Krankheiten Hornhautverkrümmung (Astigmatismus)
ICD-Codes: H52.2 Was sind ICD-Codes?
Beim Astigmatismus, auch Hornhautverkrümmung oder Stabsichtigkeit genannt, wird das Licht nicht richtig auf der Netzhaut des Auges gebündelt. Dadurch sieht man unscharf – sowohl in der Nähe als auch in der Ferne. Durch eine Brille, mit Kontaktlinsen oder mitunter durch einen operativen Eingriff lässt sich diese Fehlsichtigkeit korrigieren.
Auf einen Blick
- Bei einem Astigmatismus werden die Lichtstrahlen auf der Netzhaut nicht punktförmig, sondern strich- oder stabförmig gebündelt: Dadurch entsteht ein verzerrtes und unscharfes Bild.
- Ursache ist meist eine verkrümmte Hornhaut, selten auch eine nicht normale Wölbung der Augenlinse.
- Ein Astigmatismus ist meist angeboren. Manchmal kann er die kindliche Entwicklung des Sehens behindern.
- Charakteristisch ist, dass man sowohl in der Nähe als auch in der Ferne unscharf sieht.
- Korrigieren lässt sich der Astigmatismus mit einer Brille oder Kontaktlinsen. Bei Erwachsenen kann er auch durch einen chirurgischen Eingriff – etwa eine Laserbehandlung – ausgeglichen werden.
Hinweis: Die Informationen dieses Artikels können und sollen einen Arztbesuch nicht ersetzen und dürfen nicht zur Selbstdiagnostik oder -behandlung verwendet werden.
Was ist Astigmatismus?
Beim Astigmatismus ist die Hornhaut des Auges, manchmal auch die Augenlinse, ungleichmäßig gekrümmt. Deshalb werden einfallende Lichtstrahlen nicht in einem Punkt auf der Netzhaut gebündelt, sondern strichförmig. Dadurch verzerrt sich das wahrgenommene Bild und ist unscharf. Beispielsweise erkennt man eine rote Ampel in der Dunkelheit nicht als einen roten Punkt, sondern sieht eher einen verschwommenen, kurzen roten Stab. Oft wird Astigmatismus auch als Hornhautverkrümmung oder Stabsichtigkeit bezeichnet.
Der Begriff „Astigmatismus“ selbst kommt aus dem Griechischen und bedeutet so viel wie „Punktlosigkeit“. Diese Form der Sehschwäche ist meist angeboren und tritt häufig kombiniert mit einer Kurzsichtigkeit oder Weitsichtigkeit auf.
Welche Symptome deuten auf einen Astigmatismus hin?
Eine leichte Hornhautverkrümmung verursacht oft keine Beschwerden und bleibt unbemerkt. Ist sie stärker ausgeprägt, können folgende Symptome auftreten:
- unscharfes oder verzerrtes Sehen von Gegenständen
- angestrengte oder schmerzende Augen
- Kopfschmerzen
Charakteristisch für den Astigmatismus ist, dass man in der Nähe und in der Ferne unscharf sieht – anders als bei einer Kurz- oder Weitsichtigkeit, bei der es sich um ein unscharfes Sehen entweder in der Ferne oder der Nähe handelt.
Welche Ursachen hat ein Astigmatismus?
Hornhaut und Augenlinse brechen das Licht, das in unser Auge fällt. Das Licht wird dadurch gebündelt und trifft auf einem Punkt zusammen. Dieser sogenannte Brennpunkt liegt normalerweise auf der Netzhaut – und zwar im zentralen Bereich des schärfsten Sehens (Makula). Dort befinden sich besonders viele Sehzellen. Sie wandeln die Lichtreize in Nervenimpulse um und leiten sie über den Sehnerv ans Gehirn weiter. So entsteht ein scharfes Bild.
Anders bei stabsichtigen Augen: Hier treffen die Lichtstrahlen nicht gesammelt auf der Makula zusammen. Stattdessen verteilen sie sich breiter auf der Netzhaut und bilden eine Linie. Es entsteht ein unscharfes oder verzerrtes Bild.
