Ergotherapie

Ergotherapie kann in jedem Lebensalter für die Behandlung gesundheitlicher Beeinträchtigungen eingesetzt werden. Ergotherapie unterstützt dabei, im Alltag handlungsfähig zu sein und an individuell bedeutsamen Aktivitäten teilhaben zu können. Es gibt viele unterschiedliche Maßnahmen, die bei Ergotherapie zum Einsatz kommen.

Auf einen Blick

  • Ergotherapie hat viele unterschiedliche Einsatzgebiete. Sie wird nicht nur bei Erkrankungen eingesetzt, sondern zum Beispiel auch, um die Entwicklung von Kindern oder die Selbstständigkeit älterer Menschen zu fördern.
  • Ergotherapie ist praktisch und alltagsorientiert.
  • Sie kann je nach Anlass ganz unterschiedlich aussehen – vom Üben alltäglicher Handlungen bis zum gezielten Gleichgewichtstraining oder Gedächtnistraining.
  • Ergotherapie kann von Ärztinnen und Ärzten sowie von Psychotherapeutinnen und -therapeuten verordnet werden.
  • Die gesetzlichen Krankenkassen tragen die Kosten für eine medizinisch notwendige Ergotherapie. Erwachsene müssen Zuzahlungen leisten. 
Ergotherapeutin und Patient trainieren das Gleichgewicht auf einem wackeligen Untergrund.

Was ist Ergotherapie?

Ergotherapie zählt zu den sogenannten Heilmitteln. Bei der Ergotherapie geht es darum, Menschen mit gesundheitlichen Beeinträchtigungen dabei zu unterstützen, ihr Leben eigenständig zu bewältigen und am gesellschaftlichen Leben teilzuhaben. Daher zielt Ergotherapie darauf ab, beeinträchtigte Körperfunktionen, die Selbstständigkeit und auch die Lebensqualität im Allgemeinen zu verbessern oder wiederzuerlangen. Was Menschen tun, führt zur Teilhabe und Lebensqualität. Teilhabe ist individuell und kann bei jedem Menschen anders aussehen. Besonders alltägliche Aktivitäten, wie zum Beispiel Ankleiden, Essen oder Haushaltsaufgaben, sollen durch die Ergotherapie gefördert werden. Zur Behandlung können beispielsweise das Training konkreter Alltagshandlungen, der Umgang mit Hilfsmitteln oder die Arbeit mit Sinnesreizen gehören. Auch die Förderung des Miteinanders und der Kommunikation können Teil der Ergotherapie sein.

Wobei kann Ergotherapie helfen?

Ergotherapie kann bei unterschiedlichen gesundheitlichen Beschwerden und Krankheiten eingesetzt werden. Unabhängig von einer Diagnose ist das, was Menschen in ihrem Alltag tun wollen, aber nicht mehr tun können, Gemeinsamkeit und Ausgangpunkt jeder Ergotherapie.

Ausgangspunkt jeder Ergotherapie sind die Aktivitäten, die Menschen in ihrem Alltag tun wollen, aber nicht mehr tun können.

Ergotherapie wird beispielsweise eingesetzt, wenn Erkrankungen oder Verletzungen der Muskeln, der Gelenke oder der Nerven zu Einschränkungen führen. Das kann unter anderem die Beweglichkeit, die Wahrnehmung oder geistige Fähigkeiten betreffen und bei Alltagsaktivitäten einschränken. Ergotherapie kann dann helfen, den Alltag eigenständiger und selbstbestimmt zu gestalten.

Auch bei psychischen Erkrankungen kann Ergotherapie sinnvoll sein. Angst- und Zwangsstörungen, Depressionen, Verhaltensstörungen, aber auch Suchterkrankungen können die Lebensqualität verschlechtern und den Alltag erschweren. Ergotherapie kann zum Beispiel dabei helfen, besser mit der Erkrankung und akuten Krisen umgehen zu können.

Bei älteren Menschen kann eine Ergotherapie angewendet werden, um mit körperlichen oder geistigen Einschränkungen des Alters besser im Alltag klarzukommen und mobil zu bleiben. Dazu werden in der Regel auch Angehörige mit in die Therapie einbezogen.

