Rechte von Menschen mit Schwerbehinderung
Menschen mit einer Schwerbehinderung stehen in Alltag und Beruf vor besonderen Herausforderungen. Damit sie dennoch gleichberechtigt am Leben teilhaben können, haben sie besondere Rechte und Ansprüche. Um Nachteilsausgleiche und Vergünstigungen zu nutzen, dient der Schwerbehinderten-Ausweis als Nachweis.
Auf einen Blick
- Die gleichberechtigte Teilhabe von Menschen mit Behinderung ist im Sozialgesetzbuch verankert.
- Der Grad der Behinderung (GdB) gibt an, wie stark eine Person durch ihre Behinderung beeinträchtigt ist.
- Eine Schwerbehinderung liegt ab einem GdB von 50 vor. Ein Schwerbehinderten-Ausweis muss beim zuständigen Versorgungsamt beantragt werden.
- Menschen mit einem GdB von 30 oder 40 können mitunter schwerbehinderten Menschen gleichgestellt werden.
- Für schwerbehinderte und gleichgestellte Menschen gibt es verschiedene Nachteilsausgleiche in Freizeit und Beruf. Dazu zählen zusätzliche Urlaubstage, Freifahrten mit öffentlichen Verkehrsmitteln und steuerliche Vorteile.
Was versteht man unter Behinderung und Schwerbehinderung?
Als Behinderungen gelten körperliche, seelische oder geistige Beeinträchtigungen, die Menschen an der gleichberechtigen Teilhabe im Alltag und im Beruf hindern können. Solche Beeinträchtigungen sind zum Beispiel:
- bestimmte innere Erkrankungen
- Einschränkungen der Bewegungsfähigkeit
- eingeschränkte geistige Fähigkeiten
- psychische Erkrankungen
- Einschränkungen der Sinnesfunktionen, etwa des Hörens oder des Sehens
- Lernbeeinträchtigungen
Eine Behinderung entsteht aus der Wechselwirkung zwischen diesen individuellen Beeinträchtigungen und Barrieren in der Umwelt. So können barrierefreie Straßenbahnen oder Busse die Nutzung des öffentlichen Nahverkehrs für Menschen mit Behinderungen erheblich erleichtern. Um als Behinderung zu gelten, muss die Beeinträchtigung außerdem mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate andauern.
Stellt das Versorgungsamt eine Behinderung fest, spricht man von einer „anerkannten Behinderung“. Das Amt vergibt als Maß für die Schwere der Behinderung auch den Grad der Behinderung (GdB) auf einer Skala von 20 bis 100. Als Schwerbehinderung gilt eine Behinderung ab einem GdB von 50. Ende 2021 hatte fast jede zehnte Person in Deutschland eine Schwerbehinderung. Bei Menschen ab 65 Jahren war sogar jeder Vierte von einer Schwerbehinderung betroffen.
Alle Menschen mit Behinderungen haben das Recht auf eine gleichberechtigte Teilhabe am gesellschaftlichen Leben und am Berufsleben. Um dies zu ermöglichen und Benachteiligungen auszugleichen, gibt es verschiedene Teilhabe-Leistungen. Diese können unabhängig vom Grad der Behinderung beantragt werden. Für Menschen mit einer Schwerbehinderung gibt es darüber hinaus weitere Erleichterungen, die im sogenannten „Schwerbehinderten-Recht“ im Sozialgesetzbuch festgeschrieben sind (SGB IX Teil 3). Betroffene können beispielsweise mit einem Schwerbehinderten-Ausweis einen besonderen Kündigungsschutz, zusätzlichen Urlaub oder steuerliche Vorteile erhalten. Die einzelnen Erleichterungen unterscheiden sich dabei je nach individueller Behinderung.
Was ist der Grad der Behinderung und wie wird er bestimmt?
Der Grad der Behinderung (GdB) gibt an, wie stark ein Mensch durch seine Behinderung beeinträchtigt ist. Der niedrigste GdB ist 20, der höchste 100. Die Abstufung erfolgt in Zehnerschritten. Ein GdB von 50 oder höher gilt als Schwerbehinderung.
