Mit Resilienz Krisen bewältigen

Einige Menschen erholen sich schnell von Krisen und wachsen sogar daran. Sie besitzen psychische Widerstandsfähigkeit, auch bekannt als Resilienz. In diesem Beitrag erfahren Sie mehr zu diesem Thema und bekommen hilfreiche Anregungen dazu, wie Sie Krisen besser überwinden können.

Auf einen Blick

  • Resilienz bezeichnet die psychische Widerstandsfähigkeit, mit der Menschen Herausforderungen gut bewältigen können.
  • Schutzfaktoren erhöhen die Resilienz, Risikofaktoren verringern sie.
  • Schutzfaktoren sind Stärken wie Problemlösefähigkeit und soziale Kompetenz, aber auch Unterstützung durch die Familie.
  • Risikofaktoren können beispielsweise Diskriminierung, Armut oder eine psychische Erkrankung eines Elternteils sein.
  • Äußere Gegebenheiten wie Krieg oder die soziale Sicherung können ebenfalls die Resilienz beeinflussen.
  • Bestimmte Verhaltensweisen und Denkmuster können dabei helfen, die Resilienz zu stärken und Krisen zu überstehen.

Hinweis: Die Informationen dieses Artikels können und sollen einen Arztbesuch nicht ersetzen und dürfen nicht zur Selbstdiagnostik oder -behandlung verwendet werden.

Ein kleiner Junge sitzt am Küchentisch und dreht sich lachend zu einer Frau um, die sich von der Seite zu ihm gebeugt hat und ihn freundlich anblickt.

Was ist Resilienz?

Kurz gesagt versteht man unter Resilienz eine psychische Widerstandsfähigkeit: Resiliente Menschen können herausfordernde Situationen oder Krisen meist gut bewältigen. Sie nutzen unterstützende Faktoren in ihrer Umwelt – beispielsweise die Familie oder das Gesundheitssystem. Dank dieser Unterstützung und eigener Kompetenzen gelingt es ihnen auf lange Sicht, an Herausforderungen und sogar an traumatischen Erlebnissen zu wachsen. Resiliente Menschen sind dadurch in vielen Situationen zu einem gewissen Grad vor psychischen Erkrankungen geschützt.

Resiliente Menschen können herausfordernde Situationen oder Krisen meist gut bewältigen.

Jede und jeder hat das Potenzial für Resilienz. Dieses Potenzial kann von außen durch unterstützende Faktoren und von innen durch die Entwicklung gesunder Einstellungen und Gedanken gestärkt werden. Resilienz ist also keine unveränderliche Persönlichkeitseigenschaft. Sie ist weder absolut noch unflexibel und kann sich über die Zeit ändern. Darüber hinaus liegt Resilienz nicht nur in der Person, sondern auch in der Umgebung, in der die Person lebt. Politische Systeme können beispielsweise Voraussetzungen schaffen, die Resilienz fördern oder verringern.

Zudem können Menschen in verschiedenen Bereichen unterschiedlich resilient sein. Beispielsweise ist es möglich, dass eine Person sich nach dem unerwarteten Tod eines Elternteils und einer Zeit der Trauer bald wieder erholt und es ihr gelingt, zufrieden weiterzuleben. Nach einem schweren Verkehrsunfall könnte dieselbe Person jedoch starke Ängste entwickeln und eine depressive Phase erleben.

Welche Faktoren spielen bei Resilienz eine Rolle?

Wie resilient ein Mensch in einer Krise ist, hängt vom Verhältnis zwischen Risikofaktoren und Schutzfaktoren ab. Wenn die Schutzfaktoren „stärker” sind als die Risikofaktoren, kann man eine Krise oder sogar eine traumatische Erfahrung gut überstehen.

Schutzfaktor: soziale Ressourcen

Schutzfaktoren in der Außenwelt nennt man soziale Ressourcen. Dazu zählt zum Beispiel ein liebevoller Umgang in der Familie. Auch Werte, die die Gesundheit unterstützen, und Hilfsangebote in der Gesellschaft zählen dazu. Außerdem kann ein erfüllender Beruf eine Ressource sein.

