Tollwut

Die Viruserkrankung Tollwut ist eine Erkrankung, die nahezu immer tödlich verläuft, sobald Symptome auftreten. In diesem Beitrag erfahren Sie mehr über die Ursache und den Verlauf der Erkrankung sowie über Diagnose- und Therapiemöglichkeiten.

Auf einen Blick

  • Tollwut ist eine Zoonose – also eine Krankheit, die von Tieren auf Menschen übertragen wird.
  • Ursache von Tollwut sind Viren: sogenannte Lyssaviren, zu denen auch das klassische Tollwut- oder Rabiesvirus gehört.
  • Die Krankheit verläuft in drei Stadien: Vorstadium, hirnentzündliches oder lähmendes Stadium (je nach Form) und Endstadium Koma.
  • Wenn sich beim Menschen Symptome zeigen, endet die Krankheit praktisch immer tödlich.
  • Eine vorbeugende Impfung ist verfügbar und wird für bestimmte Personengruppen empfohlen.
  • Behandlung: Reinigen der Wunde sowie eine aktive und passive Impfung so schnell wie möglich nach Kontakt zu Tollwutviren.

Hinweis: Die Informationen dieses Artikels können und sollen einen Arztbesuch nicht ersetzen und dürfen nicht zur Selbstdiagnostik oder -behandlung verwendet werden.

Tollwut: Die Hand eines Mannes hält eine Spritze. In der Spritze befindet sich ein Impfstoff gegen Tollwut. Im Hintergrund steht ein schwarzer Hund.

Was ist Tollwut?

Die Tollwut oder Rabies ist eine Zoonose: eine Infektionskrankheit, die von Tieren auf Menschen übertragen werden kann. Menschen werden gebissen (meist von Hunden) oder der Erreger gelangt über eine Wunde in den Körper bei vorgeschädigter Haut.

Die Bezeichnung „Rabies“ geht auf das lateinische Verb „rabere“ zurück, das so viel bedeutet wie „wüten“, „toben“ oder „toll sein“. Tollwut wird durch sogenannte Lyssaviren ausgelöst. Diese sind darauf spezialisiert, Nervenzellen zu infizieren. Auch das klassische Rabiesvirus gehört zu den Lyssaviren.

Deutschland gilt seit 2008 als tollwutfrei.

Die Infektionskrankheit ist in weiten Teilen der Welt verbreitet. Nur wenige Länder sind frei von Tollwut. In Deutschland und anderen europäischen Ländern konnte die Tollwut bei Wild- und Haustieren (sogenannte terrestrische Tollwut) durch gezielte Maßnahmen aber erfolgreich getilgt werden. Der illegale Import von Haustieren aus nicht tollwutfreien Regionen stellt aber weiterhin ein Risiko dar. In Fledermauspopulationen sind Lyssaviren in Deutschland noch vorhanden.

Symptome: Wie zeigt sich Tollwut?

Die Zeit zwischen der Infektion und dem Ausbruch der Erkrankung (Inkubationszeit) liegt für Tollwut in aller Regel zwischen 3 und 8 Wochen und nur selten unter 9 Tagen. In Einzelfällen können jedoch mehrere Jahre zwischen Infektion und Ausbruch vergehen. Die Dauer hängt auch davon ab, wohin man gebissen wurde. Je näher die Bissstelle am Kopf oder dem Rückenmark liegt, desto kürzer ist die Inkubationszeit.

Der Verlauf einer Tollwut lässt sich bei Menschen in drei Phasen einteilen:

Vorstadium oder Prodromalstadium

Zu Beginn ähnelt die Tollwut einer grippeähnlichen Erkrankung. Patientinnen und Patienten fühlen sich schwach und erschöpft. Sie haben Kopfschmerzen, keinen Appetit, manchen ist übel und sie müssen sich erbrechen. Der Bereich der Eintrittsstelle des Virus ist häufig schmerzempfindlich, brennt und juckt.

Zweites Stadium oder akute neurologische Phase

Im zweiten Stadium greift das Virus die Signalübertragung zwischen den Nervenzellen an. Die Nervenzellen sind übermäßig aktiv und gehen daran zugrunde.

Mediziner unterscheiden in diesem Stadium zwei Formen: Die sogenannte hirnentzündliche (enzephalitische) Form der Tollwut betrifft vor allem das Gehirn. Mit den absterbenden Nervenzellen verlieren Betroffene zunehmend Körperfunktionen. Sie zeigen in diesem Stadium zudem eine ausgeprägte Furcht vor Wasser. Bereits das Hören oder Sehen von Wasser macht unruhig und ängstlich, führt gar zu Krämpfen in der Schluckmuskulatur. Weil zudem mehr Speichel produziert wird, fließt der Speichel aus dem Mund. Manche Betroffene fürchten sich auch vor Zugluft. Die Krämpfe können sich von der Schluckmuskulatur über den ganzen Körper ausbreiten. Die Stimmung wechselt zwischen aggressiv und depressiv.