Grund dafür ist meist eine Hornhautverkrümmung: Die Hornhaut bedeckt die Regenbogenhaut (Iris) und Pupille und ist normalerweise wie eine Kugel in alle Richtungen gleichmäßig gewölbt. Bei einer Stabsichtigkeit ist sie jedoch verformt. Sie ist dann eher oval – wie ein Ball, den man mit einem Fuß leicht auf den Boden drückt. Dadurch bricht sie einfallende Lichtstrahlen nicht gleichmäßig.
Je nachdem, wie unregelmäßig die Hornhaut gekrümmt ist und das Licht bricht, unterscheidet man zwei Formen der Stabsichtigkeit:
- reguläre Stabsichtigkeit: Die Hornhaut bricht beispielsweise in der Senkrechten stärker als in der Waagerechten. Diese Form kommt häufiger vor und ist normalerweise angeboren. Wie sie genau entsteht, ist nicht bekannt. Die Ursachen scheinen vor allem genetisch zu sein.
- irreguläre Stabsichtigkeit: Die Hornhaut ist völlig unregelmäßig gekrümmt und bricht an vielen Punkten ganz unterschiedlich stark. Dazu kommt es eher später im Leben, etwa durch bestimmte Augenerkrankungen wie eine fortschreitende Verformung der Hornhaut zu einem sogenannten Hornhautkegel (Keratokonus). Auch Verletzungen oder Narben, zum Beispiel nach einer Hornhautentzündung oder Augenoperation, können eine Ursache sein.
Selten wird die Stabsichtigkeit nicht durch eine Hornhautverkrümmung verursacht, sondern durch eine verformte Augenlinse oder Netzhaut.
Wie häufig ist ein Astigmatismus?
Da bei vielen Menschen die Hornhaut nicht völlig perfekt gewölbt ist, kommt Astigmatismus recht häufig vor. Oft ist sie aber so leicht ausgeprägt, dass man sie gar nicht bemerkt.
Schätzungsweise ein Drittel der Erwachsenen in Deutschland hat eine merkbare Stabsichtigkeit von über 0,5 Dioptrien. Bei älteren Menschen und bei Menschen, deren Eltern stabsichtig sind, ist sie häufiger.
Wie verläuft ein Astigmatismus?
Die Stärke der Stabsichtigkeit verändert sich im Laufe des Lebens meist nicht. Manchmal verschlechtert sie sich aber – besonders, wenn sie durch bestimmte Augenerkrankungen wie eine fortschreitende Hornhautverformung (Keratokonus) verursacht wird. Außerdem kann ein Grauer Star die Brechkraft der Linse verändern und dadurch die Stabsichtigkeit verstärken oder mildern.
Wird eine Stabsichtigkeit bei Kindern nicht behandelt, kann das zu einer bleibenden Sehschwäche führen. Sind die Augen nämlich verschieden stark betroffen, blendet das Gehirn die Informationen des schwächeren Auges aus, um keine unterschiedlichen Bilder verarbeiten zu müssen. Dann entwickelt sich das Sehen nicht richtig und eine sogenannte Schwachsichtigkeit (Amblyopie) entsteht. Bei den meisten Kindern lässt sich diese Schwachsichtigkeit etwa mit einer Brille oder dem zeitweisen Abkleben des stärkeren Auges beheben.
Wie lässt sich ein Astigmatismus frühzeitig feststellen?
Bei Kindern sind einfache Sehtests Bestandteil der regelmäßigen U-Untersuchungen. Einige Kinderarztpraxen können die Brechkraft der Augen auch mithilfe spezieller Geräte prüfen. Bei Auffälligkeiten überweist die Ärztin oder der Arzt das Kind für eine umfassendere Untersuchung in eine augenärztliche Fachpraxis.
Eltern, die selbst stabsichtig sind, wird empfohlen, ihr Kind spätestens im Alter von zwei Jahren augenärztlich untersuchen lassen.
Menschen, die am Bildschirm arbeiten, muss der Arbeitgeber regelmäßige Augenuntersuchungen durch die Betriebsärztin oder den Betriebsarzt anbieten.
Wie wird ein Astigmatismus diagnostiziert?