Für die Höhe des persönlichen GdB sind insbesondere die Beeinträchtigungen im Alltag bedeutsam, die sich durch eine Erkrankung ergeben. Ein Beispiel: Eine Person mit einem leichten Bluthochdruck ist normal leistungsfähig und im Alltag hierdurch nicht beeinträchtigt. Sie erhält keinen GdB. Eine andere Person hat einen schweren Bluthochdruck und verschiedene Folgeschäden an inneren Organen. Für sie wird je nach Leistungsbeeinträchtigung ein Behinderungsgrad von 50 bis 100 vergeben.
Die sogenannten „Versorgungsmedizinischen Grundsätze (VMG)“ dienen als Grundlage, um den persönlichen GdB zu bestimmen. Ab Seite 29 sind für verschiedene Erkrankungen und Beeinträchtigungen Orientierungswerte für den jeweiligen GdB aufgeführt.
Hat eine Person mehrere Behinderungen, werden die einzelnen Werte nicht einfach zusammengerechnet. Zunächst wird von der Behinderung mit dem höchsten Zahlenwert ausgegangen und geprüft, ob die anderen Behinderungen zu weiteren Einschränkungen führen. Hat eine Person zum Beispiel zwei Behinderungen, die jede für sich einen GdB von 30 ergeben würden, führt das nicht automatisch zu einem GdB von 60. Stattdessen können beide Behinderungen zusammen nur einen GdB von 50 oder weniger ergeben.
Gut zu wissen: Die meisten Behinderungen sind nicht seit Geburt vorhanden, sondern entstehen im Laufe des Lebens, etwa durch Unfälle oder Krankheiten. Auch chronische Erkrankungen wie Asthma, Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Rheuma oder Diabetes können als Behinderung anerkannt werden.
Damit man einen GdB und gegebenenfalls einen Schwerbehinderten-Ausweis erhalten kann, muss man einen Antrag beim zuständigen Versorgungsamt stellen. Näheres zur Antragsstellung erfahren Sie in diesem Artikel im Abschnitt „Antrag und Gültigkeit“.
Gleichstellung
Personen mit einem GdB unter 50 können Schwerbehinderten unter bestimmten Voraussetzungen gleichgestellt werden. Für sie gelten dann einige der Regelungen, welche die Teilhabe am Arbeitsleben gewährleisten sollen. Ziel der Gleichstellung ist also, dass Betroffene aufgrund ihrer Behinderung keine Nachteile auf dem Arbeitsmarkt haben.
Voraussetzungen für eine Gleichstellung sind:
- Behinderungsgrad von 30 oder 40
- Wohnsitz, gewöhnlicher Aufenthalt oder Arbeitsplatz ist in Deutschland
- aufgrund der Behinderung ist der Arbeitsplatz gefährdet oder man kann keinen geeigneten Arbeitsplatz finden
Einen Antrag auf Gleichstellung kann man online bei der Agentur für Arbeit stellen. Nähere Informationen finden Sie auf deren Website.
Was ist ein Schwerbehinderten-Ausweis und welche Merkzeichen gibt es?
Um besondere Leistungen und Hilfen zu erhalten, müssen Menschen mit einer Schwerbehinderung diese zum Beispiel gegenüber Behörden oder dem Arbeitgeber nachweisen können. Als Nachweis dient dabei der Schwerbehinderten-Ausweis. Das ist eine kleine Plastikkarte, die normalerweise grün ist. Wenn man die Voraussetzungen erfüllt, um kostenfrei oder vergünstigt den Nahverkehr zu nutzen, ist der Ausweis orange-grün.
Informationen zur Art der Behinderung findet man im Schwerbehinderten-Ausweis in Form sogenannter Merkzeichen. Dabei handelt es sich um Buchstaben oder Buchstabenkombinationen.
Im Folgenden finden Sie Erklärungen für die häufigsten Merkzeichen.
G – beeinträchtige Bewegungsfähigkeit im Straßenverkehr
Das Merkzeichen „G“ wird auf der Rückseite des Ausweises vergeben, wenn man zum Beispiel durch Erkrankungen der Lendenwirbelsäule oder der Beine stark in seiner Bewegungsfähigkeit eingeschränkt ist und damit einen Grad der Behinderung von mindestens 50 erreicht. Auch innere Erkrankungen wie schwere Herz- oder Lungenerkrankungen können dazu führen, dass man dieses Merkzeichen erhält.
aG – außergewöhnliche Gehbehinderung
Das Merkzeichen „aG“ wird auf der Rückseite des Ausweises eingetragen, wenn man so stark gehbehindert ist, dass man sich nur mit fremder Hilfe oder sehr großer Anstrengung außerhalb des eigenen Fahrzeugs bewegen kann. Die eingeschränkte Gehfähigkeit muss dabei mit einem Grad der Behinderung von mindestens 80 bewertet sein. Das ist zum Beispiel der Fall, wenn man dauerhaft und auch für kurze Strecken einen Rollstuhl benötigt.
