie in der Regel selbst beschaffen und können die Übernahme der Kosten beantragen.

Einige Universitäten und Hochschulen stellen kostenlos Hilfsmittel bereit, die von mehreren Studierenden genutzt werden können, wie speziell ausgestattete Computerarbeitsplätze, mobile Anstellrampen und Mikroportanlagen für Studierende mit Hörbehinderung. 

Welche Einschränkungen gelten für die Hilfen zur Hochschulbildung? 

Der Anspruch auf Teilhabe-Leistungen gilt in der Regel für ein Erststudium und einen darauf aufbauenden Master-Studiengang. Darüber hinaus gelten die gleichen Altersgrenzen wie beim BAföG: In der Regel dürfen Studierende zu Beginn der Ausbildung das 45. Lebensjahr noch nicht vollendet haben.

Mehr Informationen zum Anspruch auf Hilfen zur Hochschulbildung erhalten Sie bei der Informations- und Beratungsstelle für Studium mit Behinderung und chronischen Krankheiten (IBS).

Wer berät zum Studium mit gesundheitlichen Beeinträchtigungen?

Information und Beratung zu einem Hochschulstudium für Studierende mit Behinderung oder chronischen Erkrankungen bieten: 

EUTB-Beratungsstellen in Ihrer Nähe finden Sie auf der Webseite der Fachstelle Teilhabeberatung.

Welche Unterstützung erhalten pflegebedürftige Menschen für den Beruf?

Pflegebedürftige Menschen können jeden Beruf wählen, der zu ihren persönlichen Interessen und Fähigkeiten passt. Grundsätzlich steht ihnen eine Beschäftigung auf dem ersten Arbeitsmarkt offen. Auch Selbstständigkeit ist möglich.

Pflegebedürftige Menschen können jeden Beruf wählen, der zu ihren persönlichen Interessen und Fähigkeiten passt.

Ein Pflegegrad steht einer Berufstätigkeit nicht im Wege. Die Pflegebedürftigkeit muss dem Arbeitgeber nicht gemeldet werden. Eine Berufstätigkeit reduziert auch nicht den Anspruch auf Pflegeleistungen. Es kann aber sein, dass die Pflegekasse eine neu aufgenommene Tätigkeit als Grund für eine Wiederholungsbegutachtung sieht, da sich die Selbstständigkeit verbessert haben könnte.

Unter welchen Voraussetzungen die Pflegebegutachtung wiederholt wird und ein Pflegegrad reduziert werden darf, erläutern die Verbraucherzentralen.

Menschen mit Behinderung haben Anspruch auf Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben, damit sie ihren Beruf ausüben können. Dazu gehören unter anderem Arbeitsassistenz, Hilfsmittel und Umbauten für den Beruf sowie berufliche Weiterbildung. 

Informationen zu Voraussetzungen für und Antragsstellung von Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben erhalten Sie bei der Aktion Mensch.

Ausbildung und Beruf in Werkstätten für Menschen mit Behinderung und Inklusionsfirmen 

Ausbildung und Beruf können auch in Werkstätten für Menschen mit Behinderung oder in Inklusionsunternehmen stattfinden.

Der Betrieb in Werkstätten für Menschen mit Behinderung ist auf die gesundheitlichen Bedürfnisse der Beschäftigten zugeschnitten und umfasst auch pflegerische Unterstützung. Werkstätten sind Einrichtungen zur beruflichen Wiedereingliederung: Die Beschäftigten sind nicht sozialversicherungspflichtig angestellt und sind neben dem Lohn auf Sozialhilfe angewiesen.

In Inklusionsfirmen arbeiten Menschen mit und ohne Behinderung gemeinsam. Menschen mit Behinderung sind ebenfalls sozialversicherungspflichtig angestellt und erhalten ein normales Gehalt. Die Aufgaben sind auf die Voraussetzungen der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zugeschnitten und die Firmen nehmen Rücksicht auf eine möglicherweise schwankende Leistungsfähigkeit und auf Krankheitsausfälle.

Mehr Informationen zu diesen Anbietern geben die Bundesarbeitsgemeinschaft Werkstätten für behinderte Menschen (BAG WfbM) und die Bundesarbeitsgemeinschaft Inklusionsfirmen e.V.

Wer berät zur Berufstätigkeit mit gesundheitlichen Beeinträchtigungen? 

Information und Beratung zu Ausbildung und Beruf für Menschen mit Behinderung oder chronischen Erkrankungen bieten: 

  • Agentur für Arbeit 
  • Integrationsfachdienste 
  • Integrationsämter 
  • EUTB - Ergänzende unabhängige Teilhabeberatung 

Beratungsstellen der Agentur für Arbeit vor Ort finden Sie auf dem Portal der Bundesagentur für Arbeit.

Eine Suche nach dem zuständigen Integrationsfachdienst oder Integrationsamt bietet die Bundesarbeitsgemeinschaft der Integrationsämter und Hauptfürsorgestellen (BIH) e.V.  

EUTB-Beratungsstellen in Ihrer Nähe finden Sie auf der Webseite der Fachstelle Teilhabeberatung.

Geprüft durch die Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen e.V. (VZ NRW)

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