Die zweite – sogenannte lähmende (paralytische) – Form der Tollwut betrifft vor allem das Rückenmark und die Nerven, die zu den Muskeln und Organen führen. Diese Form drückt sich durch Missempfindungen aus oder durch schwache Muskeln und Lähmungserscheinungen, die ebenso zu Schluckbeschwerden führen können, aber auch die Atemmuskulatur betreffen können.

Endstadium

Im letzten Stadium der Tollwut versagt der Teil des Gehirns, der Funktionen wie Atmung und Blutkreislauf steuert. Erkrankte fallen ins Koma. Der Tod folgt meist aufgrund gelähmter Atem- oder Herzmuskulatur. Auffällig bei Tollwut ist, dass zwischen den ersten Symptomen und dem Tod oft nur wenige Tage liegen.

Infektion: Wie wird die Tollwut von Tier zu Mensch übertragen?

Wenn ein Tier infiziert wurde, vermehren sich die Viren in dessen zentralem Nervensystem. Die Viren gelangen von dort aus auch in den Speichel. Damit können sie, meist durch Bisse, auf den Menschen übertragen werden. Seltener wird die Krankheit übertragen, wenn der Speichel in direkten Kontakt mit Hautverletzungen oder Schürfwunden kommt. Durch unverletzte Haut kann das Virus nicht übertragen werden. Tiere wie Füchse, Hunde und Katzen können bereits 3 bis 10 Tage, bevor bei ihnen Symptome auftauchen, ansteckend sein.

Wichtig zu wissen: Nur Säugetiere können Tollwutviren übertragen – allen voran Hunde, Fledermäuse und Füchse. Auch Dachse, Marder oder Rehe, Weidetiere wie Rinder, Schafe, Ziegen oder Pferde sowie Katzen können mit dem Virus infiziert sein. Die Übertragung des Virus von Mensch zu Mensch ist möglich, aber selten.

Wie häufig tritt Tollwut auf?

Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) schätzt, dass weltweit jährlich rund 59.000 Menschen an Tollwut sterben. Die Dunkelziffer dürfte insbesondere in Asien und Afrika jedoch deutlich höher liegen. 

Daten zur Situation in Europa: 

  • Seit 2008 gilt Deutschland als frei von der terrestrischen (klassischen) Tollwut.
  • Auch Nachbarländer wie die Schweiz, Frankreich oder die Niederlande haben den Status „tollwutfrei“ (frei von terrestrischer Tollwut).
  • Bei Reisen insbesondere nach Afrika, Asien und Südamerika besteht jedoch weiterhin ein Infektionsrisiko durch Bisse von Wildtieren und Hunden.
  • 2019 gab es in Europa 4 dokumentierte Tollwut-Erkrankungen, die infolge einer solchen Urlaubsreise auftraten – alle mit tödlichem Verlauf. 

Wie wird Tollwut diagnostiziert?

Wenn die Ärztin oder der Arzt einen Verdacht auf Tollwut hat, fragt sie oder er zunächst nach der Vorgeschichte: Hat sich die Person in einem Risikogebiet aufgehalten? Hatte sie Kontakt zu Tieren? Wurde sie gebissen? Ist die Person geimpft?

Wenn sich der Verdacht auf Tollwut erhärtet, werden Laboruntersuchungen vorgenommen. Ärzte entnehmen hierzu Blut und Rückenmarksflüssigkeit, um darin Antikörper nachzuweisen, die der Körper produziert, wenn er mit den Erregern in Kontakt kam. Mittlerweile können Labore mit anderen Methoden aber auch die Erbinformation des Virus, die Tollwutvirus-RNA, direkt nachweisen.

Bei allen Fortschritten in der Möglichkeit, eine Tollwut zu diagnostizieren, besteht aber weiterhin das Problem, dass das Virus nur wenig bis gar nicht vom Nervensystem ins Blut ausgeschieden wird. Ein negatives Testergebnis bedeutet also nicht zwangsläufig, dass ein Patient das Virus nicht in sich trägt. Auch deshalb ist die ausführliche Befragung des Patienten durch die Ärztin oder den Arzt für die Diagnosefindung so wichtig.

Wie lässt sich Tollwut vorbeugen?

Großangelegte Impfungen von Haustieren ließen die Übertragungsrate von Tieren auf Menschen bereits stark zurückgehen. Die Impfung von Wildtieren wie Füchsen mittels Impfköder rottete das Virus in weiten Teilen Europas aus.

Gefahr geht aber weiterhin von illegal importierten Tieren oder solchen mit einer unbekannten Herkunft aus. Schon beim Verdacht auf Kontakt mit einem tollwütigen oder tollwutverdächtigen Tier wird das Gesundheitsamt informiert.

