Erste Hilfe bei Vergiftungen

Vergiftungen können von verschiedenen Substanzen ausgelöst werden, zum Beispiel von Reinigungsmitteln, Giftpflanzen oder Medikamenten. Wie gefährlich eine Vergiftung ist, hängt vor allem von der Art des Giftstoffs und der aufgenommenen Menge ab.

Auf einen Blick

  • Bei einer Vergiftung gelangen schädliche Stoffe über den Mund, die Nase, die Haut oder das Auge in den Körper.
  • Wie schwer eine Vergiftung verläuft, hängt von der Art des Giftstoffs, der Menge und Einwirkungsdauer sowie Alter und Körpergewicht der betroffenen Person ab.
  • Bei Verdacht auf eine Vergiftung ist es ratsam, schnellstmöglich den Rettungsdienst 112 oder eine Giftnotrufzentrale anzurufen.
  • Bewusstsein, Atmung und Kreislauf der vergifteten Person müssen überprüft und – falls notwendig – lebensrettende Maßnahmen durchgeführt werden.
  • Bei der Behandlung kann es den Ärztinnen und Ärzten helfen, wenn Reste oder Verpackungen des Giftstoffs bereitgehalten werden.

Hinweis: Die Informationen dieses Artikels können und sollen einen Arztbesuch nicht ersetzen und dürfen nicht zur Selbstdiagnostik oder -behandlung verwendet werden.

Kind spielt mit Medikamenten

Was ist eine Vergiftung?

Bei einer Vergiftung gelangen giftige Stoffe in den Körper und schädigen ihn. Die Giftstoffe können über den Mund, die Nase, die Haut oder die Augen aufgenommen werden. Es gibt eine Vielzahl von Stoffen, die eine Vergiftung auslösen können. Wie schwer eine Vergiftung verläuft, hängt von der Art des Giftstoffs, der aufgenommenen Menge und der Einwirkungsdauer ab. Alter, Körpergewicht und der allgemeine Gesundheitszustand der betroffenen Person spielen ebenfalls eine Rolle: Geringe Mengen bestimmter Giftstoffe können für Erwachsene harmlos sein. Für Kinder sind sie dagegen lebensgefährlich.

Wie erkennt man eine Vergiftung?

Die Anzeichen einer Vergiftung sind sehr unterschiedlich. Sie können sofort auftreten oder sich erst nach Stunden, Tagen oder sogar Jahren bemerkbar machen.

Die Symptome einer Vergiftung können sofort auftreten oder sich erst nach Stunden, Tagen oder Jahren bemerkbar machen.

Zu den häufigen, akuten Anzeichen von Vergiftungen gehören:

  • Bauchschmerzen und Durchfall
  • Übelkeit und Erbrechen
  • Kopfschmerzen und Schwindel
  • Bewusstseinsveränderungen
  • Bewusstlosigkeit
  • zu schneller oder zu langsamer Puls
  • Blässe
  • Atemnot
  • Hautrötungen oder Ausschlag
  • Sehstörungen
  • Lähmungen oder Krampfanfälle
  • Herz-Kreislauf-Stillstand

Bei Verdacht auf eine Vergiftung ist schnelles Handeln wichtig. Rufen Sie bei lebensbedrohlichen Symptomen wie Bewusstlosigkeit, Herz- oder Atemstillstand sofort den Rettungsdienst unter 112 an. Bei Verdacht auf eine Vergiftung ohne lebensbedrohliche Symptome können Sie bei einem Giftinformationszentrum (Giftnotruf) anrufen.

Eine vollständige Übersicht der Giftnotruf-Telefonnummern für den deutschsprachigen Raum finden Sie auf der Website des Bundesamtes für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit.

Wodurch werden Vergiftungen ausgelöst?

Die meisten Vergiftungen passieren in Haus und Garten. Bei Kindern im Vorschulalter gehören sie zu den häufigsten Unfallarten. Kleinkinder sind besonders gefährdet, weil sie Gegenstände auch mit dem Mund erkunden: Sie probieren Pflanzenblätter oder interessant aussehende und gut riechende Flüssigkeiten.

Vergiftungen kommen besonders häufig bei Kleinkindern vor.

Bei älteren Menschen entstehen Vergiftungen etwa durch das Verwechseln oder eine Überdosis von Medikamenten, übermäßigen Alkoholkonsum, aber auch durch giftige Pilze oder Gase.

Gefahrenquellen für Vergiftungen sind:

  • Reinigungsmittel
  • Körperpflegeprodukte und Kosmetika
  • ätherische Öle und Lampenöle
  • Medikamente
  • Farben, Lacke, Lösungsmittel
  • Pflanzenschutz- und Schädlingsbekämpfungsmittel
  • giftige Pflanzen, Beeren, Pilze
  • verdorbene Lebensmittel
  • Alkohol und illegale Drogen
  • Gase

Wichtig zu wissen: Die Dosis macht das Gift. Stoffe, die eigentlich ungiftig sind, beispielsweise Salz, können auch tödliche Vergiftungen auslösen, wenn sie in großer Menge verzehrt werden.

Wie leistet man bei Vergiftungen Erste Hilfe?

Bei Verdacht auf eine Vergiftung ist es sowohl wichtig schnell zu handeln als auch die betroffene Person zu beruhigen. Im Vordergrund steht der Erhalt der lebenswichtigen Körperfunktionen und ein Abmildern der Giftfolgen.

Was tun, wenn schäumende Produkte verschluckt wurden?

  • falls vorhanden: einen Teelöffel einer Entschäumer-Lösung mit dem Wirkstoff Dimeticon oder Simeticon eingeben
  • alternativ kann Fett helfen: dazu ein Brot mit viel Butter essen
  • Aktivkohle nur nach Anweisung der Giftnotzentrale oder des Rettungsdienstes verabreichen

Was hilft, wenn Säuren oder Laugen verschluckt wurden?

  • ein bis zwei Gläser Wasser oder Tee trinken
  • keinesfalls Erbrechen auslösen
  • zusätzlich den Rettungsdienst oder einen Giftnotruf kontaktieren

Was tun nach dem Verschlucken von Gegenständen, die Verätzungen auslösen können?

Gerade Kleinkinder verschlucken häufig Knopfbatterien (Knopfzellen). Sie enthalten geringe Mengen Quecksilberoxid oder Silberoxid, Zink und eine Elektrolytlösung. Diese kann beim Austreten aus der Batterie ätzend wirken. In den meisten Fällen bleiben die Batterien intakt und werden unbeschadet wieder ausgeschieden. Dann können die Inhaltstoffe keine Vergiftung verursachen. Hat Ihr Kind eine Knopfzelle verschluckt:

  • Holen Sie sich Rat bei einer Giftnotrufzentrale, dem Rettungsdienst, einem Kinderarzt oder einer Kinderklinik.
  • Wichtig ist eine Röntgenaufnahme, um Lage und Zustand der Batterie zu beurteilen. Liegt die Batterie im Eingang der Speiseröhre, kann das zu lebensbedrohlichen Komplikationen führen.
  • Beim Auftreten von Übelkeit, Erbrechen oder Schmerzen muss eine Untersuchung durch eine Ärztin oder einen Arzt erfolgen.

Was tun, wenn giftige Pflanzen oder Pilze gegessen wurden?

  • Entfernen Sie noch vorhandene Reste aus dem Mund.
  • Tragen Sie dabei Schutzhandschuhe.
  • Lassen Sie das Kind oder die betroffene Person ein halbes Glas stilles Wasser oder Tee trinken.
  • Sichern Sie Reste der aufgenommenen Pflanze oder des Pilzes, notfalls auch Erbrochenes, um die Art bestimmen zu lassen.
  • Kontaktieren Sie ein Giftinformationszentrum.

Was tun, wenn versehentlich Medikamente eingenommen oder verwechselt wurden?

  • Entfernen Sie mögliche Medikamentenreste aus dem Mund.
  • Geben Sie Tee, Wasser oder Saft zu trinken.
  • Halten Sie das Medikament oder die Packungsbeilage bereit.
  • Kontaktieren Sie ein Giftinformationszentrum oder bei lebensbedrohlichen Symptomen den Notruf.

Was tun, wenn ein Kind Alkohol oder Methanol getrunken hat?

In der Regel mögen Kinder den brennenden Geschmack hochprozentiger Spirituosen oder alkoholhaltiger Kosmetikprodukte nicht, sodass sie selten mehr als einen Schluck davon zu sich nehmen. Für Kleinkinder kann ein hoher Methanol-Anteil allerdings lebensbedrohlich sein und zur Erblindung führen. Daher ist schnelles Handeln wichtig:

  • Versuchen Sie, das Kind bei Schläfrigkeit aufrecht zu 
    halten.
  • Kontaktieren Sie ein Giftinformationszentrum.

Was hilft, wenn ein Auge verätzt wurde?

  • Spülen Sie das Auge sofort 10 bis 15 Minuten mit laufendem, lauwarmem Wasser.
  • Falls kein Wasserhahn in der Nähe ist: Mineralwasser verwenden oder ein nasses Tuch über dem Auge ausdrücken.
  • Bei Bedarf eine zweite Person zur Hilfe holen, um das Augenlid offen zu halten.
  • Schützen Sie das unverletzte Auge.
  • Tragen Sie nach Möglichkeit Schutzhandschuhe, um eigene Verätzungen zu vermeiden.
  • Rufen Sie den Rettungsdienst unter 112.
  • Bedecken Sie das verletzte Auge nach dem Spülen mit einem keimfreien Verband.

Was tun, wenn die Haut verätzt oder verletzt wurde?