B – Begleitperson
Ein auf der Vorderseite aufgedrucktes „B“ berechtigt zur kostenfreien Mitnahme einer Begleitperson in öffentlichen Verkehrsmitteln. Das Merkzeichen wird vergeben, wenn man regelmäßig auf fremde Hilfe angewiesen ist, um öffentliche Verkehrsmittel zu benutzen. Das kann beispielsweise bei querschnittgelähmten, blinden oder sehbehinderten Menschen zutreffen. Das Merkzeichen bedeutet jedoch nicht, dass die Person für sich oder für andere eine Gefahr darstellt, wenn sie nicht begleitet wird.
H – Hilflosigkeit
Ein auf der Rückseite aufgedrucktes „H“ erhält man, wenn man regelmäßig und täglich bei vielen verschiedenen Tätigkeiten im Alltag auf fremde Hilfe angewiesen ist. Besitzt man einen Pflegegrad 4 oder 5, dann hat man in der Regel Anspruch auf dieses Merkzeichen.
Bl – Blindheit
Ein „Bl“ wird bei blinden oder stark sehbehinderten Personen auf der Rückseite des Ausweises vermerkt. Eine starke Sehbehinderung liegt zum Beispiel vor, wenn das Gesichtsfeld stark eingeschränkt ist.
Gl – Gehörlosigkeit
Gehörlose Menschen erhalten das Merkzeichen „Gl“ auf der Rückseite ihres Ausweises. Gehörlosigkeit bedeutet Taubheit auf beiden Seiten. Auch sehr schwerhörige, nahezu taube Menschen können dieses Merkzeichen bekommen, wenn zusätzlich die Sprache beeinträchtigt ist. Das ist zum Beispiel der Fall, wenn die Person sehr schwer zu verstehen ist.
TBl – Taubblindheit
Das Merkzeichen „TBl“ bekommen Personen, die wegen einer Sehstörung einen GdB von 100 und wegen einer Hörstörung einen GdB von 70 oder höher haben.
RF – Rundfunk/Fernsehen
Das Merkzeichen „RF“ berechtigt dazu, eine Ermäßigung des Rundfunkbeitrags zu beantragen. Die ermäßigte Gebühr beträgt dann nur noch ein Drittel der normalen Gebühr. Dieses Merkzeichen erhalten Personen, die blind oder gehörlos sind. Es steht außerdem Personen zu, die eine Sehbehinderung mit einem GdB von mindestens 60 oder eine beidseitige Hörbehinderung mit einem GdB von mindestens 50 haben. Auch für Personen mit einem GdB von 80, die aufgrund ihrer Einschränkungen nicht mehr an öffentlichen Veranstaltungen teilnehmen können, ist dieses Merkzeichen möglich.
Weitere Merkzeichen
Es gibt weitere Merkzeichen, die unter anderem für kriegsbeschädigte Personen, für Opfer der nationalsozialistischen Verfolgung, für ehemalige Bundeswehr-Soldaten und für ehemalige politische DDR-Häftlinge vergeben werden. Auch in einzelnen Bundesländern gibt es noch zusätzliche Merkzeichen.
Welche Nachteilsausgleiche sind bei einer Schwerbehinderung möglich?
Schwerbehinderte Menschen haben ein Recht auf verschiedene Nachteilsausgleiche wie zusätzliche Urlaubstage, Freifahrten oder vergünstigte Fahrten mit öffentlichen Verkehrsmitteln sowie steuerliche Vorteile. Das soll bestehende Nachteile ausgleichen, zum Beispiel höhere Ausgaben für die eigene medizinische und pflegerische Versorgung. Zudem erhalten Menschen mit einer Schwerbehinderung häufig ermäßigte Eintritte, zum Beispiel im Schwimmbad, Museum, Kino oder Theater.
