Schwachsichtigkeit bei Kindern
ICD-Codes: H53 Was ist der ICD-Code?
Eine Schwachsichtigkeit tritt bei Kindern häufig auf. Dabei liefert ein Auge weniger scharfe Bilder ans Gehirn als das andere. Das Gehirn bevorzugt dann das stärkere Auge und die Sehfähigkeit kann sich nicht richtig entwickeln. Hier erfahren Sie, wie die Krankheit erkannt und behandelt werden kann.
Auf einen Blick
- Bei einer Schwachsichtigkeit liefern die Augen dauerhaft unterschiedlich scharfe Bilder ans Gehirn, sodass kein einheitlicher Seheindruck entstehen kann.
- Im Kindesalter kommt es vor, dass das Gehirn das schärfer sehende Auge bevorzugt.
- 60 bis 70 Prozent der Kinder, die schielen, entwickeln eine Schwachsichtigkeit, bei nicht schielenden Kindern liegt der Anteil bei 2 Prozent.
- Schätzungen zufolge sind in Europa rund 3 Prozent aller Kinder und jungen Menschen betroffen.
Hinweis: Die Informationen dieses Artikels können und sollen einen Arztbesuch nicht ersetzen und dürfen nicht zur Selbstdiagnostik oder -behandlung verwendet werden.
Was ist eine Schwachsichtigkeit?
Normalerweise werden die Bilder, die beide Augen an das Gehirn senden, gleichmäßig verarbeitet. Dies ist eine der Voraussetzungen für optimales Sehen. Bei Kindern bevorzugt das Gehirn aber manchmal ein Auge, weil es schärfere Bilder liefert. Das Gehirn vernachlässigt dann die Bilder des schwächeren Auges: Das Sehen kann sich nicht richtig entwickeln. Ist dies der Fall, sprechen Ärztinnen und Ärzte von einer Schwachsichtigkeit oder Amblyopie (griechisch für „stumpfes Auge“).
Wie zeigt sich eine Schwachsichtigkeit?
Schielt ein Kind oder gibt es Anzeichen für eine Augenerkrankung, ist es wichtig, eine Augenärztin oder einen Augenarzt aufzusuchen. Auch wenn Kinder Gegenstände schlecht erkennen, kann dies auf eine Schwachsichtigkeit hindeuten. Dann halten sie Spielzeuge oder andere Dinge oft sehr nah ans Auge, um sie deutlich zu sehen, oder sie drehen den Kopf dabei immer zu einer Seite.
Was verursacht eine Schwachsichtigkeit?
Eine Schwachsichtigkeit entwickelt sich, wenn die Augen dauerhaft unterschiedlich scharfe Bilder ans Gehirn liefern, sodass kein einheitlicher Seheindruck entstehen kann. Am häufigsten wird Schwachsichtigkeit durch Schielen (Strabismus) verursacht. Kinder, die schielen, sehen mit einem Auge geradeaus, während das zweite Auge in eine andere Richtung blickt und ein ganz anderes Bild wahrnimmt. Das Gehirn blendet dann oft die Bilder des schwächeren oder schielenden Auges aus, damit keine Doppelbilder entstehen.
Etwa 60 bis 70 Prozent der Kinder, die schielen, entwickeln eine Schwachsichtigkeit. Bei nichtschielenden Kindern liegt der Anteil bei 2 Prozent.
Auch sogenannte Brechungsfehler sind oft Grund für eine Schwachsichtigkeit. In diesen Fällen ist das Bild auf der Netzhaut eines Auges unscharf. Es gibt drei Arten von Brechungsfehlern:
- Kurzsichtigkeit: Das Auge sieht nur Gegenstände in der Nähe scharf.
- Weitsichtigkeit: Das Auge sieht nur Gegenstände in der Ferne scharf.
- Stabsichtigkeit (Astigmatismus): Das Auge sieht alles unscharf, weil die Linse oder die Hornhaut verformt ist. Oft ist dann auch von einer Hornhautverkrümmung die Rede.
Wie häufig kommt es zu einer Schwachsichtigkeit?
Schwachsichtigkeit kommt bei Kindern häufig vor. Für Europa geht man davon aus, dass insgesamt etwa 3 % der Kinder und jungen Menschen schwachsichtig sind, bei Kindern im Vorschulalter sind es bis zu 6 %. In der Regel entsteht eine Schwachsichtigkeit vor dem 8. Lebensjahr.
Wie kann eine Schwachsichtigkeit früh erkannt werden?
Medizinerinnen und Mediziner gehen davon aus, dass sich die Sehfähigkeit vor allem in den ersten 5 Lebensjahren entwickelt. Eine Sehschwäche sollte daher möglichst früh erkannt und behandelt werden. So können möglicherweise eine lebenslange Fehlsichtigkeit, aber auch Probleme in der Schule und in der sozialen Entwicklung vermieden werden.
