Zuzahlungen und Zuzahlungsbefreiung
Die gesetzlichen Krankenkassen übernehmen alle medizinisch notwendigen Gesundheitsleistungen. Versicherte müssen sich jedoch mit einer Zuzahlung an den Kosten beteiligen. Übersteigen die Zuzahlungen innerhalb eines Jahres eine bestimmte Grenze, kann man sich von einem Teil der Zuzahlungen befreien lassen.
Auf einen Blick
- Bei vielen medizinischen Leistungen, die von den Krankenkassen übernommen werden, müssen Versicherte einen Betrag zwischen 5 und 10 Euro zuzahlen.
- Übersteigt die Summe der Zuzahlungen übers Jahr gerechnet einen bestimmten Anteil des Einkommens, kann man sich von den weiteren Zuzahlungen befreien lassen.
- Die Höchstgrenze für jährlich zu leistende Zuzahlungen liegt bei zwei Prozent der jährlichen Bruttoeinnahmen, für chronisch kranke Menschen bei einem Prozent.
- Für die Zuzahlungsbefreiung muss bei der Krankenkasse für jedes Kalenderjahr ein Antrag gestellt werden.
Für welche Leistungen werden Zuzahlungen fällig?
Wer gesetzlich krankenversichert ist, muss sich an bestimmten Gesundheitskosten mit einer Zuzahlung beteiligen. Bei Medikamenten zum Beispiel, bei Physiotherapie oder bei einem Aufenthalt im Krankenhaus. Aber auch für andere Gesundheitsleistungen sind – je nach Art – unterschiedlich hohe Zuzahlungen zu leisten. Ausgenommen sind Kinder und Jugendliche unter 18 Jahren.
Arznei- und Verbandmittel
Für verschreibungspflichtige Arznei- und Verbandmittel beträgt die Zuzahlung zehn Prozent des Preises, mindestens aber fünf Euro und höchstens zehn Euro. Einige kostengünstige Medikamente sind zuzahlungsfrei. Mehr dazu erfahren Sie im Artikel „Arzneimittel: Kostenübernahme und Zuzahlungen“.
Wichtig zu wissen: Grundsätzlich darf die Zuzahlung den Kaufpreis nicht übersteigen. Kostet ein Produkt oder eine Leistung weniger als fünf Euro, muss nur der tatsächliche Preis bezahlt werden.
Hilfsmittel
Für Hilfsmittel wie Kompressionsstrümpfe, Rollatoren, Gehhilfen oder Rollstühle beträgt die Zuzahlung zehn Prozent der Kosten, mindestens jedoch fünf Euro und höchstens zehn Euro. Bei zum Verbrauch bestimmten Hilfsmitteln wie Inkontinenzhilfen fällt eine Zuzahlung von zehn Prozent je Verbrauchseinheit an, jedoch höchstens zehn Euro pro Monat.
Heilmittel
Zehn Prozent der Kosten zuzüglich zehn Euro pro Verordnung beträgt die Zuzahlung für Heilmittel, beispielsweise Physiotherapie oder Logopädie.
Fahrtkosten
Wenn Ihre Krankenkasse die Fahrkosten übernimmt, müssen Sie in der Regel zehn Prozent der Kosten selbst tragen, mindestens jedoch fünf Euro und maximal zehn Euro pro Fahrt. Generell gilt, dass Sie nie mehr als die tatsächlich entstandenen Kosten bezahlen müssen. Auch für Kinder und Jugendliche besteht diese Pflicht. Hin- und Rückfahrt gelten als getrennte Fahrten.
Stationäre Behandlung
Eine Zuzahlung von zehn Euro pro Tag müssen entrichtet werden bei:
- vollstationärer Krankenhausbehandlung und Anschlussheilbehandlung (für maximal 28 Tage pro Kalenderjahr)
- stationärer Vorsorge (Kur)
- stationärer medizinischer Rehabilitation (Reha)
- Kur- und Reha-Aufenthalten für Mütter und Väter
Haushaltshilfe
Für eine von der Krankenasse genehmigte Haushaltshilfe müssen Sie zehn Prozent der Kosten pro Kalendertag zuzahlen, mindestens aber fünf Euro und höchstens zehn Euro.
