Gesundheitsversorgung Nebenwirkungen von Arzneimitteln
Arzneimittel haben neben ihrer gewünschten Wirkung meist auch Nebenwirkungen. Diese müssen jedoch nicht immer auftreten. Ob es zu Nebenwirkungen kommt, hängt unter anderem von den Eigenschaften des Arzneimittels sowie von individuellen Faktoren der Patientinnen und Patienten ab.
Auf einen Blick
- Nebenwirkungen sind schädliche und unbeabsichtigte Reaktionen auf ein Arzneimittel.
- Es gibt eine Reihe von Faktoren, die einen Einfluss darauf haben, wie gut man ein Arzneimittel verträgt.
- Informationen zu Nebenwirkungen finden sich in der Packungsbeilage.
- Wenn Nebenwirkungen auftreten, insbesondere schwerwiegende, holt man sich am besten ärztlichen Rat ein. Solche Nebenwirkungen sollten auch an die zuständige Behörde gemeldet werden.
- Eine solche Meldung ist wichtig, um den Schutz von Patientinnen und Patienten zu verbessern. Für eine Meldung reicht bereits der reine Verdacht auf eine mögliche Nebenwirkung aus.

Was sind Nebenwirkungen?
Nebenwirkungen sind schädliche und unbeabsichtigte Reaktionen auf ein Arzneimittel. Oft wird auch von unerwünschten Arzneimittelwirkungen (UAW) gesprochen. Nebenwirkungen können bekannt sein oder unvorhergesehen auftreten. Nebenwirkungen sind dann bekannt, wenn sie in der Packungsbeilage beschrieben sind.
Man unterscheidet außerdem zwischen nicht schwerwiegenden und schwerwiegenden Nebenwirkungen. Schwerwiegende Nebenwirkungen sind Nebenwirkungen, die
- tödlich oder lebensbedrohend sind
- eine Aufnahme ins Krankenhaus erforderlich machen oder zu einem verlängerten Krankenhausaufenthalt führen
- zu bleibender oder schwerwiegender Behinderung beziehungsweise zu Invalidität führen
- Geburtsfehler verursachen
Wichtig zu wissen: Die meisten Nebenwirkungen erfüllen nicht die Definition einer schwerwiegenden Nebenwirkung. Meist handelt es sich um leichtere Beschwerden. Dazu gehören beispielsweise vorübergehende Magen-Darm-Probleme oder Hautrötungen.
Wieso kommt es zu Nebenwirkungen?
Arzneimittel enthalten Wirkstoffe oder eine Kombination aus verschiedenen Wirkstoffen. Diese haben unterschiedliche Wirkungen auf den Körper. Arzneimittel werden wegen ihrer erwünschten Wirkung eingenommen. Daneben können auch noch weitere, unerwünschte Reaktionen auf das Arzneimittel auftreten, die Nebenwirkungen.
Nebenwirkungen müssen jedoch nicht immer auftreten. Ob und welche Nebenwirkungen auftreten, hat vielfältige Ursachen. Nebenwirkungen sind zum Beispiel abhängig von der Wirkweise eines Arzneimittels. Bestimmte Nebenwirkungen können auch abhängig von der Dosierung eines Arzneimittels auftreten.
Individuelle Unterschiede wie Alter, Geschlecht, eine genetische Veranlagung oder bestehende Vorerkrankungen spielen ebenfalls eine große Rolle. Zudem können Nebenwirkungen durch Wechselwirkungen mit anderen Arzneimitteln oder Lebensmitteln auftreten. Auch Fehler in der Anwendung können Nebenwirkungen verursachen.
Um das Risiko für Nebenwirkungen zu verringern, ist eine individuelle und sorgfältige Behandlung mit Arzneimitteln wichtig.
Wirkweise des Arzneimittels
Viele Wirkstoffe, die in Arzneimitteln enthalten sind, greifen in komplexe Stoffwechselvorgänge ein. Dabei können neben den gewünschten Wirkungen auch andere Vorgänge oder Organe im Körper beeinflusst werden. Zum Beispiel unterdrückt Kortisol das Immunsystem und dämpft damit allergische Reaktionen oder Autoimmunreaktionen. Das ist die gewünschte Wirkung. Gleichzeitig macht es aber anfälliger für Infektionen mit Krankheitserregern. Das ist eine unerwünschte Wirkung.
Dosierung
Eine zu hohe oder zu häufige Einnahme eines Arzneimittels erhöht das Risiko unerwünschter Effekte. Auch wenn Arzneimittel fehlerhaft angewendet werden, beispielsweise zu einer falschen Zeit oder in einer falschen Form, können Nebenwirkungen entstehen.
Vorerkrankungen
Verschiedene Vorerkrankungen beeinflussen das Risiko für Nebenwirkungen. Beispielsweise kann eine eingeschränkte Leber- oder Nierenfunktion den Abbau oder die Ausscheidung eines Arzneimittels verlangsamen. Das führt dazu, dass im Körper eine größere Menge des Wirkstoffs zurückbleibt. Dadurch können Nebenwirkungen entstehen.