Deshalb gibt es eine zusätzliche Früherkennungsuntersuchung für alle gesetzlich krankenversicherten Kinder im Vorschulalter (U7a). Sie zielt insbesondere darauf ab, Sehschwächen zu erkennen. Die Untersuchung ergänzt die anderen kinderärztlichen Vorsorgeuntersuchungen (U-Untersuchungen) und richtet sich an Kleinkinder, die etwa 34 bis 36 Monate alt sind.
Wie wird eine Schwachsichtigkeit diagnostiziert?
Eine Augenärztin oder ein Augenarzt hat verschiedene Möglichkeiten, eine Schwachsichtigkeit bei Kindern festzustellen:
- Mit Sehtafeln kann die Ärztin oder der Arzt prüfen, wie gut ein Kind sieht. Welcher Sehtest angewendet wird, hängt unter anderem vom Alter des Kindes ab. Für Säuglinge und Kleinkinder gibt es spezielle Tests.
- Ein leichtes Schielen lässt sich nicht immer mit bloßem Auge erkennen. Ob ein Kind schielt, kann durch die Untersuchung der Augenstellung festgestellt werden: zum Beispiel mit einem Test, bei dem die Augen nacheinander zugedeckt werden. Die Ärztin oder der Arzt prüft dabei, ob sich das jeweils andere Auge bewegt.
- Andere Gründe für eine Sehschwäche lassen sich durch eine körperliche Untersuchung erkennen, etwa wenn eine Linsentrübung vorliegt. Bei der sogenannten Skiaskopie wird mit einem speziellen Instrument (dem Skiaskop) ein Lichtstrahl ins Auge geleitet. Es wird geprüft, wie die Netzhaut das Licht reflektiert. Dabei lässt sich die Brechung der Augen genau bestimmen, indem verschiedene Korrekturlinsen in den Lichtstrahl gehalten werden.
In der Regel sind diese Untersuchungen risikolos. Bei einer Skiaskopie erhalten die Patientinnen und Patienten meistens Augentropfen, die die Pupillen weiten. Diese Tropfen führen manchmal zu Augenbrennen oder Hautreizungen.
Wie wird eine Schwachsichtigkeit behandelt?
Eine Schwachsichtigkeit kann nicht sofort mit einer Brille korrigiert werden. Die Sehfähigkeit des schwachen Auges lässt sich aber auf verschiedenen Wegen verbessern: etwa mit einer Brille, zeitweisem Abkleben des stärkeren Auges oder mit Augentropfen. Eine Behandlung über mehrere Wochen kann bereits ausreichen. Manche Kinder müssen zwar recht lange behandelt werden, um ein gutes Ergebnis zu erzielen. Bei den meisten Kindern lässt sich eine Amblyopie aber beheben.
Gibt es eine zusätzliche Ursache für die Schwachsichtigkeit, zum Beispiel ein hängendes Augenlid, wird zunächst dieses behandelt.
Vertiefende Informationen, etwa dazu, wie Schwachsichtigkeit bei Kindern behandelt wird, lesen Sie unter gesundheitsinformation.de.
- Fu Z, Hong H, Su Z et al. Global prevalence of amblyopia and disease burden projections through 2040: a systematic review and meta-analysis. Br J Ophthalmol 2020; 104(8): 1164-1170.
- Gesellschaft für Neuropädiatrie (GNP). Visuelle Wahrnehmungsstörungen (Sk2-Leitlinie). AWMF-Registernr.: 022-020. 2017.
- Hashemi H, Pakzad RM, Yekta A et al. Global and regional estimates of prevalence of amblyopia: A systematic review and meta-analysis. Strabismus 2018; 26(4): 168-183.
- Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG). Früherkennungsuntersuchung von Sehstörungen bei Kindern bis zur Vollendung des 6. Lebensjahres: Abschlussbericht; Auftrag S05-02. 01.04.2008. (IQWiG-Berichte; Band 32).
- Jefferis JM, Connor AJ, Clarke MP. Amblyopia. BMJ 2015; 351: h5811.
- Pschyrembel online. 2023.
- West S, Williams C. Amblyopia in children (aged 7 years or less). BMJ Clin Evid 2016: pii: 0709.
- Zhang X, Wang J, Li Y et al. Diagnostic test accuracy of Spot and Plusoptix photoscreeners in detecting amblyogenic risk factors in children: a systemic review and meta-analysis. Ophthalmic Physiol Opt 2019; 39(4): 260-271.
In Zusammenarbeit mit dem Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG).
Stand: