Außerklinische Intensivpflege: Versorgung im schweren Krankheitsfall

Menschen mit schwersten Erkrankungen benötigen mitunter eine besonders intensive Pflege durch geschulte Pflegefachkräfte. In diesem Artikel erfahren Sie mehr über die Verordnung, Leistungen und Kosten der außerklinischen Intensivpflege.

Auf einen Blick

  • Außerklinische Intensivpflege können schwerstkranke Menschen erhalten, bei denen es zu jeder Zeit zu lebensbedrohlichen Situationen kommen kann.
  • An der Intensivpflege sind verschiedene Berufsgruppen beteiligt – dazu gehören neben medizinischem Personal zum Beispiel Physiotherapeutinnen und Physiotherapeuten.
  • Die Intensivpflege kann zu Hause oder in bestimmten Einrichtungen erfolgen.
  • Sowohl Erwachsene als auch Kinder und Jugendliche können Intensivpflege in Anspruch nehmen. 
  • Die gesetzliche Krankenkasse übernimmt die Kosten für die außerklinische Intensivpflege. Ab dem 18. Lebensjahr muss man Zuzahlungen leisten. 
  • Nutzen Sie die Suchfunktion im Abschnitt „Arztsuche“, um Ärztinnen und Ärzte für die Beantragung der außerklinischen Intensivpflege zu finden.
Eine Pflegekraft hilft einer Frau, die zu Hause zusätzlichen Sauerstoff benötigt.

Was ist außerklinische Intensivpflege?

Manche Menschen sind so schwer krank, dass sich ihr Gesundheitszustand jederzeit lebensbedrohlich verschlechtern kann. Solche lebensbedrohlichen Situationen können insbesondere bei künstlich beatmeten Menschen auftreten.
Eine schwere Erkrankung kann daher eine besonders intensive Pflege durch eine ständig anwesende Pflegefachkraft notwendig machen. Die außerklinische Intensivpflege bietet die Möglichkeit, schwer kranke Menschen außerhalb eines Krankenhauses zu versorgen.

Die Außerklinische Intensivpflege bietet die Möglichkeit, schwer kranke Menschen außerhalb eines Krankenhauses zu versorgen.

Durch die Intensivpflege soll es möglich sein, frühzeitig zu erkennen und einzugreifen, wenn sich der Gesundheitszustand der pflegebedürftigen Person lebensbedrohlich verändert. Bei künstlich beatmeten Menschen kann ein weiteres Ziel die Entwöhnung von der Beatmung sein.

Wer hat Anspruch auf außerklinische Intensivpflege?

Damit ein Anspruch auf außerklinische Intensivpflege besteht, müssen bestimmte Voraussetzungen erfüllt sein: 

  • Es besteht eine Erkrankung, die die ständige Anwesenheit einer Pflegefachkraft zur individuellen Kontrolle und Einsatzbereitschaft notwendig macht.
  • Es ist sehr wahrscheinlich, dass lebensbedrohliche Zustände eintreten.
  • Lebensbedrohliche Zustände können unvorhergesehen und zu jeder Tages- und Nachtzeit eintreten.
  • Bei einem lebensbedrohlichen Zustand muss unverzüglich medizinisches Personal einsatzbereit sein.

Wer verordnet die außerklinische Intensivpflege?

Die außerklinische Intensivpflege wird von Ärztinnen und Ärzten bestimmter Fachgebiete und besonderer Qualifikation verordnet. Dazu zählen unter anderem Fachärztinnen und Fachärzte:

  • für Innere Medizin und Pneumologie
  • für Anästhesie
  • für Neurologie
  • mit der Zusatzbezeichnung Intensivmedizin
  • für Kinder- und Jugendmedizin

Auch Hausärztinnen und Hausärzte sowie Ärzte anderer Fachgebiete sind zur Verordnung berechtigt. Voraussetzung hierfür ist, dass sie Erfahrung im Umgang mit beatmeten oder atemkanülierten Patienten und eine Genehmigung der Kassenärztlichen Vereinigung haben. 

Wie läuft die Verordnung der außerklinischen Intensivpflege ab?