Häusliche Krankenpflege
Zehn Prozent der Kosten zuzüglich zehn Euro pro Verordnung müssen Sie zuzahlen, wenn Sie häusliche Krankenpflege in Anspruch nehmen. Die Zahlungspflicht ist auf 28 Kalendertage begrenzt.
Wo müssen Zuzahlungen gezahlt werden?
Die meisten Zuzahlungen müssen direkt dort gezahlt werden, wo sie anfallen – in der Apotheke beispielsweise, im Krankenhaus oder im Orthopädie-Fachgeschäft. Bei speziellen Leistungen wir Rettungsfahrten ins Krankenhaus stellen die Krankenkassen die Zuzahlung nachträglich in Rechnung.
In welchem Fall kann ich mich von Zuzahlungen befreien lassen?
Wenn Sie wissen wollen, ob Sie sich von Zuzahlungen befreien lassen können, müssen Sie zunächst alle im Lauf eines Jahres bereits geleisteten Zuzahlungen zusammenrechnen – von allen Familienmitgliedern, die in der gesetzlichen Krankenversicherung versichert sind.
Übersteigen die Zuzahlungen innerhalb eines Kalenderjahres einen bestimmten Anteil Ihres Einkommens, können Sie sich für den Rest des Kalenderjahres von weiteren Zuzahlungen befreien lassen. Dieser Anteil am Einkommen, den Sie maximal für Zuzahlungen ausgeben müssen, wird Belastungsgrenze genannt.
Zuzahlungsbefreiung bedeutet daher nicht, dass sich gesetzlich Versicherte gar nicht an den medizinischen Kosten beteiligen müssen. Durch die individuelle Belastungsgrenze soll aber sichergestellt werden, dass niemand über den Rahmen seiner finanziellen Möglichkeiten wegen einer notwendigen medizinischen Versorgung belastet wird.
Wann ist die Belastungsgrenze erreicht?
Die Belastungsgrenze ist dann erreicht, wenn die Zuzahlungen aller Familienmitglieder in einem Haushalt zusammen zwei Prozent der Bruttoeinnahmen ausmachen. Bei der Berechnung werden Freibeträge abgezogen. Bei Menschen mit schweren chronischen Erkrankungen liegt die Belastungsgrenze bei einem Prozent der Einnahmen. Bei Menschen, die auf finanzielle Unterstützung des Staates angewiesen sind, wird die Grenze auf Basis des Regelbedarfs berechnet.
Belastungsgrenze berechnen
Um die Belastungsgrenze zu berechnen, müssen Sie zunächst Ihre Bruttoeinnahmen zum Lebensunterhalt ermitteln. Leben Sie mit Familienangehörigen zusammen in einem Haushalt, werden die Bruttoeinnahmen aller Familienangehörigen zusammengezählt, die in einem gemeinsamen Haushalt leben. Dazu gehören Ehe- oder eingetragene Lebenspartner, minderjährige Kinder und familienversicherte volljährige Kinder. Auch wenn pflegebedürftige Ehe- oder Lebenspartner in einer vollstationären Pflegeeinrichtung leben, gehören diese zum gemeinsamen Haushalt – sofern die Pflegekasse die Aufwendungen dafür übernimmt. Nicht verheiratete Paare werden getrennt berücksichtigt.
Zu den Bruttoeinnahmen werden alle Einnahmen gerechnet, die zum Lebensunterhalt zur Verfügung stehen. Das sind zum Beispiel: Arbeitsentgelt, Einkommen aus selbstständiger Arbeit, Entgeltersatzleistungen, Arbeitslosengeld oder Rente, aber auch Miet- und Pachteinnahmen, Kapitalerträge, Abfindungen oder Betriebsrenten. Nicht dazu gezählt werden unter anderem Kindergeld, BAföG, Pflegegeld und Elterngeld bis zu einer Grenze von 300 Euro.
Bei der Berechnung der Bruttoeinnahmen können Freibeträge für jedes Familienmitglied abgezogen werden. Sie werden vom Gesetzgeber jährlich angepasst.
Angaben zu den aktuellen Freibeträgen finden Sie auf der Internetseite des Bundesministeriums für Gesundheit.
Wichtig zu wissen: Ändert sich Ihr Einkommen, nachdem Sie von Zuzahlungen befreit wurden, kann die Krankenkasse die Belastungsgrenze neu berechnen. Falls Sie dann wesentlich mehr verdienen, können Nachzahlungen fällig werden.
Diese Zuzahlungen werden berücksichtigt
Bis zur Belastungsgrenze werden nur Zuzahlungen berücksichtigt, die von den gesetzlichen Krankenkassen für medizinisch notwendige Gesundheitsleistungen verlangt werden. Diese müssen durch Quittungen nachgewiesen werden.
Kosten, die die Krankenkassen grundsätzlich nicht übernehmen, können nicht angerechnet werden. Dazu zählen unter anderem individuelle Gesundheitsleistungen (IGeL) oder wenn durch individuelle Wünsche – beispielsweise ein Hilfsmittel mit besonderer Ausstattung – Mehrkosten fällig werden. Auch Eigenanteile zum Beispiel beim Zahnersatz oder einer künstlichen Befruchtung werden nicht als Zuzahlung berücksichtigt. Menschen mit geringem Einkommen können über die Härtefallregelung einen Zuschuss der Krankenkasse zum Zahnersatz beantragen.
Welche Regelungen gelten für Menschen mit schweren chronischen Erkrankungen?
Für Menschen mit einer schweren chronischen Erkrankung gilt eine Belastungsgrenze von einem Prozent. Das bedeutet, dass sie höchstens ein Prozent ihrer Bruttoeinnahmen für Zuzahlungen zu Gesundheitsleistungen ausgeben müssen.
Um sich von weiteren Zuzahlungen befreien lassen zu können, müssen Sie mit einer ärztlichen Bescheinigung nachweisen, dass Sie seit mindestens einem Jahr schwerwiegend chronisch krank sind und sich in Dauerbehandlung befinden. Sie müssen zudem nachweisen, dass Sie an den von den Krankenkassen empfohlenen Gesundheits- und Krebsfrüherkennungsuntersuchungen teilgenommen haben.
Außerdem muss mindestens eines der folgenden Merkmale erfüllt sein:
- Eine lückenlose medizinische Versorgung ist notwendig, damit sich der Gesundheitszustand nicht stark verschlimmert.
- Es besteht eine Pflegebedürftigkeit ab Pflegegrad 3.
- Es liegt eine Erwerbsminderung von mindestens 60 Prozent vor oder ein Grad der Behinderung beziehungsweise ein Grad der Schädigungsfolgen von mindestens 60.
Ihre Ärztin oder Ihr Arzt bescheinigt Ihnen eine schwerwiegende chronische Erkrankung mit einem speziellen Vordruck, dem „Muster 55“. Darauf wird die Diagnose angegeben und vermerkt, seit wann die oder der Versicherte wegen dieser Erkrankung ständig in Behandlung ist und ob die Therapie weiterhin erforderlich ist.
Für chronisch erkrankte Patientinnen und Patienten, die an einem strukturierten Behandlungsprogramm (Disease-Management-Programm) teilnehmen, gilt ebenfalls die Ein-Prozent-Belastungsgrenze.
Was gilt für Menschen mit geringem Einkommen?
Für Menschen, die staatliche Unterstützung erhalten, gilt eine Sonderregelung: Die Krankenkasse berechnet in diesem Fall die Belastungsgrenze für Familien, Eheleute und eingetragene Lebenspartnerschaften aus dem Regelsatz. Bei der Befreiung von Zuzahlungen wird diese Pauschale für eine alleinstehende Person für den gesamten Familienverbund angesetzt.
Freibeträge gibt es in diesem Fall nicht. Ist die Belastungsgrenze erreicht, können alle gesetzlich versicherten Mitglieder des Haushalts für das laufende Jahr von weiteren Zuzahlungen befreit werden.
Dies gilt für Menschen, die folgende Unterstützung erhalten:
- Hilfe zum Lebensunterhalt (Sozialhilfe)
- Arbeitslosengeld II
- Grundsicherung im Alter oder bei Erwerbsminderung
- Zahlungen des Sozialamts für eine Unterbringung im Heim oder ähnlichen Einrichtungen
Wie stellt man einen Antrag auf Zuzahlungsbefreiung?
Sollten Sie die Belastungsgrenze erreichen, werden sie nicht automatisch von den weiteren Zuzahlungen befreit. Denn die Krankenkassen werden nicht von sich aus tätig. Sie müssen die Ausgaben für die Zuzahlungen selbst im Blick behalten und Belege sammeln.
