Wochenbettdepression
ICD-Codes: F53 Was ist der ICD-Code?
Ein Stimmungstief nach der Geburt kann einige Tage andauern. Bei einer Wochenbettdepression sind die negativen Gefühle jedoch deutlich stärker als beim „normalen“ Babyblues. Es kommt zu depressiven Symptomen und stark gemischten Gefühlen dem Baby gegenüber.
Auf einen Blick
- Ein Stimmungstief nach der Geburt ist nicht ungewöhnlich.
- Bei einer Wochenbettdepression sind die negativen Gefühle jedoch stärker und halten länger an.
- Für betroffene Mütter kann eine Wochenbettdepression sehr belastend sein.
- Ohne Behandlung besteht das Risiko, dass die Depression chronisch wird.
Hinweis: Die Informationen dieses Artikels können und sollen einen Arztbesuch nicht ersetzen und dürfen nicht zur Selbstdiagnostik oder -behandlung verwendet werden.

Was ist eine Wochenbettdepression?
Für gewöhnlich freuen sich Schwangere auf glückliche Tage und Wochen, die sie nach der Geburt mit ihrem Kind verbringen. Es kommt aber vor, dass nach der Geburt ein Stimmungstief und starke Stimmungsschwankungen auftreten.
Bleibt die niedergedrückte Stimmung, kann das auf eine beginnende Depression hinweisen. Diese Form der Depression nach der Entbindung eines Kindes wird als Wochenbettdepression oder postpartale Depression bezeichnet.
Was ist eine Depression?
Im folgenden Video erfahren Sie, wie sich eine Depression äußert. Wodurch wird sie ausgelöst und welche Behandlungsmöglichkeiten gibt es?
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Wie äußert sich eine Wochenbettdepression?
Eine Wochenbettdepression zeigt die typischen Symptome einer Depression, wie sie auch in anderen Lebensphasen auftreten kann. Der große Unterschied ist, dass Mütter bei einer Wochenbettdepression oft starke Schuldgefühle gegenüber ihrem Baby entwickeln. Sie werfen sich vor, nicht dem Bild einer „guten Mutter“ zu entsprechen, und sind besorgt, weil es ihnen schwerfällt, sich um ihr Baby zu kümmern.
Viele Mütter tun sich schwer, in dieser Situation mit anderen über ihre Gefühle zu sprechen. Schamgefühl und Angst können dazu führen, dass sie sich zunehmend isolieren.
Eine postpartale Depression unterscheidet sich vom „normalen“ Babyblues, der bei fast jeder zweiten Frau nach der Geburt vorkommt. Beim Babyblues kann das Stimmungstief nach der Geburt einige Tage und manchmal auch bis zu zwei Wochen anhalten.
Sehr häufig sind in dieser Zeit Stimmungsschwankungen, Weinen und Reizbarkeit. Für gewöhnlich genügt es, der betroffenen Mutter mit Unterstützung und Verständnis zur Seite zu stehen. Meist vergeht die gedrückte Stimmung dann wieder.

Bei einer postpartalen Depression sind die negativen Gefühle deutlich stärker. Typische Anzeichen für eine Wochenbettdepression sind:
- Stimmungstief (tiefe Traurigkeit, Weinen, Leere, Hoffnungslosigkeit)
- Gleichgültigkeit gegenüber Dingen, die normalerweise Freude bereiten, insbesondere Desinteresse am eigenen Kind
- Ängstlichkeit
- Schlafstörungen
- Appetitlosigkeit
- Konzentrationsstörungen
- Selbstzweifel
- Gedanken an Selbstverletzung oder daran, dem Baby zu schaden
- Schuldgefühle
Erst wenn diese Anzeichen und Gefühle über mehrere Tage anhalten, handelt es sich um eine Depression.
Wie entsteht eine Wochenbettdepression?
Was eine Wochenbettdepression auslöst, ist bisher nicht klar. Einige Theorien gehen davon aus, dass hormonelle Veränderungen im weiblichen Körper eine wesentliche Ursache sind. Es ist jedoch nicht erwiesen, ob das stimmt.
Die Mutterschaft wird oft als natürlich und erfüllend dargestellt. Für viele Mütter ist sie das auch. Die Mutterrolle kann jedoch phasenweise auch schwierig und fordernd sein – sowohl körperlich wie auch seelisch.
Ein weiterer Aspekt ist, dass Frauen oft nicht die Unterstützung und Hilfe bekommen, die sie benötigen. Es ist daher nicht überraschend, wenn manche Mütter sich kurz nach der Geburt überfordert fühlen und auf Probleme mit einer Depression reagieren. Eine Depression kann sich zu jeder Zeit im Leben entwickeln, nicht nur nach einer Geburt.
Es gibt einige Risikofaktoren für eine postpartale Depression. Frauen erkranken häufiger, wenn sie:
- schon einmal psychische Erkrankungen wie Angststörungen oder Depressionen hatten.