Die geistige und körperliche Entwicklung sowie die Handlungskompetenzen von Kindern können durch Ergotherapie unterstützt werden. Zum Beispiel können bei Entwicklungsstörungen die Grobmotorik und der Feinmotorik und die Entwicklung sozialer Fähigkeiten gefördert werden. Das soll etwa schulische und spielerische Aktivitäten möglich machen. Erkrankungen oder Verletzungen im Kindesalter können unter Umständen noch Jahre später gesundheitliche Folgen haben. Solchen Spätfolgen kann durch Ergotherapie vorgebeugt werden.

Bei Erwachsenen ist die Wiederaufnahme der beruflichen Tätigkeit ein häufiges Thema in der Ergotherapie. Sie profitieren von individuellen berufsbezogenen Maßnahmen oder von Ergotherapeutinnen und Ergotherapeuten, die als Job-Coaches in Unternehmen direkt am Arbeitsplatz eingesetzt werden. Maßnahmen sind dann unter anderem die Betrachtung und Verbesserung des Arbeitsumfeldes.

Ergotherapie kann bei unterschiedlichen gesundheitlichen Beschwerden und Krankheitsbildern angewendet werden.

Was macht man bei einer Ergotherapie?

So unterschiedlich wie die Anwendungsgebiete sind auch die verschiedenen ergotherapeutischen Maßnahmen. Welche Maßnahmen angewendet werden, hängt nicht nur von der gesundheitlichen Beeinträchtigung der Patientin oder des Patienten ab. Maßgeblich ist auch, welche Tätigkeiten und Aktivitäten die Person erhalten, verbessern oder (wieder-)erlernen möchte. Möchte sich jemand beispielweise wieder selbstständig ankleiden oder Wasserflaschen öffnen können, werden passende Übungen, Hilfsmittel oder alternative Wege der Umsetzung genutzt. Ausgangspunkt jeder Ergotherapie sind die Aktivitäten, die Menschen in ihrem Alltag tun wollen oder müssen, aber nicht mehr tun können.

Mit einer motorisch-funktionellen Behandlung sollen beispielsweise Schmerzen gelindert und Bewegungen ermöglicht werden, die man zur Bewältigung des Alltags braucht. So kann bei Bewegungseinschränkungen geübt werden, eine Socke mit einem Hilfsmittel anzuziehen, sich im Alltag mit oder ohne Hilfsmittel sicher fortzubewegen oder selbstständig Mahlzeiten zuzubereiten.

Im Rahmen einer sogenannten sensomotorisch-perzeptiven Behandlung geht es um die Sinne beziehungsweise die Wahrnehmung. Beispielsweise übt man, sicher Treppen zu steigen oder die Fingerfertigkeit zu verbessern. Ist man bei Alltagstätigkeiten eingeschränkt, kann man üben, dies zu kompensieren, um etwa den Haushalt selbstständig zu bewältigen oder wieder am Berufsleben teilnehmen zu können.    

Eine psychisch-funktionelle Behandlung kann zum Beispiel darin bestehen, dass man gemeinsam einen sinnvollen Tagesablauf erarbeitet und Unterstützung bei der Umsetzung bekommt. Bei dieser Form der Behandlung ist das Ziel im Allgemeinen, soziale, emotionale und psychische Fähigkeiten zu erhalten oder zu verbessern.

Mit dem Hirnleistungstraining kann man unter anderem die Auffassungsgabe, das Gedächtnis oder die Aufmerksamkeit verbessern. Zum Einsatz kommen dafür beispielsweise Trainingsprogramme am Computer. Außerdem können Alltagsstrategien entwickelt und externe Hilfen genutzt werden. Durch das Hirnleistungstraining soll man beispielsweise wieder besser Tätigkeiten planen und Probleme lösen können. Letztendlich soll, wie bei allen ergotherapeutischen Verfahren, eine selbstbestimmte Lebensführung ermöglicht werden.

Zu ergotherapeutischen Verfahren zählen motorische, sensomotorische und psychische Verfahren sowie Hirnleistungstraining.

Wie bekomme ich eine Ergotherapie?

Eine Ergotherapie kann man erhalten, wenn sie ärztlich oder psychotherapeutisch verordnet wird. Dann übernimmt die Krankenkasse die Kosten.