Genetische Veranlagung
Bestimmte Erbanlagen können beeinflussen, wie schnell ein Arzneimittel in der Leber abgebaut wird. Bei einigen Menschen werden Wirkstoffe langsamer abgebaut als bei anderen. Dadurch kann es vermehrt zu Nebenwirkungen kommen.
Unterschiede zwischen den Geschlechtern
Zwischen Männern und Frauen kann es ebenfalls Unterschiede bei der Verstoffwechselung und dem Abbau eines Arzneimittels geben. So sind manchmal je nach Geschlecht unterschiedliche Dosierungen sinnvoll. Solche geschlechtsspezifischen Aspekte finden in der modernen Medizin immer häufiger Berücksichtigung.
Wechselwirkungen
Wechselwirkungen mit anderen Arzneimitteln oder mit Lebensmitteln können ebenfalls zu Nebenwirkungen führen. Wenn man beispielsweise mehrere blutdrucksenkende Arzneimittel zusammen einnimmt, die den Blutdruck über einen ähnlichen Mechanismus beeinflussen, können vermehrt Nebenwirkungen auftreten.
Manche Arzneimittel oder Lebensmittel können auch die Funktion bestimmter Leberenzyme beeinflussen. Diese sogenannten CYP-Enzyme sind an der Verstoffwechselung von Arzneimitteln beteiligt. Zum Beispiel kann Grapefruitsaft den Abbau von Cholesterinsenkern (Statinen) hemmen und dadurch zu Muskelschädigungen führen.
Wo erhält man Informationen zu Nebenwirkungen und deren Häufigkeit?
In der Packungsbeilage (Beipackzettel) und in der Fachinformation für medizinisches Personal werden alle bekannten Nebenwirkungen mit ihrer aktuell bekannten Häufigkeit aufgelistet. Die Angaben zur Häufigkeit erstrecken sich dabei von „sehr häufig“ bis „sehr selten“:
- sehr häufig: mehr als 1 von 10 Personen ist betroffen
- häufig: 1 bis 10 von 100 Personen sind betroffen
- gelegentlich: 1 bis 10 von 1.000 Personen sind betroffen
- selten: 1 bis 10 von 10.000 Personen sind betroffen
- sehr selten: weniger als 1 von 10.000 Personen ist betroffen
Was kann man tun, wenn Nebenwirkungen auftreten?
Die individuelle Ausprägung von Nebenwirkung kann sehr unterschiedlich sein. Wenn es nach der Einnahme eines Medikaments zu leichten, vorübergehenden Beschwerden kommt, kann man zunächst abwarten. Zusätzlich kann man in der Packungsbeilage nachsehen, ob es dort Informationen zu den Beschwerden gibt.
Bei länger anhaltenden oder zunehmenden Nebenwirkungen ist es sinnvoll, professionellen Rat einzuholen – auch wenn die Symptome nur leicht sind. Man kann sich beispielsweise bei Ärztinnen und Ärzten oder in der Apotheke beraten lassen. Bei starken Beschwerden sollte man sich sofort an eine Ärztin oder einen Arzt beziehungsweise an den ärztlichen Bereitschaftsdienst wenden oder im Notfall auch den Notruf 112 wählen.
Wenn man Nebenwirkungen oder den Verdacht auf eine Nebenwirkung meldet, leistet man einen Beitrag dazu, den Einsatz von Arzneimitteln noch sicherer zu machen.
Wie kann man Nebenwirkungen melden?
Medizinisches Personal ist angehalten, Nebenwirkungen zu melden. Aber auch Patientinnen und Patienten selbst können eine solche Meldung vornehmen. Ein entsprechender Hinweis findet sich auch in der Packungsbeilage. Die Meldung kann zum Beispiel an die behandelnde Ärztin oder den behandelnden Arzt, sowie an eine Apotheke gerichtet werden. Die Meldung kann ebenfalls an das pharmazeutische Unternehmen oder an die zuständige Bundesoberbehörde erfolgen. Informationen zur zuständigen Behörde finden sich in der Packungsbeilage.
Am einfachsten können Sie Nebenwirkungen an die zuständige Bundesoberbehörde direkt online unter nebenwirkungen.bund.de melden. Alternativ ist die Meldung von Nebenwirkungen dort auch per Post oder per E-Mail möglich.
Wichtige Angaben
Folgende Angaben sind bei einer Meldung wichtig:
- Informationen zur Person, bei der die Nebenwirkung aufgetreten ist (zum Beispiel Alter und Geschlecht)
- eine Beschreibung der Nebenwirkung
- Angaben dazu, wann nach der Einnahme des Arzneimittels die Nebenwirkung aufgetreten ist
- die eingenommene Dosis und die Wirkstoffbezeichnung sowie der genaue Handelsname des Arzneimittels
- die Chargenbezeichnung des Arzneimittels (ist auf der Verpackung angegeben)
- alle anderen Arzneimittel, die zur gleichen Zeit eingenommen oder auch gespritzt wurden (einschließlich nicht verschreibungspflichtiger Arzneimittel, pflanzlicher Arzneimittel und Verhütungsmittel)
- alle anderen gesundheitlichen Probleme der betroffenen Person, bei der die Nebenwirkung aufgetreten ist
- Kontaktdaten, damit gegebenenfalls noch fehlende Informationen nachgefragt werden können
Weiterführende Informationen über das Meldesystem für Nebenwirkungen finden Sie auf der Website des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM).
Welche Maßnahmen schützen Patientinnen und Patienten?
Nebenwirkungen, die bereits vor der Zulassung eines Arzneimittels in klinischen Prüfungen festgestellt wurden, gehen im Zulassungsverfahren in die Nutzen-Risiko-Bewertung ein. Seltene und sehr seltene Nebenwirkungen, Nebenwirkungen in bestimmten Personengruppen wie zum Beispiel bei Schwangeren, sowie mögliche Wechselwirkungen mit anderen Medikamenten sind jedoch mitunter bei der Zulassung noch nicht bekannt. Auch nach der Zulassung kann es zudem noch neue Erkenntnisse zur Art und zum Ausmaß der bekannten Nebenwirkungen geben.
Arzneimittel werden daher auch nach der Zulassung kontinuierlich auf neue, bisher unbekannte Anwendungsrisiken und Nebenwirkungen überwacht. In Deutschland geschieht das durch die jeweils zuständige Bundesoberbehörde: Also entweder das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM), das Paul-Ehrlich-Institut (PEI) in Zusammenarbeit mit der Europäischen Arzneimittel-Agentur (EMA) oder andere EU-Zulassungsbehörden.
Die Meldung von Nebenwirkungen leistet einen wichtigen Beitrag zur Sicherheit von Arzneimitteln. Neue Erkenntnisse fließen in die fortlaufende Nutzen-Risiko-Bewertung ein. Die Behörden können dann mit geeigneten Maßnahmen schnell und angemessen reagieren.
Zu den möglichen Maßnahmen gehören zum Beispiel:
- eine Anordnung, dass der Hersteller weitere Studien zur Sicherheit des Arzneimittels durchführen muss
- Ergänzungen oder Änderungen in der Packungsbeilage und Fachinformation
- zusätzliches Schulungsmaterial mit Handlungsempfehlungen für Patientinnen und Patienten – erkennbar an dem Aufdruck einer blauen Hand
- Anwendungsbeschränkungen für ein Arzneimittel
Rote-Hand-Briefe informieren Fachkreise
Bis die Packungsbeilage und die Fachinformation aktualisiert sind, kann allerdings Zeit vergehen. Ärztinnen, Ärzte, Apothekerinnen und Apotheker sollten aber möglichst schnell über neue wichtige Erkenntnisse informiert werden. Dafür gibt es die Rote-Hand-Briefe: Sie werden vom Zulassungsinhaber in Abstimmung mit den zuständigen Behörden an die Fachkreise verschickt und informieren über neu aufgetretene Anwendungsrisiken und über Maßnahmen, mit denen diese Risiken gering gehalten werden können.
Der Nutzen muss größer sein als das Risiko
Generell gilt, dass der Nutzen eines Arzneimittels größer sein muss als die Risiken bei einer Anwendung. Wenn der Nutzen sehr groß ist – beispielsweise weil das Arzneimittel die Patientin oder den Patienten von einer Krebserkrankung heilt –, sind stärkere Nebenwirkungen vertretbar. Bei einer Kopfschmerztablette oder einem Hustensaft sollten die Nebenwirkungen hingegen nur sehr gering sein. Dasselbe gilt für Arzneimittel, die zur Verhinderung von Erkrankungen eingesetzt werden, wie zum Beispiel Impfstoffe.
- Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft (AkdÄ). Rote-Hand-Briefe und Informationsbriefe – der Weg von der Entstehung bis zur Versendung an den Empfänger. Arzneiverordnung in der Praxis. 03/2020. Aufgerufen am 07.05.2025.
- Bundesministerium für Justiz. Gesetz über den Verkehr von Arzneimitteln (Arzneimittelgesetz). Stand: 23.10.2024.
- Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM). Arzneimittel. Aufgerufen am 07.05.2025.
- Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM). Risiken melden. Aufgerufen am 07.05.2025.
- Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM), Paul-Ehrlich-Institut (PEI). Online-Meldung von Nebenwirkungen. Aufgerufen am 07.05.2025.
- Mauvais-Jarvis F, Bairey Merz N, Barnes PJ et al. Sex and gender: modifiers of health, disease, and medicine. Lancet 2020. Aufgerufen am 07.05.2025.
- Nguena Nguefack HL, Gabrielle Pagé M, Guénette L et al. Gender Differences in Medication Adverse Effects Experienced by People Living With Chronic Pain. Front Pain Res (Lausanne) 2022. Aufgerufen am 07.05.2025.
- Zhao M, Ma J, Li M et al. Cytochrome P450 Enzymes and Drug Metabolism in Humans. Int J Mol Sci 2021. Aufgerufen am 07.05.2025.
In Zusammenarbeit mit dem Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM).
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