Schutzfaktor: personale Ressourcen

Individuelle, also innere, Schutzfaktoren nennt man personale Ressourcen. Das sind beispielsweise Stärken wie Intelligenz, Kreativität oder eine aktive, kontaktfreudige Persönlichkeit. Auch soziale Kompetenz, Problemlösefähigkeit und Selbstwirksamkeit (der Glaube an sich selbst und die eigenen Fähigkeiten) sind wichtige Resilienzfaktoren. Weiterhin ist eine sichere Bindung zu den Eltern auch für das spätere Leben ein schützender Faktor. Denn eine sichere Bindung ermöglicht Selbstvertrauen, Vertrauen in andere Menschen und in die Welt.

Risikofaktoren

All diese Schutzfaktoren erhöhen also die Resilienz in verschiedenen Bereichen unterschiedlich stark. Innere und äußere Risikofaktoren verringern diese dagegen. Wichtige Beispiele für äußere Risikofaktoren sind Armut, Kindesmissbrauch, psychische Erkrankungen der Eltern, Diskriminierung, Migration oder die Auswirkungen der COVID-19-Pandemie. Innere Risikofaktoren sind zum Beispiel bestimmte Gene, die mit psychischen Erkrankungen zusammenhängen, emotionale Instabilität oder die Tendenz, sich auf Probleme zu fokussieren.

Was beeinflusst noch die Resilienz?

In der Vergangenheit wurde die Verantwortung für die Entwicklung von Resilienz manchmal vollständig einzelnen Menschen zugeschrieben. Dabei hat man jedoch übersehen, dass Resilienz immer auch von äußeren Faktoren beeinflusst wird – sowohl im positiven als auch im negativen Sinn. Im Angesicht von Krieg und anderen traumatischen Ereignissen sinkt die Resilienz aller Betroffenen. Ein Ansatz, der äußere Risiko- und Schutzfaktoren vernachlässigt, greift also zu kurz. 

Die Gesellschaft mit all ihren Institutionen behält die Verantwortung für viele äußere Faktoren, welche die Resilienz aller Menschen beeinflussen. Zum Beispiel liegt es an politischen Entscheidungen, Frieden zu bewahren, Bürgerinnen und Bürgern den freien Zugang zu sozialer Sicherung und Bildung zu ermöglichen sowie Gesundheits- und Sozialsysteme zu erhalten und auszubauen. Politische Entscheidungen auf nationaler und internationaler Ebene und die Qualität der Sozial-, Bildungs- und Gesundheitssysteme beeinflussen die Resilienz aller Menschen.

Wie kann man Krisen gut bewältigen?

Aus jahrelanger Forschung zur Resilienz hat die American Psychological Association (APA) Empfehlungen abgeleitet. Diese können dabei helfen, Krisen und belastende Zeiten besser zu überstehen.

Beziehungen stärken

Beziehungen haben in schwierigen Zeiten einen besonders hohen Stellenwert. Indem man sich mit anderen austauscht, fühlt man sich in einer Krise nicht so allein. Das kann die Resilienz stärken. Eine Möglichkeit besteht auch darin, sich Gruppen anzuschließen. Das kann eine Glaubensgemeinschaft sein, eine Selbsthilfegruppe, ein Sportverein oder ein Chor.

Körperliche und psychische Gesundheit fördern

Sich selbst etwas Gutes zu tun, hilft dabei, anhaltenden körperlichen und geistigen Stress zu reduzieren. Dazu zählen eine gesunde Ernährung, ausreichend Schlaf und regelmäßige Bewegung.

Sich selbst etwas Gutes zu tun, hilft dabei, anhaltenden körperlichen und geistigen Stress zu reduzieren.

Alkohol, Drogen und Medikamente eignen sich hingegen nicht zum langfristigen Abbau von Stress.

Achtsamkeit, Entspannung, Yoga, Gebete oder ähnliche Praktiken können das Wohlbefinden steigern. Es kann helfen, sich auf die positiven Aspekte des Lebens zu konzentrieren und auf Dinge, für die man dankbar ist.