Wildlebende Tiere sind meist menschenscheu. Zu Beginn einer Tollwut-Erkrankung verlieren Wildtiere aber oft ihre Scheu vor Menschen. Wenn sonst scheue Tiere dieses Verhalten zeigen, ist besondere Vorsicht geboten. Abstand zu halten, um Bisse zu vermeiden, ist der beste Schutz vor einer Übertragung.

Es ist möglich, sich vorbeugend gegen Tollwut impfen zu lassen. Die Ständige Impfkommission am Robert Koch-Institut empfiehlt die Impfung für:

  • Personen mit beruflichem oder aus anderen Gründen engen Kontakt zu Fledermäusen.
  • Personen, die in Laboren mit Tollwutviren arbeiten.
  • Personen, die in Gebiete reisen, in denen Tollwut vorkommt.

Wie funktioniert eine Impfung?

Im folgenden Video erfahren Sie, wie eine Impfung funktioniert.

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Wie wird Tollwut behandelt?

Früher galt bereits der Biss eines tollwütigen Tieres als Todesurteil. Heute kann man auch noch nach einem Biss durch eine rechtzeitige nachträgliche Impfung (sogenannte postexpositionelle Impfung) das Leben einer gebissenen Person retten. Wenn aber bereits Symptome auftreten, ist es zu spät. Daher ist es extrem wichtig, bei jedem Tollwut-Verdacht sofort zur Ärztin oder zum Arzt zu gehen.

Allgemein gilt für die Behandlung:

  • Erreger aus einer Biss- oder Kratzwunde auswaschen.
  • Die Wunde sofort und ausgiebig mit Wasser und Seifenlösung reinigen.
  • Ist die Wunde tief, kann sie mit einem Katheter gespült werden.
  • Die Wunde sollte aber nicht verätzt oder genäht werden.

Menschen mit Verdacht auf eine Tollwuterkrankung werden sofort in die Intensivstation eines Krankenhauses eingewiesen. Wenn sich nach den Sofortmaßnahmen der Verdacht erhärtet, dass Patienten in Kontakt mit dem Tollwutvirus gekommen sein könnten, muss schnellstmöglich mit einer postexpositionellen Impfung begonnen werden. Wenn diese unverzüglich erfolgt, bietet sie einen nahezu vollständigen Schutz gegen den Ausbruch der Krankheit.

Die Zeit zwischen Kontakt mit dem Virus und dem Ausbruch der Krankheit, die sogenannte Inkubationszeit, kann mehrere Monate dauern, daher macht eine Impfung auch noch später Sinn. Das ist wichtig, wenn beispielsweise der Verdacht auf Tollwut nicht gleich aufkam oder vor Ort der Impfstoff nicht verfügbar ist. Ist die Inkubationszeit hingegen schon fortgeschritten und gelangte das Virus bereits in das zentrale Nervensystem, sodass Patienten Symptome zeigen, ist die Schutzimpfung nicht mehr wirksam.

Tollwutviren lassen sich zunächst kaum im Blut nachweisen. Sie befallen das zentrale Nervensystem, das vom Blut durch die sogenannte Blut-Hirn-Schranke getrennt ist. Diese sonst so wichtige Barriere verhindert, dass das Immunsystem das Virus rechtzeitig „sieht“ und Antikörper entwickeln kann. Das erklärt, warum so viel Zeit zwischen Infektion und Ausbruch vergehen kann. Und es erklärt, warum die Krankheit sich dann so schnell und heftig zeigt: weil die Viren sich hinter der Barriere bereits massiv verbreiten können, bis sie sich dem Immunsystem vor der Barriere zeigen.

Dies führt aber auch dazu, dass Tollwut zu den wenigen Krankheiten gehört, die man auch nach einer Infektion noch durch eine rechtzeitige Impfung verhindern kann. Sobald die Krankheit aber Symptome zeigt, verläuft sie in aller Regel tödlich.

Meldepflicht bei Tollwut

Tollwut ist meldepflichtig. Nach § 6 Abs. 1 Nr. 1 IfSG müssen Ärztinnen und Ärzte dem Gesundheitsamt die Namen von Patientinnen oder Patienten melden, bei denen sie Tollwut vermuten, die daran erkrankt sind oder starben.

Nach § 7 Abs. 1 IfSG müssen sie auch die Namen melden, bei denen sie eine akute Infektion mit dem Rabiesvirus direkt oder indirekt nachweisen konnten.

Nach § 6 Abs. 1 Nr. 4 IfSG wird auch die Verletzung eines Menschen durch ein tollwutkrankes, -verdächtiges oder -ansteckungsverdächtiges Tier sowie die Berührung eines solchen Tieres oder Tierkörpers namentlich gemeldet.

Trifft mindestens eines der Kriterien zu, muss das zuständige Gesundheitsamt innerhalb von 24 Stunden informiert werden. Das Amt informiert dann die Landesbehörde.

Geprüft durch die Deutsche Gesellschaft für Tropenmedizin, Reisemedizin und Globale Gesundheit (DTG).

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