Für gesetzlich Versicherte ist die Verordnung in der Außerklinische Intensivpflege-Richtlinie (AKI-Richtlinie) des Gemeinsamen Bundesausschusses geregelt. Seit dem 01. Januar 2023 werden Intensivpflege-Leistungen nach dieser Richtlinie verordnet. Durch die AKI-Richtlinie soll die Patientenversorgung verbessert werden.

Neu ist in der AKI-Richtlinie, dass vor jeder Verordnung eine sogenannte Potenzialerhebung bei beatmeten Patienten erfolgen muss. Dabei wird überprüft, ob die Beatmung verringert oder ausgeschlichen oder die Atemkanüle entfernt werden kann. Außerdem muss die verordnende Ärztin oder der verordnende Arzt einen Behandlungsplan erstellen. 
Nach der AKI-Richtlinie beinhaltet die Verordnung der außerklinischen Intensivpflege verschiedene Schritte.

Im ersten Schritt stellt die verordnende Ärztin oder der verordnende Arzt fest, ob die pflegebedürftige Person Intensivpflege außerhalb eines Krankenhauses benötigt. Ist das der Fall, schließen sich unter anderem die Potenzialerhebung und die Erstellung des Behandlungsplans an. 

Die Erstverordnung von außerklinischer Intensivpflege erfolgt oftmals bei der Entlassung aus einer stationären Einrichtung. Solch eine Einrichtung kann zum Beispiel ein Krankenhaus oder eine Reha-Einrichtung sein. In diesem Fall kann die außerklinische Intensivpflege für 7 Tage verordnet werden. Aber auch niedergelassene Ärztinnen und Ärzte können eine Erstverordnung ausstellen. Die Erstverordnung durch niedergelassene Ärzte umfasst einen Zeitraum von 5 Wochen. Folgeverordnungen sind für 6 bis 12 Monate möglich. 

Was wird bei der Potenzialerhebung überprüft? 

Bei künstlich beatmeten Pflegebedürftigen erfolgt eine sogenannte Potenzialerhebung. Bis zum 31. Dezember 2024 gilt jedoch eine Übergangsregelung. Demnach kann bis zu diesem Zeitpunkt in bestimmten Fällen auf die Potenzialerhebung verzichtet werden.

Wichtig zu wissen: Die Übergangsregelung gilt nicht, wenn die Verordnung bei Entlassung aus einer stationären Einrichtung erfolgt. In diesem Fall muss eine Potenzialerhebung durchgeführt werden. Wenn die Potenzialerhebung ergibt, dass eine Beatmungsentwöhnung möglich ist, muss das Krankenhaus vor der Entlassung einen Entwöhnungsversuch unternehmen.   

Die Potenzialerhebung wird von besonders qualifizierten Fachärztinnen oder Fachärzten durchgeführt. Bei der Potenzialerhebung werden unter anderem folgende Dinge untersucht:

  • die Atembewegungen
  • der Hustenstoß
  • der Bewusstseinszustand
  • der Schmerzzustand

Anhand aller Untersuchungsergebnisse beurteilen die Ärzte, ob die Beatmungszeit verkürzt oder die pflegebedürftige Person von der künstlichen Beatmung oder der Atemkanüle entwöhnt werden kann. Außerdem werden die Entwicklung der Erkrankung, die Aussicht auf Besserung und die Lebensqualität der pflegebedürftigen Person beurteilt.

Die Potenzialerhebung kann auch telemedizinisch durchgeführt werden. Das bedeutet, dass die Erhebung über einen räumlichen, mitunter auch zeitlichen Abstand hinweg erfolgt – zum Beispiel per Telefon, über Apps oder das Internet. Mindestens einmal im Jahr muss die Erhebung allerdings vor Ort stattfinden. In bestimmten Fällen können Ausnahmen von dieser Regelung gemacht werden. 

Durch die Potenzialerhebung soll die Behandlung der pflegebedürftigen Person verbessert werden. Das Ergebnis der Potenzialerhebung darf bei der Verordnung nicht älter als 3 Monate sein. Bei Pflegebedürftigen, bei denen wahrscheinlich keine Verringerung der Beatmung möglich ist, darf das Ergebnis nicht älter als 6 Monate sein. Die Erhebung muss mindestens alle 6 Monate wiederholt werden. 