- Stress und belastende Lebenserfahrungen während der Schwangerschaft und nach der Entbindung haben.
- partnerschaftliche Probleme haben oder allein leben, unter häuslicher Gewalt leiden und allgemein wenig soziale Unterstützung bekommen.
Wie viele Frauen haben eine Wochenbettdepression?
Bis zu 15 von 100 Frauen erkranken in den ersten drei Monaten nach der Geburt an einer Depression. Etwa die Hälfte von ihnen (8 von 100) entwickelt eine milde bis moderate Form und ungefähr 7 von 100 Frauen erkranken an einer stärkeren Wochenbettdepression.
Wie verläuft eine Wochenbettdepression?
Ohne Behandlung besteht die Gefahr, dass die Depression chronisch wird. In der Regel dauert eine postpartale Depression ohne Therapie meist 4 bis 6 Monate. Manche Symptome können auch nach einem Jahr noch anhalten.
Viele Mütter, die unter einer postpartalen Depression leiden, haben bereits während der Schwangerschaft eine depressive Phase erlebt.
Betroffene Frauen sollten sich behandeln lassen, weil die Depression sonst lange bestehen bleiben kann.
Wie wird eine Wochenbettdepression diagnostiziert?
Für die Diagnose einer Wochenbettdepression ist, wie auch bei einer Depression, ein Gespräch nötig. So kann ein Arzt oder eine Ärztin die Beschwerden erkennen, die auf eine Depression hinweisen.
Um andere Erkrankungen oder Probleme auszuschließen, die ähnliche Symptome hervorrufen können, ist es möglich, auch körperliche Untersuchungen durchzuführen.
Wie wird eine Wochenbettdepression behandelt?
Bei einer leichten Wochenbettdepression können mehr emotionale Unterstützung und praktische Hilfe im Alltag bereits ausreichen. Die unterstützende Person, beispielweise der Vater, sollte sich dabei nicht wertend äußern und kritisieren. Betroffenen Müttern kann es auch helfen, sich mit anderen Müttern auszutauschen. Die Gespräche mit Frauen, die dieselbe Erfahrung gemacht haben, können beispielsweise im Bekanntenkreis oder in Selbsthilfegruppen stattfinden.
Bei einer mittleren oder starken Depression ist medizinische oder psychologische Hilfe wichtig. In diesem Fall empfiehlt sich eine Behandlung durch eine ausgebildete Psychotherapeutin oder einen Psychotherapeuten oder durch geschulte Beratungskräfte. Studien belegen, dass diese Form der Hilfe bei vielen Frauen dafür sorgt, dass es ihnen zumindest etwas besser geht.
Vertiefende Informationen dazu, was bei einer Depression nach einer Geburt helfen kann, lesen Sie unter gesundheitsinformation.de.
Wie kommen andere Frauen und Familien mit einer Depression zurecht?
Frauen mit einer postpartalen Depression fühlen sich schnell sehr einsam. Verstärkt wird dieses Gefühl, wenn sie oft mit dem Baby allein zu Hause sind.
Vielen Frauen kommt es so vor, als hätten sie keine Kontrolle mehr über ihr Leben. Dazu kommt die Angst, dass das Leben nie mehr „normal“ sein wird und sie keine Freude mehr empfinden werden. Viele Frauen berichten auch von sexueller Unlust, was wiederum zu Partnerschaftskonflikten führen kann.
Viele Frauen teilen ihre Gefühle und Ängste nicht einmal mit den Menschen, die ihnen nahestehen. Für einige mag das der richtige Weg sein. Andere Frauen verbauen sich so jedoch die Möglichkeit auf Hilfe. Zusätzliche Unterstützung könnte ihnen aber helfen, schneller wieder Freude am Leben und an ihrem Baby zu bekommen.
Da auch für die Partner erkrankter Frauen diese Zeit sehr schwierig sein kann, benötigen diese vielleicht ebenfalls Unterstützung oder sollten in die Behandlung einbezogen werden.
Es gibt auch Frauen, die allmählich aus einem deprimierten Zustand wieder aufgetaucht sind, indem sie Tag für Tag ums Durchhalten gekämpft haben. Diesen Frauen ist es nach und nach gelungen, auf diesem Weg die Kontrolle über das eigene Leben zurückzugewinnen.
Eine postpartale Depression geht irgendwann vorbei. Wichtig ist, dass Betroffene genügend Unterstützung und Hilfe im Alltag erhalten. Es kann schwierig sein, andere Menschen um Hilfe zu bitten – besonders bei einer Wochenbettdepression und der damit einhergehenden Scham.
Meist gibt es im persönlichen Umfeld aber Menschen oder professionelle Helferinnen und Helfer, die nicht verurteilen, sondern unterstützen. So können Betroffene besser mit der schwierigen Situation zurechtzukommen.
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In Zusammenarbeit mit dem Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG).
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