Bus und Bahn kostenlos oder günstiger nutzen
Hat man einen orange-grünen Ausweis, dann darf man den öffentlichen Nah- und Regionalverkehr kostenfrei nutzen. Das gilt für gehbehinderte, außergewöhnlich gehbehinderte, hilflose, gehörlose und blinde Menschen (Merkzeichen G, aG, H, Gl und Bl im Schwerbehinderten-Ausweis).
Neben dem Schwerbehinderten-Ausweis benötigt man für solche „Freifahrten“ außerdem ein Beiblatt mit einer gültigen Wertmarke. Es reicht also nicht aus, nur den Ausweis mit dem jeweiligen Merkzeichen vorzuzeigen. Das Beiblatt mit einer gültigen Wertmarke erhält man entweder beim örtlichen Versorgungsamt oder in der Stadt- beziehungsweise Gemeindeverwaltung. Die Wertmarke ist entweder ein halbes Jahr oder ein Jahr gültig. Für blinde und hilflose Personen (Merkzeichen Bl und H) ist die Wertmarke kostenlos. Für gehbehinderte und gehörlose Personen (Merkzeichen G, aG, Gl) kostet sie 91 Euro pro Jahr oder 46 Euro für ein halbes Jahr.
Gut zu wissen: Personen mit den Merkzeichen G, aG oder Gl können ebenfalls eine kostenfreie Wertmarke erhalten, wenn sie Sozialleistungen beziehen. Hierzu gehören zum Beispiel Bürgergeld und Grundsicherung im Alter.
Ist das Merkzeichen B im Schwerbehinderten-Ausweis vermerkt, darf eine Begleitperson oder ein Begleithund sowohl im Nah- als auch im Fernverkehr kostenlos mitfahren. Die Begleitperson darf auch kostenfrei mitfahren, wenn die schwerbehinderte Person keine Wertmarke hat.
Auf der Website ÖPNV-Info können Sie überprüfen, ob Sie eine Wertmarke bekommen können und ob Sie dafür etwas zahlen müssen. Sie finden dort außerdem eine Übersicht zu Verkehrsmitteln, die Sie mit einer Wertmarke kostenfrei nutzen können.
Parken
Behindertenparkplätze ermöglichen kurze Wege zu Geschäften und Einrichtungen und bieten meist mehr Platz zum Ein- und Aussteigen. Man erkennt die Parkplätze an dem Rollstuhlsymbol. Um auf einem Behindertenparkplatz zu parken, benötigt man einen speziellen blauen EU-Parkausweis. Einen solchen Ausweis erhalten schwerbehinderte Menschen mit:
- einer außergewöhnlichen Gehbehinderung oder Blindheit (Merkzeichen aG oder Bl)
- bestimmten Fehlbildungen der Arme und Beine („Contergan-Schädigung“ oder eine vergleichbare Behinderung)
Der blaue EU-Parkausweis ist in der gesamten EU und einigen anderen Ländern wie Norwegen und der Schweiz gültig. Den Parkausweis muss man gut sichtbar zum Beispiel auf dem Armaturenbrett im Auto auslegen. Auch andere Parkerleichterungen wie das Parken im eingeschränkten Halteverbot sind damit möglich.
Neben dem blauen EU-Parkausweis gibt es einen orangen Parkausweis. Mit diesem Ausweis dürfen schwerbehinderte Menschen unter bestimmten Voraussetzungen einige Parkerleichterungen innerhalb Deutschlands nutzen. Ein Parken auf Behindertenparkplätzen mit dem Rollstuhlsymbol ist damit jedoch nicht möglich.
Nähere Informationen zu Parkerleichterungen und deren Voraussetzungen bietet die Website des ADAC.
Man kann den EU-Parkausweis beziehungsweise den orangenen Parkausweis in der Regel bei der örtlichen Stadt- oder Gemeindeverwaltung, zum Beispiel beim Straßenverkehrsamt oder Ordnungsamt, beantragen.
Steuerliche Erleichterungen
Menschen mit einer Schwerbehinderung haben in verschiedenen Bereichen erhöhte Kosten und zusätzliche Ausgaben. So entstehen etwa zusätzliche Kosten für Medikamente oder einen erhöhten Wäschebedarf. Durch den sogenannten „Behinderten-Pauschbetrag“ sollen diese regelmäßigen Mehrausgaben berücksichtigt werden. Der Pauschbetrag soll dabei helfen, Steuern zu sparen. Auch Eltern von Kindern mit Behinderung können diesen Pauschbetrag für sich nutzen.
Um den Behinderten-Pauschbetrag zu bekommen, muss man in der Steuererklärung die Anlage „außergewöhnliche Belastungen“ ausfüllen. Zusätzlich sollte einmalig beim Erstantrag eine Kopie des Schwerbehinderten-Ausweises oder eine Bescheinigung des Versorgungsamtes beigelegt werden.
Die Höhe des Behinderten-Pauschbetrags richtet sich nach dem persönlichen Grad der Behinderung (GdB). Bei einem GdB von 20 wird zum Beispiel ein Pauschbetrag von 384 Euro gewährt, bei einem GdB von 100 sind es 2840 Euro. Für Personen mit den Merkzeichen Hilflosigkeit (H), Blindheit (Bl) oder Taubblindheit (TBl) liegt der jährliche Pauschbetrag aktuell bei 7400 Euro.
Wichtig zu wissen: Auch pflegende Angehörige können steuerliche Erleichterungen nutzen, wenn sie eine Person mit dem Merkmal H im Schwerbehinderten-Ausweis pflegen. Sie können dann in ihrer Steuererklärung den sogenannten „Pflege-Pauschbetrag“ in Höhe von 1800 Euro geltend machen.
In der Steuererklärung kann man außerdem seit 2021 behinderungsbedingte Fahrtkosten angeben. Die behinderungsbedingte Fahrtkostenpauschale in Höhe von 4.500 Euro gibt es für Menschen mit den Merkzeichen aG, Bl, TBl oder H im Schwerbehinderten-Ausweis. Für Menschen mit einem GdB von mindestens 80 oder mit einem GdB von mindestens 70 und dem Merkzeichen "G" beträgt die behinderungsbedingte Fahrtkostenpauschale 900 EUR. Einen Nachweis über einzelne Fahrten muss man hierfür nicht erbringen.
Unter bestimmten Voraussetzungen können sich schwerbehinderte Menschen von der Kfz-Steuer befreien lassen und weitere steuerliche Erleichterungen nutzen. Nähere Informationen finden Sie ab Seite 187 im Ratgeber für Menschen mit Behinderungen des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales.
Rundfunkbeitrag
Menschen mit einer Schwerbehinderung können eine Ermäßigung oder Befreiung vom Rundfunkbeitrag beantragen.
Eine Ermäßigung ist mit dem Merkzeichen „RF“ im Schwerbehindertenausweis möglich. Fällig ist dann nur noch ein Drittel des normalen Beitrags.
Eine Befreiung vom Rundfunkbeitrag ist möglich für:
- taubblinde Menschen
- Empfängerinnen und Empfänger von Blindenhilfe
Gut zu wissen: Wenn man bestimmte staatliche Sozialleistungen wie Arbeitslosengeld II, Sozialhilfe oder BAföG erhält, kann man anstelle einer Ermäßigung auch eine Befreiung vom Rundfunkbeitrag beantragen.
Den Antrag auf Ermäßigung oder Befreiung können Sie direkt auf der Website rundfunkbeitrag.de stellen.
Nachteilsausgleiche im Arbeitsleben
Arbeitgeber dürfen schwerbehinderte Menschen nicht wegen ihrer Behinderung benachteiligen. Für Arbeitgeber gilt außerdem eine gesetzlich geregelte Pflicht, die besonderen Belange von Menschen mit Behinderungen zu berücksichtigen. Dazu gehört unter anderem, den Arbeitsplatz, das Arbeitsumfeld und die Arbeitsabläufe möglichst behindertengerecht zu gestalten. Hierbei kann der Arbeitgeber sich von der Agentur für Arbeit und dem Integrationsamt unterstützen lassen. Schwerbehinderten Menschen soll so ermöglicht werden, ihre Fähigkeiten und Kenntnisse möglichst gut zu nutzen und weiterzuentwickeln.
Es gibt außerdem verschiedene Nachteilsausgleiche, damit schwerbehinderte Menschen in Ausbildung und Beruf die gleichen Chancen haben wie andere Personen.
Menschen mit einer anerkannten Schwerbehinderung können 2 Jahre eher in Altersrente gehen. Konkret bedeutet das: Ist man nach 1963 geboren, dann kann man mit 65 Jahren in Altersrente gehen und erhält die volle Rente. Man kann auch schon mit 62 Jahren in Rente gehen, erhält dann jedoch nicht die volle Altersrente. Für Personen, die bis einschließlich 1963 geboren sind, sind die Altersgrenzen etwas niedriger. Die Altersgrenze sinkt dabei schrittweise bis hin zu 63 Jahren für Personen, die 1952 oder eher geboren sind.