Am Anfang der Ergotherapie steht ein Kennenlerngespräch mit der Therapeutin oder dem Therapeuten. In diesem Gespräch und durch Untersuchungen wird festgestellt, welche Probleme im Alltag bestehen. Entscheidend für die Gestaltung der Therapie sind die Bedürfnisse und Anliegen der Patientin oder des Patienten. Auf dieser Grundlage wird gemeinsam mit der Therapeutin oder dem Therapeuten eine erste Zielsetzung erarbeitet. Durch welche Maßnahmen diese erreicht werden kann, wird ebenfalls gemeinsam entschieden.

In welcher Häufigkeit und über welchen Zeitraum die Therapie erfolgt, hängt von der Schwere der Beeinträchtigung und der Verordnung ab. Eine Therapieeinheit dauert normalerweise 30 bis 60 Minuten. 

Ergotherapie kann von Ärztinnen und Ärzten sowie von Psychotherapeutinnen und -therapeuten verordnet werden.

Im Rahmen der Therapie werden regelmäßig der aktuelle Stand und die erreichten Fortschritte reflektiert sowie dokumentiert und die Therapie bei Bedarf angepasst. Die Dokumentation hilft dabei nachzuvollziehen, welche Ziele bereits erreicht wurden und welchen Therapiebedarf es noch gibt.

Wo findet Ergotherapie statt?

Ergotherapie kann in allen Bereichen der gesundheitlichen Versorgung stattfinden, am häufigsten in einer stationären Einrichtung oder in einer Praxis für Ergotherapie. Stationäre Einrichtungen sind zum Beispiel Krankenhäuser, Tageskliniken, Reha-Einrichtungen oder Pflegeheime.

In der Praxis für Ergotherapie besteht die Möglichkeit des Hausbesuchs. Hausbesuche haben den Vorteil, dass auch Patientinnen und Patienten eine Therapie erhalten, die aus gesundheitlichen Gründen nicht in die Praxis kommen können. Zudem kann sich die Ergotherapeutin oder der Ergotherapeut einen Eindruck vom häuslichen und alltäglichen Umfeld machen. Dann können gezielt Anpassungen einfacher geplant werden, die den Alltag erleichtern. Zudem können Alltagstätigkeiten im eigenen Zuhause und der alltäglichen Umgebung realistischer umgesetzt werden als in einer Praxis.

Wer trägt die Kosten der Ergotherapie?

Im stationären Bereich ist Ergotherapie Teil des jeweiligen Leistungsangebots. Für die Patientin oder den Patienten entstehen keine zusätzlichen Kosten.
Im ambulanten Bereich ist eine Verordnung von Ergotherapie Voraussetzung dafür, dass die gesetzliche Krankenversicherung (GKV) die Kosten trägt. Welche Kosten genau übernommen werden, legt die Heilmittel-Richtlinie des Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA) fest. 

Versicherte der gesetzlichen Krankenversicherung müssen allerdings Zuzahlungen leisten. Für eine Ergotherapie müssen 10 Prozent der Kosten zugezahlt werden. Dazu kommen 10 Euro je Verordnung. Kinder und Jugendliche unter 18 Jahren müssen keine Zuzahlungen für Ergotherapie leisten.

Bei Verordnungen für Ergotherapie, die von der gesetzlichen Unfallversicherung getragen werden, ist keine Zuzahlung erforderlich.

Für privat Versicherte gelten andere Regelungen. Ob und in welcher Höhe die Ergotherapie-Kosten von der privaten Versicherung übernommen werden, hängt von dem abgeschlossenen Versicherungstarif ab. 

Weitere Informationen zu den genauen Bedingungen der Ergotherapie-Verordnung finden Sie in unserem Artikel über Heilmittel.

Wie finde ich eine Ergotherapeutin oder einen Ergotherapeuten?

Um die Suche einer passenden Ergotherapeutin oder eines Ergotherapeuten muss man sich selbstständig kümmern. Bei der Suche in Ihrer Nähe können zum Beispiel das Krankenhaus bei Entlassung oder die Hausarztpraxis weiterhelfen.

Eine Übersicht über ergotherapeutische Praxen der Mitglieder des „Deutschen Verbandes Ergotherapie“ (DVE) finden Sie auf der Internetseite des DVE.

Die Heilmittelerbringerliste des GKV-Spitzenverbandes bietet ebenfalls eine Übersicht ergotherapeutischer Praxen an.

Geprüft durch den Spitzenverband der Heilmittelverbände e. V.

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