Was ist im Behandlungsplan enthalten?

Durch den Behandlungsplan soll die Versorgung der pflegebedürftigen Person bestmöglich organisiert werden. Das ist wichtig, da an den Maßnahmen der außerklinischen Intensivpflege häufig verschiedene Berufsgruppen beteiligt sind. Neben medizinischem Personal können das zum Beispiel Fachkräfte der Physiotherapie oder auch Anbieter von Medizinprodukten sein. 

Der persönliche Behandlungsplan wird von der verordnenden Ärztin oder dem verordnenden Arzt erstellt. Der Behandlungsplan führt alle Maßnahmen auf, die die pflegebedürftige Person benötigt. Zu den Maßnahmen der außerklinischen Intensivpflege gehören zum Beispiel:

  • die Überwachung des Gesundheitszustandes anhand von Messwerten wie der Herzfrequenz, dem Blutdruck oder der Atemfrequenz
  • die Einleitung und Durchführung von Notfallmaßnahmen
  • die Bedienung und Überwachung eines Beatmungsgerätes sowie die Verwendung einer Beatmungsmaske
  • die Pflege einer künstlichen Verbindung zur Luftröhre (Tracheostoma) oder einer Atemkanüle
  • Maßnahmen, um überschüssige Flüssigkeit oder Schleim aus den Atemwegen zu entfernen
  • Maßnahmen, um die Schluckfähigkeit zu überwachen und zu verbessern 
  • die Schulung nahestehender Personen, um ihnen die Teilnahme an der Versorgung des pflegebedürftigen Menschen zu ermöglichen

Wo wird der Antrag auf Außerklinische Intensivpflege eingereicht?

Im nächsten Schritt reichen die pflegebedürftige Person oder ihre Angehörigen den Antrag auf außerklinische Intensivpflege bei der zuständigen Krankenkasse ein. Die Krankenkasse beauftragt den medizinischen Dienst mit der Überprüfung des Intensivpflege-Anspruchs. Die Krankenkasse trägt die Kosten für die Intensivpflege-Leistungen, bis die Entscheidung vom medizinischen Dienst vorliegt. Voraussetzung dafür ist, dass die Verordnung spätestens am 4. Arbeitstag nach der Ausstellung bei der Krankenkasse eingereicht wird.

Wer koordiniert die Intensivpflege im Verlauf?

Im Verlauf überwachen die verordnenden Ärzte die Zusammenarbeit aller Beteiligten und erneuern den Behandlungsplan. Bei Bedarf kann die Verordnung verlängert werden.

Welche Einrichtungen für außerklinische Intensivpflege gibt es?

Intensivpflege-Leistungen können an unterschiedlichen Orten erbracht werden. An welchem Ort die Intensivpflege stattfindet, hängt unter anderem von den Bedürfnissen der pflegebedürftigen Person und den vorhandenen Angeboten ab.

Orte, an denen die außerklinische Intensivpflege stattfinden kann, sind: 

  • zu Hause
  • Beatmungs-Wohngemeinschaften oder andere betreute Wohnformen
  • stationäre Pflegeeinrichtungen
  • Schulen, Kitas oder Werkstätten für Menschen mit Behinderung 
Einrichtungen für außerklinische Intensivpflege

Wichtig zu wissen: Der Wunsch der Patientin oder des Patienten, an welchem Ort die Intensivpflege stattfinden soll, soll berücksichtigt werden. Voraussetzung ist, dass die pflegerische Versorgung an dem gewünschten Ort möglich ist. Das wird ein Mal im Jahr durch den medizinischen Dienst überprüft.

Wie finde ich eine passende Einrichtung?

Die Landesverbände der Krankenkassen schließen Verträge mit den Anbietern von außerklinischer Intensivpflege ab. Die Suche einer geeigneten Einrichtung kann zum Beispiel mithilfe der verordnenden Ärztin oder des verordnenden Arztes sowie mithilfe der zuständigen Krankenkasse erfolgen. Pflegestützpunkte können ebenfalls bei der Suche nach einer geeigneten Einrichtung behilflich sein. 

Einen wohnortnahen Pflegestützpunkt finden Sie bei der Stiftung Zentrum für Qualität in der Pflege

Weitere Informationen bietet die Deutsche Interdisziplinäre Gesellschaft für außerklinische Beatmung (DIGABR) e.V.

Eine weitere Anlaufstelle ist das Informationsportal Pflegelotse des Verbands der Ersatzkassen.

Wer trägt die Kosten für die außerklinische Intensivpflege?

Die gesetzliche Krankenkasse trägt den Großteil der Kosten der Intensivpflege-Leistungen. Findet die Intensivpflege in einer stationären Einrichtung statt, übernimmt die Krankenkasse folgende Kosten:

  • Kosten für medizinische Behandlungspflege
  • Pflegebedingte Kosten
  • Betriebsnotwendige Investitionskosten
  • Kosten für Unterkunft und Verpflegung

Wenn sich der Gesundheitszustand bessert und der Anspruch auf außerklinische Intensivpflege wegfällt, muss die Krankenkasse die Kosten für weitere 6 Monate übernehmen. Das gilt aber nur, wenn eine Pflegebedürftigkeit mit Pflegegrad 2, 3, 4 oder 5 besteht. 

Die Kosten für die Unterbringung und Verpflegung im eigenen Haushalt oder in einer Wohngemeinschaft trägt die pflegebedürftige Person selbst. 

Müssen Zuzahlungen zur Intensivpflege geleistet werden?

Ab dem 18. Lebensjahr müssen Versicherte Zuzahlungen leisten. Findet die Intensivpflege in einem Pflegeheim statt, müssen 10 Euro pro Tag zugezahlt werden. Die Zuzahlung ist auf 28 Tage pro Jahr begrenzt.

Wenn die Intensivpflege im eigenen Haushalt oder an einem ähnlichen Ort stattfindet, beträgt die Zuzahlung 10 Prozent der täglichen Pflegekosten. Außerdem müssen 10 Euro für jede Verordnung gezahlt werden. Die Zuzahlungen sind ebenfalls auf 28 Tage pro Jahr begrenzt. 

Zuzahlungen sind nur bis zu einer Höhe von 2 Prozent des jährlichen Bruttoeinkommens zu leisten, bei chronisch kranken Menschen nur bis zu einer Höhe von 1 Prozent.

Gut zu wissen: Für privatversicherte Pflegebedürftige gelten andere Regelungen bezüglich der Kosten und Zuzahlungen. Die geltenden Regelungen hängen von den persönlichen Vereinbarungen mit der privaten Krankenversicherung ab.

 

Wie finde ich eine Ärztin oder einen Arzt für die Verordnung oder Potenzialerhebung?

Die Verordnung und Potenzialerhebung für außerklinische Intensivpflege darf nur von speziell qualifizierten Ärztinnen und Ärzten durchgeführt werden. 

Grundsätzlich sind Fachärztinnen und Fachärzte für Pneumonologie, Anästhesie, Neurologie sowie Kinder- und Jugendmedizin mit der Zusatzbezeichnung Intensivmedizin berechtigt, außerklinische Intensivpflege zu verordnen. Diese finden Sie unter folgendem Link:
Suche Ärzte aus der Verordnergruppe

Ärztinnen und Ärzte mit einer Genehmigung für Potenzialerhebung oder Verordnung finden Sie über die Suchfunktion.
Suche Ärzte für Potenzialerhebung und Verordnung

Neben Vertragsarztpraxen können auch spezialisierte Krankenhäuser und weitere Ärztinnen und Ärzte die Potenzialerhebung durchführen.
Übersicht der Anbieter (PDF)

Bitte erfragen Sie direkt in der Praxis, ob Leistungen der außerklinischen Intensivpflege verordnet werden.

Wo gibt es weiterführende Informationen zur außerklinischen Intensivpflege?

Weiterführende Informationen zu den Themen der außerklinischen Intensivpflege finden Sie hier: 

Der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) veröffentlicht auf seiner Webseite die Außerklinische Intensivpflege-Richtlinie.

Die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) stellt auf ihrer Webseite Informationen vorwiegend für Fachpersonal bereit.

Geprüft durch die Verbraucherzentrale Rheinland-Pfalz e.V. (VZ RLP)

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