  • Entfernen Sie Kleidungsstücke, die mit dem Giftstoff und der verletzten Haut in Berührung gekommen sind.
  • Tragen Sie dabei möglichst Schutzhandschuhe.
  • Spülen und waschen Sie die Haut gründlich mit lauwarmem Wasser.
  • Verbinden Sie die Wunden anschließend möglichst keimfrei.
  • Bei Verbrennungen und Verätzungen besteht Unterkühlungsgefahr: Halten Sie nicht verletzte Körperstellen warm.
  • Alarmieren Sie den Rettungsdienst.

Was hilft nach dem Einatmen von giftigen Gasen?

  • Bringen Sie die betroffene Person an die frische Luft, öffnen Sie Fenster und Türen.
  • Schützen Sie sich selbst, um eine Eigenvergiftung zu verhindern.
  • Bedenken Sie mögliche Explosionsgefahren.
  • Bei Atemstillstand beginnen Sie unverzüglich mit Herzdruckmassage und Beatmung und alarmieren Sie den Rettungsdienst.

Was sollte man bei Vergiftungen nicht tun?

Holen Sie bei Verdacht auf eine Vergiftung unbedingt den Rat des Rettungsdienstes oder einer Giftnotrufzentrale ein. Viele althergebrachte Hausmittel sind mittlerweile überholt und können den Zustand sogar noch verschlechtern.

Folgende Dinge tut man bei einer Vergiftung oder dem Verdacht auf eine Vergiftung besser nicht:

  • Milch trinken: Dadurch gelangen Giftstoffe schneller ins Blut.
  • Getränke mit Kohlensäure trinken: Diese können unerwünschte chemische Reaktionen auslösen.
  • Salzwasser trinken: Das kann vor allem bei Kleinkindern zu einer Salzvergiftung führen.
  • Erbrechen auslösen: Dies kann zu schweren Komplikationen führen.
  • Bei Verätzungen oder Verbrennungen Mehl oder Öl auftragen: Es besteht Verschmutzungs- und Entzündungsgefahr für die Wunde.

Wichtig zu wissen: Kohlepräparate nur nach Rücksprache mit einer Ärztin, einem Arzt oder dem Giftnotruf einnehmen: Aktivkohle erschwert bestimmte Untersuchungen.

Bei der Versorgung von Vergifteten ist es für Helferinnen und Helfer wichtig, den eigenen Kontakt zu den Giftstoffen vermeiden. Hilfreich ist das Tragen von Schutzhandschuhen. Bei einer notwendigen Beatmung können Sie – falls vorhanden – eine Beatmungsmaske verwenden.

Wen ruft man bei einer Vergiftung?

Nach zweifelsfreier Einnahme und bei deutlichen Vergiftungserscheinungen oder lebensbedrohlichen Symptomen sollte zuerst der Rettungsdienst 112 alarmiert werden. Bei einem unklaren Verdacht kann man eine Giftnotrufzentrale um Rat fragen.

Es gibt in Deutschland sieben regionale Giftnotrufzentralen:

Berlin: Tel.: 030 / 19 240 
Bonn: Tel.: 0228 / 19 240 
Erfurt: Tel.: 0361 / 730 730 
Freiburg: Tel.: 0761 / 19 240 
Göttingen: Tel.: 0551 / 19 240 
Mainz: Tel.: 06131 / 19 240 
München: Tel.: 089 / 19 240

Welche Fragen muss ich bei einem Giftnotruf beantworten?

  • WER ist betroffen: Wie alt ist die Person, wie groß und wie schwer?
  • WAS wurde eingenommen: Nennen oder beschreiben Sie, wenn möglich die Pflanze oder das Produkt. Falls vorhanden, Reste sichern und Verpackung oder Packungsbeilage bereithalten.
  • WIEVIEL und WANN?
  • WIE wurde es eingenommen: geschluckt, eingeatmet, auf die Haut oder ins Auge?
  • WELCHE Reaktionen gibt es: Husten, Erbrechen, Muskelzucken, Bewusstseinsveränderung, Schmerzen?
  • WAS wurde unternommen: Wurde bereits Erste Hilfe geleistet?
  • WER ruft an: Name und Telefonnummer für Rückfragen angeben.

Wichtig zu wissen: Scheuen Sie nicht den Anruf bei einer Giftnotrufzentrale. Rufen Sie lieber einmal zu viel an als zu wenig.

Was ist die Gift-Notfall-App?

Die Gift-Notfall-App des Bundesinstituts für Risikobewertung (BfR) bietet Tipps zur Ersten Hilfe bei Vergiftungsunfällen von Kindern. Direkt aus der App kann das zuständige Giftinformationszentrum angerufen werden. Die Anwendung ist kostenlos für die gängigen Smartphone-Betriebssysteme erhältlich. Nach der Installation kann man die App auch ohne Internet-Zugang nutzen.

Neben Anleitungen zur Ersten Hilfe enthält sie:

  • Informationen zu Vergiftungsrisiken
  • Beschreibungen von Vergiftungsanzeichen
  • Tipps zur Aufbewahrung von gefährlichen Produkten und Medikamenten

Deutsche Interdisziplinäre Vereinigung für Intensiv- und Notfallmedizin e.V. (DIVI).

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