Arzneimittel: Darreichungs- und Anwendungsformen

Arzneimittel oder Medikamente lassen sich auf unterschiedliche Weise einnehmen oder verabreichen, beispielsweise als Tabletten, Säfte, Zäpfchen, Salben, Spritzen oder Sprays. Die Darreichungs- und Anwendungsform hängt unter anderem davon ab, wo, wie und wie schnell das Arzneimittel wirken soll.

Auf einen Blick

  • Arzneimittel können lokal an Ort und Stelle oder systemisch im ganzen Körper wirken.
  • Es gibt eine Vielzahl von Darreichungsformen: zum Beispiel fest in Form von Tabletten, halbfest in Form von Salben oder flüssig in Form von Säften.
  • Arzneimittel können auf unterschiedlichen Wegen angewendet werden, beispielsweise durch Schlucken, Spritzen oder durch das Auftragen auf die Haut.
  • Einige Wirkstoffe werden in der Leber abgebaut, bevor sie ihre Wirkung entfalten können. Durch bestimmte Anwendungsformen lässt sich dies verhindern oder reduzieren.
Sammlung verschiedener Medikamente: Tablettenblister, Sprays, Tropfen, Zäpfchen, Pflaster, Salben.

Warum gibt es verschiedene Darreichungs- und Anwendungsformen?

Arzneimittel oder Medikamente gibt es in unterschiedlichen Ausführungen: Sie werden als Tablette geschluckt, als Salbe aufgetragen, als Spritze oder Infusion verabreicht. Auf welche Art das Arzneimittel dem Körper zugeführt wird, hängt unter anderem davon ab, wo, wann und wie lange es wirken soll.

Es gibt lokal wirksame Medikamente, die direkt an der Stelle angewendet werden, wo sie wirken sollen. Dazu gehören Lutschtabletten bei Halsschmerzen oder Cremes gegen Juckreiz. Andere Medikamente wirken systemisch im ganzen Körper und werden über den Blutkreislauf verteilt.

Die Wirkstoffe der Arzneimittel können über die Haut, die Schleimhäute oder über die Darmwand vom Körper aufgenommen werden. Wenn Arzneimittel möglichst schnell wirken sollen – etwa in Notfällen – werden sie häufig direkt über eine Vene ins Blut gespritzt oder per Infusion in die Blutbahn geleitet. Sollen sie dagegen langsam in kleinen Dosen oder über einen längeren Zeitraum zugeführt werden, eignen sich Darreichungsformen mit einer verzögerten Wirkstofffreisetzung, zum Beispiel Retard-Tabletten, Wirkstoffpflaster oder Implantate.

Einige Medikamente wie Insulin und viele Impfstoffe müssen per Spritze oder Infusion verabreicht werden, damit die Inhaltsstoffe sich nicht im Verdauungsprozess zersetzen und ihre Wirkung verlieren. Auch der Abbau von Wirkstoffen in der Leber – der First-Pass-Effekt – muss bei der Dosierung beachtet werden.

Generell ist es wichtig, Anweisungen zur Einnahme oder Verabreichung von Medikamenten immer genau zu befolgen. Informationen dazu finden sich im Beipackzettel.

Welche Darreichungsformen gibt es?

Die Darreichungsform eines Medikaments ist abhängig davon, wo, wann und wie lange es im Körper wirken soll. Für Kinder werden einige Medikamente als Saft oder Zäpfchen angeboten, um die Anwendung zu erleichtern.

Fest

Feste Arzneimittel-Darreichungsformen sind zum Beispiel Tabletten und Kapseln. Tabletten ohne Überzug bestehen aus gepresstem Pulver oder Granulat. Filmtabletten sind mit einer Schicht überzogen, die sowohl die Wirkstoffe im Inneren schützt als auch das Schlucken erleichtert. Kapseln haben eine Hülle, die sich im Magen oder Darm auflöst und dann den Wirkstoff freigibt.

Darüber hinaus gibt es Brausetabletten zum Auflösen in Wasser, Kau- und Lutschtabletten sowie Schmelztabletten. Einige Tabletten und Kapseln sind so aufgebaut, dass sie ihre Wirkstoffe langsam über einen längeren Zeitraum abgeben (Retard-Funktion).

Halbfest

Halbfeste Darreichungsformen sind Salben, Cremes und Gele. Eine Salbe ist eine dickflüssige Paste aus Fett, Öl oder Wachs. Cremes sind eine Mischung aus Fett und Wasser und lassen sich leichter verteilen als Salben. Gele enthalten kein Fett, dafür aber viel Wasser und sind besonders leicht aufzutragen. Salben, Cremes und Gele werden auf die Haut (kutan) oder Schleimhäute aufgetragen.