Voraussetzung für eine frühere Altersrente ist jedoch, dass man insgesamt 35 Jahre in die gesetzliche Rentenversicherung eingezahlt hat.
Genauere Informationen zu den Voraussetzungen für eine frühere Altersrente für schwerbehinderte Menschen finden Sie auf der Website der Deutschen Rentenversicherung. Dort können Sie auch den entsprechenden Antrag stellen.
Für schwerbehinderte Menschen gilt nach Ablauf der Probezeit außerdem ein besonderer Kündigungsschutz. Arbeitgeber können dann nicht einfach kündigen, sondern müssen dies vorher beim Integrationsamt beantragen. Dieser Schritt ist gesetzlich festgelegt, damit das Integrationsamt überprüfen kann, ob die Behinderung der Grund für die Kündigung ist. Dann kann das Integrationsamt eine Kündigung ablehnen. Es stimmt hingegen meist zu, wenn es einen anderen sicheren, angemessenen und zumutbaren Arbeitsplatz für die schwerbehinderte Person gibt. Falls es eine Schwerbehinderten-Vertretung im Betrieb gibt, muss der Arbeitgeber diese außerdem informieren. Ansonsten ist die Kündigung unwirksam.
Gut zu wissen: Auch wenn der Arbeitgeber bei der Kündigung nichts von der Schwerbehinderung wusste, gilt der besondere Kündigungsschutz. Der Kündigungsschutz gilt auch für gleichgestellte Personen.
Menschen mit einer Schwerbehinderung haben außerdem Anspruch auf zusätzliche bezahlte Urlaubstage. Bei einer 5-Tage-Woche sind das 5 zusätzliche Urlaubstage pro Jahr. Arbeitet man hingegen nur an 3 Tagen in der Woche, kann man 3 zusätzliche Urlaubstage beantragen. Diese Regelung gilt nur für schwerbehinderte Personen, nicht jedoch bei einer Gleichstellung.
Kann man aufgrund der Schwerbehinderung nicht in Vollzeit arbeiten, dann hat man Anspruch auf einen Teilzeitarbeitsplatz.
Schwerbehinderte Menschen können sich außerdem von Überstunden freistellen lassen. Der Arbeitgeber darf dann keine Überstunden anordnen. Tut er dies doch, dann hat man das Recht, diese zu verweigern.
Weitere Informationen finden Sie in unserem Artikel „Schule, Ausbildung, Studium und Beruf mit Pflegegrad“.
Näheres zur Arbeitsgestaltung und möglichen Nachteilsausgleichen für Menschen mit Schwerbehinderung können Sie auf der Website talentplus.de nachlesen.
Ausführliche Informationen zu möglichen Nachteilsausgleichen für Auszubildende bietet das Handbuch „Nachteilsausgleich für behinderte Auszubildende“ des Bundesinstituts für Berufsbildung.
Weitere Nachteilsausgleiche
Mitunter kommen weitere Nachteilsausgleiche in Frage. In der Broschüre „Nachteilsausgleiche für Menschen mit Behinderungen“ des Sozialverband Deutschland e.V. finden Sie ab Seite 28 eine Übersicht über mögliche Nachteilsausgleiche geordnet nach Grad der Behinderung und nach Merkzeichen.
Auf der Website Schwerbehindertenausweis.de können Sie überprüfen, welche Nachteilsausgleiche für Sie in Frage kommen. Für die Suche müssen Sie Ihren Grad der Behinderung (GdB) und die Merkzeichen aus Ihrem Schwerbehinderten-Ausweis kennen.
Wie beantrage ich einen Schwerbehinderten-Ausweis?
Um einen Schwerbehinderten-Ausweis zu erhalten, muss man einen Antrag bei der zuständigen Versorgungsverwaltung oder dem Bürgerbüro seines Wohnsitzes stellen. Welche Behörde genau zuständig ist, unterscheidet sich von Bundesland zu Bundesland. In manchen Bundesländern ist das Versorgungsamt zuständig, in anderen heißen die zuständigen Behörden zum Beispiel „Amt für Soziale Angelegenheiten“.