Um einen Astigmatismus zu diagnostizieren, nutzen Augenärztinnen und Augenärzte verschiedene Verfahren und Geräte:
- Placido-Scheibe: Dies ist eine runde Scheibe mit bunten Kreisen, auf die man schaut. Die Augenärztin oder der Augenarzt prüft, wie sich die Kreise auf der Hornhaut spiegeln: Sind sie verzerrt, ist das ein Zeichen für eine Stabsichtigkeit.
- Ophthalmometrie: Mit dem sogenannten Ophtalmometer wirft die Ärztin oder der Arzt zwei Bilder auf die Hornhaut. Der Abstand der Bilder wird dann so verstellt, dass sie auf der Hornhaut exakt aufeinanderliegen. Dies wird aus verschiedenen Winkeln wiederholt. Die Ergebnisse zeigen, wie stark die Hornhaut verkrümmt ist.
- Hornhaut-Topografie: Die Oberfläche der Hornhaut lässt sich mit einem computergesteuerten Gerät (Keratograf) sehr genau vermessen und wie eine topografische Landkarte mit Bergen und Tälern darstellen. Das ist vor allem bei irregulärer Stabsichtigkeit oder vor einer Augenoperation nötig.
Mit weiteren Untersuchungen wird festgestellt, wie stark der Sehfehler ist. Das geht mithilfe spezieller Instrumente, oder mit einem Sehtest, bei dem man durch verschieden starke Linsen Zeichen von einer Sehtafel oder einem Bildschirm abliest.
Wichtig zu wissen: Vor der Untersuchung bekommt man manchmal spezielle Augentropfen, die die Pupillen weiten. Danach darf man für einige Stunden nicht am Straßenverkehr teilnehmen oder Maschinen bedienen.
Wie behandelt man einen Astigmatismus?
Eine leichte Stabsichtigkeit bis 0,5 Dioptrien wird selten als störend empfunden – eine Behandlung ist daher normalerweise nicht nötig. Eine stärker ausgeprägte Stabsichtigkeit lässt sich meist mit einer Brille oder Kontaktlinsen ausgleichen. Bei einer irregulären Stabsichtigkeit hilft eine Brille allerdings nicht – hier kommen nur harte (formstabile) Kontaktlinsen infrage.
Daneben gibt es verschiedene chirurgische Verfahren, um die Fehlsichtigkeit zu behandeln. Welche Methode sinnvoll ist, hängt unter anderem von der Stärke des Astigmatismus ab und muss von der Augenärztin oder dem Augenarzt beurteilt werden.
In der Hornhautchirurgie setzt man häufig Laserstrahlen ein. Mit einer Laserbehandlung lässt sich die Wölbung der Hornhaut verändern. Darüber hinaus können auch künstliche Linsen in das Auge eingesetzt werden, um die Lichtbrechung zu korrigieren.
In der Regel kommen chirurgische Verfahren nur bei Erwachsenen zum Einsatz und müssen selbst bezahlt werden. In speziellen, nicht anders zu behandelnden Fällen von Astigmatismus kommt eine Operation auch bei Kindern infrage.
Wie beeinträchtigt Astigmatismus den Alltag?
Wenn Kinder schlecht sehen und keine Sehhilfe tragen, kann dies zu Problemen in der Schule führen. Das konnten Studien zumindest bei kurz- und weitsichtigen Kindern zeigen. Denn die Kinder erkennen zum Beispiel schlechter, was auf der Tafel und in Büchern steht. Ihre schulische Leistung verbesserte sich aber, wenn sie eine Brille erhielten.
Wird die Stabsichtigkeit ausreichend korrigiert, macht sie im Alltag normalerweise keine Probleme. Gerade Kinder tragen jedoch vielleicht ungern eine Brille – zum Beispiel, wenn sie dafür von anderen Kindern gehänselt werden. Es kann helfen, Kinder ihre Brille mit aussuchen zu lassen, damit sie beispielsweise ein „cooles“ Modell wählen können. Außerdem ist es wichtig, dass die Brille bestmöglich angepasst wird und angenehm sitzt.
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In Zusammenarbeit mit dem Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG).
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