Flüssig

Flüssige Darreichungsformen sind Säfte, Sirupe, Tinkturen, Augen- und Nasentropfen sowie Injektionslösungen. Bei einem Saft sind die Wirkstoffe in der Regel in Wasser gelöst oder die Flüssigkeit selbst ist der Wirkstoff. Ein Sirup ist eine dickflüssige Zuckerlösung, in welcher der Wirkstoff gelöst ist. Für die richtige Dosierung von Saft und Sirup liegt der Packung meistens ein Messlöffel oder -becher bei. Tinkturen sind flüssige Medikamente zum Auftragen. Tropfen können direkt oder mit Wasser gemischt eingenommen oder in Augen, Nase oder Ohren geträufelt werden. Injektions- oder Infusionslösungen sind flüssige Arzneimittel, die per Spritze oder Tropf verabreicht werden.

Die Darreichungsform von Arzneimitteln kann fest, flüssig oder halbfest sein.

Weitere Darreichungsformen

Darüber hinaus gibt es noch viele weitere Darreichungsformen für Arzneimittel:

  • Sprays: zum Inhalieren, zum Beispiel Asthmaspray
  • Pflaster: zur langsamen Wirkstoffabgabe über die Haut, zum Beispiel Nikotin- oder Verhütungspflaster
  • Pulver oder Granulate: zum Auflösen in Wasser, zum Beispiel frei verkäufliche Mittel gegen Erkältungen
  • Zäpfchen: zum Einführen in den After (rektal), zum Beispiel Fieberzäpfchen, oder in die Scheide (vaginal)
  • Puder: zum Streuen auf die Haut, zum Beispiel Mittel gegen Hautinfektionen durch Pilze
Weitere Darreichungsformen von Arzneimitteln sind Sprays, Pflaster, Pulver, Zäpfchen und Puder.

Was sind häufige Anwendungsformen von Arzneimitteln?

Medikamentenwirkstoffe können auf verschiedene Art in den Körper gelangen. Die Anwendung hängt in der Regel von der gewünschten Wirkung ab. Wichtig ist auch, ob der Effekt sofort oder nach und nach eintreten soll.

Oral: im Mund oder über den Mund

Viele Medikamente werden über den Mund eingenommen (oral). Dies können Tabletten oder Kapseln, Tropfen oder Saft sein. Einige wirken direkt im Mund-Rachen-Raum, beispielsweise Halsschmerztabletten. Bei anderen werden die Inhaltsstoffe über die Mundschleimhaut oder später über den Verdauungstrakt aufgenommen und gelangen von dort in den Blutkreislauf.

Buccal und sublingual: über die Mundschleimhaut

Einige Tabletten oder Schmelztabletten werden in die Wangentasche (buccal) oder unter die Zunge (sublingual) gelegt, damit sie sich dort auflösen. Die Wirkstoffe gelangen so innerhalb kürzester Zeit über die Mundschleimhaut ins Blut. Dieser Effekt wird unter anderem bei Beruhigungsmitteln, Schmerzmitteln oder auch Zerbeißkapseln bei Anfällen von Herzenge (Angina Pectoris) genutzt.

Nasal: in der Nase oder über die Nase

Die Anwendung über die Nase (nasal) kommt vor allem bei Erkältungsmitteln zum Einsatz. Dazu gehören abschwellendes Nasenspray oder Tropfen. Die gut durchblutete Nasenschleimhaut eignet sich aber auch für systemische Behandlungen, etwa bei Schmerzattacken, die mit speziellen Nasensprays behandelt werden können. Es gibt zudem Impfstoffe, die nasal verabreicht werden, zum Beispiel ein Grippeimpfstoff für Kinder und Jugendliche.

Aural: im Ohr

Im Ohr (aural) werden vor allem lokal wirksame Tropfen verwendet. Sie können Schmerzen lindern, helfen bei Entzündungen und Juckreiz oder verstopften Gehörgängen.

Kutan: auf der Haut 

Medikamente wie Salben oder Gels werden auf die Haut (kutan) aufgetragen. Einige wirken direkt an der behandelten Stelle (lokal), etwa bei Insektenstichen oder Juckreiz. 

Transdermal: über die Haut 

Einige Medikamente, die auf die Haut aufgebracht werden, wie Nikotinpflaster oder Schmerzmittelpflaster, wirken nicht an der Hautstelle selbst. Der Wirkstoff gelangt über die Haut in die Blutbahn (transdermal). Pflaster geben ihre Wirkstoffe nach und nach ab.

