Erkrankungen der Tränenwege
ICD-Codes: H04 Was ist der ICD-Code?
Erkrankungen der Tränenwege umfassen sowohl die Tränendrüsen als auch die tränenableitenden Wege des Tränenapparats. In diesem Beitrag erfahren Sie mehr über die Symptome und die Behandlung einer Verengung der Tränenwege und einer Entzündung der Tränendrüsen.
Auf einen Blick
- Eine Verengung ableitender Tränenwege bezeichnen Medizinerinnen und Mediziner als Tränenwegstenose oder Dakryostenose.
- Dadurch kann die Tränenflüssigkeit nicht mehr ausreichend über die Tränenwege in die Nase abfließen.
- Mit einer angeborenen Tränenwegverengung kommen etwa 6 Prozent der Kinder zur Welt.
- Meist löst sich die Verengung innerhalb der ersten Lebensmonate, wenn sie behandelt wird – vor allem mit Massagen.
- Eine Entzündung der Tränendrüse wird Dakryoadenitis genannt.
- Auslöser können Bakterien, Viren oder eine andere Erkrankung sein. Manchmal ist die Ursache unbekannt.
Hinweis: Die Informationen dieses Artikels können und sollen einen Arztbesuch nicht ersetzen und dürfen nicht zur Selbstdiagnostik oder -behandlung verwendet werden.
Was sind Erkrankungen der Tränenwege?
Zum Tränenapparat gehören die Strukturen im Bereich des Auges und der Nase, die Tränen produzieren und ableiten. Wichtige Strukturen des Tränenapparats sind:
- die (Haupt-)Tränendrüse, die sich in der Augenhöhle seitlich oberhalb des Auges befindet und Tränenflüssigkeit produziert
- ein Tränenpünktchen je Augenlid, das jeweils einen „Abfluss“ für die Tränenflüssigkeit in ein Tränenkanälchen bildet
- die Tränenkanälchen, die die Tränenflüssigkeit in den Tränensack ableiten
- der Tränensack, der die Tränenflüssigkeit auffängt, sammelt und schließlich in die Nasenhöhle leitet
Störungen und Erkrankungen der Tränenwege können:
- angeboren sein, dann spricht man von einer kongenitalen Tränenwegverengung (Dakryostenose)
- durch Bakterien oder Viren verursacht werden; häufig handelt es sich um eine Tränendrüsenentzündung (Dakryoadenitis)
- infolge einer Verletzung entstehen oder wenn ein Fremdkörper ein Tränenkanälchen verstopft
- ohne erkennbare Ursache auftreten, dann spricht man von einer idiopathischen Tränenwegerkrankung
Ungefähr 6 Prozent der Neugeborenen haben eine angeborene Tränenwegverengung. Sie kann aber auch im Lauf des Lebens entstehen, zum Beispiel durch Entzündungen.
Eine Tränendrüsenentzündung kann sowohl nach einer Infektion des Auges oder der Bindehaut auftreten als auch infolge einer anderen Erkrankung wie einer Infektion mit dem Epstein-Barr-Virus – dem Erreger des Pfeifferschen Drüsenfiebers.
Wichtig zu wissen: Während eine akute Tränendrüsenentzündung meist wehtut, treten bei einer chronischen Entzündung der Tränendrüsen in der Regel keine Schmerzen auf.
Welche Symptome treten bei Tränenwegerkrankungen auf?
Die Symptome von Tränenwegerkrankungen sind abhängig von der Ursache und dem betroffenen Bereich. Die Beschwerden können daher sehr unterschiedlich sein.
Anzeichen einer angeborenen Tränenwegverengung
Bei einer angeborenen Verengung der Tränenwege (Dakryostenose) behindert meist eine ungeöffnete Schleimhautmembran das Abfließen von Tränenflüssigkeit durch den Tränennasengang in die Nase. Die Folge ist, dass das Auge häufig oder ständig tränt. Bei leichtem Drücken auf den Tränensack kann es zum Tränenrückfluss und zu einer sichtbaren Absonderung von Sekret kommen.
Wichtig zu wissen: Als seltene Komplikation einer Tränenwegverengung kann sich eine Tränensackentzündung (Dakryozystitis) mit Symptomen wie Schmerzen und Fieber entwickeln. Bei Neugeborenen ist eine akute Entzündung des Tränensacks ein Notfall, der sofort behandelt werden muss.
Anzeichen einer akuten Tränendrüsenentzündung
Eine akute Entzündung der Tränenwege (Dakryoadenitis) wird meist durch eine Infektion verursacht und tritt in der Regel einseitig auf. Sie macht sich durch eine Rötung und eine mitunter starke Schwellung am seitlichen Oberrand der Augenhöhle bemerkbar. Dadurch kann der äußere Bereich des Augenlids nach unten gedrückt werden. Bei einer bakteriell verursachten Entzündung kann es auch zur Eiterbildung kommen.
Weitere mögliche Symptome sind:
- Verkrustungen und Tränenfluss
- Lymphknotenschwellung
- Fieber und Unwohlsein
- eine vorausgehende oder begleitende Bindehautentzündung
Anzeichen einer chronischen Tränendrüsenentzündung
Typisch für eine chronische Entzündung der Tränendrüsen ist eine ein- oder beidseitige Schwellung am seitlichen Oberrand der Augenhöhle, die meist keine Schmerzen bereitet. Diese Schwellung wächst meist langsamer als bei einer akuten Entzündung.
Welche Ursachen haben Erkrankungen der Tränenwege?
Die Ursachen einer Tränenwegerkrankung richten sich nach der Form der Erkrankung – also danach, ob es sich um eine Verengung der Tränenwege oder um eine Entzündung der Tränendrüsen handelt.
Ursachen der angeborenen Tränenwegverengung
Bei einer angeborenen Verengung der Tränenwege (Dakryostenose) liegt die Ursache meist in einer kleinen Klappe im Tränennasengang am Übergang zur Nasenschleimhaut, der sogenannten Hasner-Klappe: Öffnet sich diese Klappe nach der Geburt nicht wie vorgesehen von selbst, dann ist der Tränenabfluss in die Nase behindert oder komplett blockiert.
Ursachen einer akuten Tränendrüsenentzündung
Eine akute Entzündung der Tränendrüsen (Dakryoadenitis) entsteht meist infolge einer Infektion mit Bakterien oder Viren. Die Erreger gelangen entweder über die Bindehaut, über die angrenzende Haut oder durch eine Verletzung in die Tränendrüse. Auch systemische Infektionen, die sich über den Blutkreislauf im Körper ausbreiten, können eine akute Entzündung auslösen. Dazu gehören insbesondere Infektionen mit Influenzaviren, dem Epstein-Barr-Virus, dem Mumpsvirus, dem Varizella-Zoster-Virus, mit bestimmten Bakterienstämmen und – deutlich seltener – mit bestimmten Pilzen.
Ursachen einer chronischen Tränendrüsenentzündung
Eine chronische Entzündung der Tränendrüsen geht oft mit einer anderen chronisch-entzündlichen Erkrankung einher. Dazu gehören etwa die Lungenerkrankung Sarkoidose, die Gefäßerkrankung Morbus Wegener oder die Magen-Darm-Erkrankung Morbus Crohn. Bei vielen Menschen mit chronischer Tränendrüsenentzündung können Ärztinnen und Ärzte aber keine eindeutige Ursache finden.
Wie häufig treten Erkrankungen der Tränenwege auf?
Eine angeborene Tränenwegverengung tritt bei etwa 6 Prozent der Neugeborenen auf und ist die häufigste Ursache für anhaltendes Augentränen bei Säuglingen und Kleinkindern.
Es ist nicht bekannt, wie häufig Tränendrüsenentzündungen auftreten. Sie sind jedoch insgesamt selten und kommen in der Regel bei Kindern, Jugendlichen und jungen Erwachsenen vor.
Eine chronische Entzündung der Tränendrüsen, die mit einer Autoimmunerkrankung wie Morbus Crohn einhergeht, tritt bei Frauen häufiger auf als bei Männern, da generell mehr Frauen Autoimmunerkrankungen haben.
Wie diagnostiziert man Erkrankungen der Tränenwege?
Tränenwegerkrankungen sind in der Regel deutlich zu erkennen: Eine Verengung der Tränenwege (Dakryostenose) äußert sich typischerweise durch wässrige Augen, Augentränen und manchmal auch durch die Absonderung von Sekret. Bei der Tränendrüsenentzündung (Dakryoadenitis) schwillt die Tränendrüse mitunter stark an.
Stellen Ärztinnen und Ärzte bei einer Untersuchung solche Anzeichen fest, können sie bei Bedarf weitere diagnostische Maßnahmen einleiten.
Angeborene Tränenwegverengung
Ärztinnen und Ärzte befragen die Eltern des Kindes nach Auffälligkeiten wie vermehrtem Tränenfluss und untersuchen die Augen des Kindes – auch, um andere Augenerkrankungen auszuschließen. In der Regel lässt sich danach bereits eine Diagnose stellen.
Zur weiteren Abklärung können Ärztinnen und Ärzte einen standardisierten Test zur Beurteilung des Tränenflusses durchführen – zum Beispiel den sogenannten Schirmer-Test. Dabei wird ein Teststreifen aus Lackmuspapier in den Bindehautsack eingehängt, um die produzierte Tränenmenge zu beurteilen. Der Bindehautsack ist eine Schleimhaut. Diese beginnt an der Lidkante des Auges und bedeckt die hintere, dem Augapfel zugewandte Fläche der Augenlider.
Bei Bedarf können sie auch den Rückstau von Tränenflüssigkeit mittels einer kleinen Kanüle untersuchen, die nach örtlicher Betäubung vorsichtig in das Tränenpünktchen des unteren Augenlids eingeführt wird.