Wichtig zu wissen: Meditative und entspannungsfördernde Maßnahmen sind in einer akuten Krise ab einem bestimmten Anspannungsniveau nicht mehr zu empfehlen. Da sie die Innenbetrachtung verstärken, können sie auch zu einem weiteren Anstieg der Anspannung führen.

Anderen helfen

Anderen zu helfen kann sehr erfüllend sein. Ob Sie Obdachlosen helfen oder einer Freundin – es kann Ihren Selbstwert und Ihre Verbundenheit mit anderen steigern. Damit stärkt es auch Ihre psychische Widerstandsfähigkeit.

Lösungen fokussieren und aktiv werden

Anstatt sich zu lange auf Probleme zu konzentrieren, kann man nach Lösungen suchen. Sie könnten sich fragen: „Was kann ich tun, um dieses Problem zu lösen?” Wenn ein Problem zunächst unüberwindbar erscheint, überlegen Sie sich, was die einzelnen kleinen Schritte in Richtung einer Lösung sein können.

Ziele setzen

Ziele können Orientierung und Motivation hervorbringen. Vielleicht möchten Sie sich fragen, wo Sie in ein bis fünf Jahren gern stehen würden. Das eröffnet eine Perspektive: Was müsste man tun, um das Ziel zu erreichen? Dabei ist es wichtig, sich realistische Zwischenziele zu setzen. Lieber viele kleine, erreichbare Ziele, als ein großes, unerreichbares Ziel.

Persönliche Entwicklung

Sie könnten in einer schwierigen Situation nach Aspekten suchen, die Ihnen eine persönliche Entwicklung ermöglichen. Nach einschneidenden Lebensereignissen haben manche Menschen beispielsweise das Gefühl, dass ihre Beziehungen intensiver geworden sind. Das kann das Selbstvertrauen und die Wertschätzung für das Leben erhöhen.

Hilfreiche Gedanken

Manchmal neigen Menschen dazu, Dinge zu dramatisieren, stark zu verallgemeinern oder zu persönlich zu nehmen. Wenn ein Ereignis überwältigend ist, ist es hilfreich, sich zu erinnern, dass man nicht ohnmächtig ist: Sie haben die Möglichkeit, Ihr Leben zu gestalten. Man kann Ereignisse oft nicht ändern, aber es ist möglich, Gedanken und Reaktionen darauf zu beeinflussen. Diese Fähigkeit wird als Selbstwirksamkeit bezeichnet.

Veränderung akzeptieren

Veränderungen sind Teil des Lebens. Vielleicht sind manche Ziele oder Ideale aufgrund von schwierigen Ereignissen nicht mehr erreichbar. Das zu akzeptieren kann Ihnen helfen, sich auf die Dinge zu konzentrieren, die Sie ändern können.

Aus der Vergangenheit lernen

Vielleicht haben Sie in Ihrem Leben bereits mehrere Krisen überstanden. Denken Sie darüber nach, was Ihnen damals geholfen hat, die Krise zu überwinden. Vielleicht können Sie Ihre vergangenen Erfahrungen in einer aktuellen herausfordernden Situation nutzen.

Hilfe suchen

Manche Menschen haben im Angesicht von Krisen das Gefühl, Ihren Alltag nicht mehr bewältigen zu können oder durch belastende Gefühle stark beeinträchtigt zu sein. Das ist ganz normal und es ist kein Zeichen von Schwäche, sich professionelle Hilfe zu suchen. In einer psychotherapeutischen Beziehung besteht die Chance, gemeinsam Lösungen zu finden. Wichtig ist, dass Sie eine Psychotherapeutin oder einen Psychotherapeuten finden, der oder dem Sie vertrauen. Dann bietet die Psychotherapie viele Möglichkeiten, um Sie auf Ihrem Weg zu unterstützen.

Resilienz-Trainings

Auch Resilienz-Trainings in der Gruppe können die psychische Widerstandskraft steigern. Wirksame Trainings basieren beispielsweise auf Achtsamkeitspraktiken, Methoden der kognitiven Verhaltenstherapie oder einer Kombination daraus. Es gibt Trainingsprogramme für unterschiedliche Alters- und Zielgruppen.

Geprüft durch die Deutsche Gesellschaft für Psychologie (DGPs).

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