Subkutan: unter die Haut 

Wenn Medikamente unter die Haut (subkutan) in das Unterhautfettgewebe gespritzt werden, gelangen sie langsam in den Blutkreislauf. Auf diese Weise können Medikamente verabreicht werden, die sonst im Magen und Darm zersetzt würden, wie zum Beispiel Insulin, das viele Menschen mit Diabetes benötigen.

Rektal: über den After 

Bestimmte Medikamente wie Zäpfchen oder Einläufe werden über den After (rektal) eingeführt. Einläufe wirken lokal im Darm gegen Verstopfungen. Schmerz- oder Fieberzäpfchen haben dagegen eine systemische Wirkung. Sie lösen sich bei Körpertemperatur auf und geben so ihre Wirkstoffe frei. Diese werden über die Schleimhaut des Enddarms in die Blutbahn aufgenommen und im Körper verteilt.

Intravenös: über die Vene 

Wenn Arzneimittel schnell wirken oder möglichst hohe Wirkspiegel erzielen sollen, können sie in die Vene (intravenös) verabreicht werden. So gelangen sie direkt in den Blutkreislauf. Dies kann bei Schmerzmitteln oder Antibiotika der Fall sein. Die Gabe erfolgt durch medizinisch geschultes Personal und kann per Spritze als Injektion oder per Tropf als Infusion erfolgen.

Inhalativ: in der Lunge oder über die Lunge

Medikamente können als Spray oder feines Pulver eingeatmet (inhaliert) werden. So gelangen etwa die Wirkstoffe von Asthmasprays direkt in die Lunge und werden dort über die Schleimhaut der Bronchien aufgenommen.

Intramuskulär: in den Muskel 

Arzneimittel werden in den Muskel gespritzt (intramuskulär), wenn sie verzögert über einen längeren Zeitraum wirken sollen. Der Effekt nennt sich Depotwirkung. Dies ist zum Beispiel bei Hormonpräparaten zur Verhütung der Fall, die als Dreimonatsspritzen verabreicht werden. Viele Impfstoffe werden ebenfalls in den Muskel gespritzt – in der Regel in den Oberarm oder Oberschenkel.

Vaginal: in der Scheide 

Frauen können Arzneien wie Salben oder Zäpfchen in die Scheide einführen (vaginal). Diese wirken lokal, zum Beispiel bei Scheideninfektionen.

Was ist der First-Pass-Effekt?

Der First-Pass-Effekt beschreibt einen Wirkstoffverlust in der Leber. Er muss bei der Dosierung von Medikamenten berücksichtigt werden.

Der First-Pass-Effekt beschreibt einen Wirkstoffverlust in der Leber und muss bei der Dosierung berücksichtigt werden.

Viele Arzneistoffe gelangen über den Darm in das Blut und anschließend in die Leber. Während dieser ersten Passage (Englisch: „first pass“) durch die Leber werden viele im Blut gelöste Stoffe verändert oder abgebaut. So gelangt von einigen Medikamenten nur ein kleiner Rest der ursprünglichen Dosis in den Blutkreislauf und kann seine Wirkung entfalten. Dieser Anteil wird als Bioverfügbarkeit bezeichnet.

Medikamente mit großem First-Pass-Effekt müssen daher in höherer Dosis gegeben werden. Oder sie werden in einer Form verabreicht, die den First-Pass-Effekt umgeht:

  • rektal (über den After)
  • sublingual (über die Mundschleimhaut)
  • transdermal (durch die Haut)
  • subkutan (unter die Haut)
  • intramuskulär (in den Muskel)
  • nasal (über die Nase)
  • intravenös (über eine Vene)

  • Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG). Gesundheitsinformation.de. Medikamenten-Anwendung. Aufgerufen am 06.09.2022.
  • Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG). Gesundheitsinformation.de. Medikamente zum Auftragen auf die Haut. Aufgerufen am 06.09.2022.
  • Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG). Gesundheitsinformation.de. Medikamente zum Einnehmen. Aufgerufen am 06.09.2022.
  • Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG). Gesundheitsinformation.de. Spritzen, Zäpfchen und weitere Darreichungsformen. Aufgerufen am 06.09.2022.
  • Springer Medizin. Lexikon der Medizinischen Laboratoriumsdiagnostik. First-Pass-Effekt. Aufgerufen am 12.09.2022.

In Zusammenarbeit mit dem Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM).

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