Eine Liste mit den zuständigen Ämtern in den verschiedenen Bundesländern finden sie auf der Website REHADAT.
Mitunter kann man den Antrag auch online stellen oder die Unterlagen telefonisch anfordern. Hierzu sollte man sich telefonisch oder auf der Website des zuständigen Amtes informieren.
Wichtig zu wissen: Um Ihre Beeinträchtigungen zu beurteilen, benötigt das zuständige Amt ärztliche Unterlagen. Sprechen Sie daher vorab mit Ihrer Ärztin oder Ihrem Arzt und sammeln ärztliche Befunde wie Entlassbriefe oder medizinische Gutachten. Auch eine ärztliche Stellungnahme von Ihrer Ärztin oder Ihrem Arzt kann hilfreich sein.
Das zuständige Amt führt anschließend ein sogenanntes Feststellungsverfahren zum Grad der Behinderung (GdB) durch. Bei einem GdB von 50 oder höher wird der Schwerbehinderten-Ausweis ausgestellt.
Wie lange ist mein Schwerbehinderten-Ausweis gültig?
Der Ausweis ist normalerweise 5 Jahre lang gültig. Denken Sie rechtzeitig daran, eine Verlängerung zu beantragen. Das ist ebenfalls beim zuständigen Versorgungsamt oder im Bürgerbüro möglich. Sie können die Verlängerung formlos beantragen. Legen Sie dem Antrag ein aktuelles Lichtbild bei.
Wenn sich Ihr gesundheitlicher Zustand ändert, können Sie das zuständige Amt ebenfalls kontaktieren. Das Amt überprüft dann Ihren Grad der Behinderung und passt diesen gegebenenfalls an.
Ausblick: der Europäische Behindertenausweis
Damit Menschen mit einer Schwerbehinderung europaweit Vergünstigungen und Nachteilsausgleiche nutzen können, plant die Europäische Union (EU) einen Europäischen Behindertenausweis. So können schwerbehinderte Menschen auch in anderen EU-Ländern beispielsweise vergünstigte oder kostenlose Eintritte und besondere Konditionen für die Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel erhalten.
Der EU-Behindertenausweis wird den deutschen Schwerbehinderten-Ausweis ergänzen und voraussichtlich innerhalb der nächsten 2 Jahre verfügbar sein.
- Aktion Mensch e.V. Familienratgeber.de. Grad der Behinderung. Aufgerufen am 06.06.2024.
- Aktion Mensch e.V. Familienratgeber.de. Nachteilsausgleiche bei Schwerbehinderung. Aufgerufen am 06.06.2024.
- Aktion Mensch e.V. Familienratgeber.de. Parkausweis und Behindertenparkplatz. Aufgerufen am 06.06.2024.
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- Beauftragter der Bundesregierung für die Belange von Menschen mit Behinderungen. Schwerbehinderung laut SGB IX. Aufgerufen am 06.06.2024
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- Bundesministerium für Justiz. Sozialgesetzbuch (SGB) – Neuntes Buch (IX) – Rehabilitation und Teilhabe von Menschen mit Behinderungen. Stand: 22.12.2023.
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- Deutscher Gewerkschaftsbund. Job und Behinderung. Aufgerufen am 06.06.2024.
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- Franziska Prütz, Laura Krause. Gesundheit von Menschen mit Beeinträchtigungen und Behinderungen in Deutschland – Ausgewählte Indikatoren aus der Studie GEDA 2014/2015-EHIS. Journal of Health Monitoring 2022. 7(1): 28-51. doi: 10.25646/9751
- Lohnsteuerhilfeverein Vereinigte Lohnsteuerhilfe e.V. Was ist der Behinderten-Pauschbetrag? Aufgerufen am 06.06.2024.
- REHADAT. Grad der Behinderung (GdB). Aufgerufen am 06.06.2024.
- REHADAT. Schwerbehindertenausweis. Aufgerufen am 06.06.2024.
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- Seh-Netz e.V. Schwerbehindertenausweis.de. Die Merkzeichen. Aufgerufen am 06.06.2024
- Statistisches Bundesamt. Pressemitteilung Nr. 259 vom 22. Juni 2022. Aufgerufen am 06.06.2024.
- Zentrum Bayern Familie und Soziales. Merkzeichen. Aufgerufen am 06.06.2024.
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Geprüft durch die Verbraucherzentrale Rheinland-Pfalz e.V.
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