Auf den Belegen müssen der Vor- und Nachname der Patientin oder des Patienten vermerkt sein, die Art der Leistung, der Zuzahlungsbetrag, das Datum der Abgabe und die abgebende Stelle.
Mit den Original-Belegen können Sie die Befreiung beantragen. Die entsprechenden Formulare dafür erhalten Sie bei Ihrer Krankenkasse. Dem Antrag müssen außerdem die Einkommensnachweise beigelegt werden.
Wenn die Krankenkasse dem Antrag stattgibt, schickt Sie Ihnen eine Bescheinigung zu. Diese Bescheinigung wird auch „Befreiungskarte“ genannt. Die Karte müssen Sie bis zum Ablauf des Kalenderjahres immer dann vorlegen, wenn sie eine Zuzahlung leisten müssen.
Haben Sie bereits mehr Zuzahlungen geleistet als nötig, bekommen Sie den zu viel gezahlten Betrag zurückerstattet. Sie können die Befreiung deshalb auch rückwirkend beantragen – höchstens jedoch für die letzten vier Kalenderjahre.
Kann ich mich im Voraus von Zuzahlungen befreien lassen?
Es ist möglich, sich im Voraus von Zuzahlungen befreien zu lassen – für den Rest des Jahres oder für das ganze kommende Kalenderjahr. Um eine Vorab-Befreiung zu erhalten, müssen Sie bei der Krankenkasse einen Antrag auf Vorauszahlung einreichen.
Wenn die Krankenkasse den Antrag bewilligt, müssen Sie allerdings den voraussichtlichen Eigenanteil für das komplette Kalenderjahr im Voraus an die Krankenkasse bezahlen. Ihr Eigenanteil ist die Summe der voraussichtlichen Zuzahlungen bis zur Belastungsgrenze. Der Vorteil ist, dass Sie keine Belege sammeln müssen.
Eine Vorab-Befreiung ist aber nur ratsam, wenn Sie sich bereits zu Beginn eines Jahres ganz sicher sind, die persönliche Belastungsgrenze zu erreichen – also dass Sie mehr als zwei Prozent des Bruttoeinkommens für Zuzahlungen innerhalb des Kalenderjahrs ausgeben. Denn eine Vorauszahlung wird von den Krankenkassen nicht zurückgezahlt.
Die Berechnung der Belastungsgrenze gilt nur unter Vorbehalt. Verdienen Sie später deutlich mehr oder ändern sich ihre persönlichen Verhältnisse, müssen Sie möglicherweise Nachzahlungen leisten.
Wo bekomme ich Rat und Unterstützung?
Bei Unklarheiten, individuellen Fragen oder Problemen mit der Beantragung einer Zuzahlungsbefreiung hilft unter anderem die Unabhängige Patientenberatung Deutschland (UPD) weiter.
- Bundesministerium der Justiz. Sozialgesetzbuch (SGB) Fünftes Buch (V) - Gesetzliche Krankenversicherung - (Artikel 1 des Gesetzes v. 20. Dezember 1988, BGBl. I S. 2477) § 62 Belastungsgrenze. Aufgerufen am 18.12.2022.
- Bundesministerium für Gesundheit (BMG). Zuzahlungen. Aufgerufen am 13.12.2022.
- Gemeinsamer Bundesausschuss (G-BA). Richtlinie des Gemeinsamen Bundesausschusses zur Umsetzung der Regelungen in § 62 für schwerwiegend chronisch Erkrankte („Chroniker-Richtlinie“) in der Fassung vom 22. Januar 2004, veröffentlicht im Bundesanzeiger 2004 Nr. 18 (S. 1 343), zuletzt geändert am 17. November 2017, in Kraft getreten am 6. März 2018. Aufgerufen am 18.12.2022.
- Unabhängige Patientenberatung Deutschland (UPD). Zuzahlungen und Belastungsgrenzen. Die wichtigsten Fragen und Antworten. Aufgerufen am 05.01.2023.
- Verbraucherzentrale. Zuzahlungen: Die Regeln für eine Befreiung bei der Krankenkasse. Aufgerufen am 13.12.2022.
In Zusammenarbeit mit der UPD Patientenberatung Deutschland gGmbH.
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