Akute und chronische Tränendrüsenentzündung
Bei einer Schwellung der Tränendrüsen, die infolge einer Viruserkrankung auftritt, sind in der Regel keine weiteren Untersuchungen notwendig.
Ärztinnen und Ärzte führen vor allem dann eine erweiterte Diagnostik durch, wenn:
- die Ursache der Tränendrüsenentzündung unklar ist
- nicht eindeutig ist, ob es sich tatsächlich um eine Entzündung der Tränendrüsen oder eine andere Erkrankung handelt
- eine Behandlung nicht den gewünschten Erfolg zeigt
- ältere Erwachsene erkrankt sind
- beide Augen betroffen sind
Mit einer Untersuchung des Blutes lassen sich beispielsweise bestimmte Antikörper nachweisen, die Aufschluss darüber geben, ob eine Autoimmunerkrankung vorliegt.
Bildgebende Verfahren wie die Magnetresonanztomographie (MRT) können eine Vergrößerung oder Veränderung der Tränendrüse sichtbar machen. Eine weitere Möglichkeit ist es, eine Biopsie zu machen, also eine Gewebeprobe zu entnehmen und zu untersuchen.
Wie werden Erkrankungen der Tränenwege behandelt?
Je nach Art der Tränenwegerkrankung unterscheiden sich die Möglichkeiten der Behandlung: Sie reichen von der reinen ärztlichen Verlaufskontrolle über medikamentöse Maßnahmen bis hin zu einem operativen Eingriff.
Behandlung einer angeborenen Tränenwegverengung
Häufig lässt sich bei Neugeborenen die Verengung der Tränenwege (Dakryostenose) innerhalb der ersten Lebenswochen gut lösen. Zur Behandlung einer angeborenen Verengung empfiehlt sich eine gewissenhafte Augenlid-Hygiene und eine regelmäßige Massage der betroffenen Tränenkanäle und, wenn nötig, des Tränensacks. Beides können Eltern nach einer fachkundigen Anleitung selbst durchführen. Meistens kann eine Tränenwegverengung so innerhalb von Wochen oder wenigen Monaten gelöst werden.
Sammelt sich eitriges Sekret im Augenbereich, ist das häufig ein Hinweis auf eine Besiedlung des Tränensacks mit Bakterien. Dann verordnet die Ärztin oder der Arzt zusätzlich Antibiotika, die gegen diese Bakterien wirken.
Besteht die Tränenwegverengung auch noch nach dem sechsten Lebensmonat, untersuchen Ärztinnen und Ärzte die Tränenwege mit einer speziellen Sonde oder Kanüle. Dabei können die Tränenkanäle vorsichtig mit Überdruck gespült werden.
Bleiben Massagen, Medikamente und Spülungen ohne Erfolg, kann ein operativer Eingriff notwendig werden. Dabei schafft die Ärztin oder der Arzt eine Verbindung zwischen der Nasenhöhle und dem Tränensack. Diese ermöglicht es, dass trotz verschlossener Tränenkanälchen Tränenflüssigkeit in den Tränensack abfließt.
Behandlung einer akuten Tränendrüsenentzündung
Eine durch Viren verursachte akute Tränendrüsenentzündung (Dakryoadenitis) heilt in der Regel innerhalb von 4 bis 6 Wochen von allein aus. Sind Bakterien die Ursache der Entzündung, ist es sinnvoll, Antibiotika – also bakterienabtötende Medikamente – einzunehmen. Bildet sich ein eitriger Einschluss (Abszess) kann es notwendig werden, diesen bei einem kleinen Eingriff öffnen zu lassen.
Gegen die Schwellung der Tränendrüse können Ärztinnen und Ärzte Kortikosteroide verschreiben: Das ist eine Medikamentengruppe, die entzündungshemmend wirkt.
Behandlung einer chronischen Tränendrüsenentzündung
Eine chronische Entzündung der Tränendrüsen wird häufig auf eine andere Erkrankung zurückgeführt. Daher ist es wichtig, beide Erkrankungen zu behandeln. Damit die Tränendrüse abschwillt, kommen wie bei der akuten Entzündung Kortikosteroide zum Einsatz.
- DynaMed (Internet), Ipswich (MA). Nasolacrimal Duct Obstruction. EBSCO Information Services. Record No. T113767. Aufgerufen am 09.07.2021.
- Patel R, Patel BC. Dacryoadenitis. [Updated 2021 June 23]. In: StatPearls [Internet]. Treasure Island (FL): StatPearls Publishing; 2021 Jan-. Aufgerufen am 09.07.2021.
- UpToDate (Internet). Approach to the child with persistent tearing. Wolters Kluwer 2018. Aufgerufen am 09.07.2021.
- UpToDate (Internet). Congenital nasolacrimal duct obstruction (dacryostenosis) and dacryocystocele. Wolters Kluwer 2019. Aufgerufen am 09.07.2021.
In Zusammenarbeit mit dem Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG).
Stand: