Antikörpermangel-Erkrankungen

Antikörper sind ein wichtiger Bestandteil des Immunsystems und unverzichtbar bei der Abwehr von Krankheitserregern. Wer ungewöhnlich oft einen Infekt hat, könnte zu wenige Antikörper haben. Wie eine Antikörpermangel-Erkrankung erkannt und behandelt werden kann, lesen Sie in diesem Beitrag.

Auf einen Blick

  • Wenn das Immunsystem zu wenige Antikörper bildet, ist die körpereigene Abwehr gegen Krankheitserreger geschwächt und man ist anfälliger für Infekte.
  • Es gibt verschiedene Formen des Antikörpermangels.
  • Viele Antikörpermangel-Erkrankungen zeigen sich bereits im Säuglingsalter.
  • Die meisten bleiben ein Leben lang bestehen und müssen behandelt werden.
  • Eine Antikörpermangel-Erkrankung lässt sich mit verschiedenen Bluttests feststellen.
  • Die Therapie beinhaltet meist die Gabe von Antikörpern und Antibiotika, um bakteriellen Infektionen vorzubeugen.

Hinweis: Die Informationen dieses Artikels können und sollen einen Arztbesuch nicht ersetzen und dürfen nicht zur Selbstdiagnostik oder -behandlung verwendet werden.

Kleines Mädchen liegt krank auf dem Sofa, die Großmutter pflegt es.

Was ist eine Antikörpermangel-Erkrankung?

Antikörper – auch Immunglobuline (Ig) genannt – sind ein wichtiger Bestandteil des Immunsystems. Sie helfen, den Körper vor Krankheitserregern und anderen körperfremden Stoffen zu schützen, indem sie an diese andocken. So kann das Immunsystem sie leichter erkennen und zerstören. 

Antikörper werden von einer speziellen Gruppe der weißen Blutkörperchen (Leukozyten) produziert – den B-Lymphozyten (B-Zellen). 

Die B-Lymphozyten bilden bei gesunden Menschen fünf verschiedene Arten von Antikörpern: IgA, IgD, IgE, IgG und IgM. 

Die Antikörper sind teilweise auf bestimmte Fremdstoffe spezialisiert oder an manchen Stellen im Körper in sehr großen Mengen vorhanden. Eine Besonderheit ist, dass IgA-Antikörper hauptsächlich auf den Schleimhäuten vorkommen, während man IgG und IgM typischerweise im Blut findet. 

Bei einer Antikörpermangel-Erkrankung werden zu wenige Antikörper gebildet. Dadurch ist das Immunsystem geschwächt und der Körper deutlich anfälliger für Infekte. 

Bei einem Antikörpermangel werden zu wenige Antikörper gebildet. Das schwächt das Immunsystem und erhöht die Infektanfälligkeit.

Es gibt viele verschiedene Formen einer Antikörpermangel-Erkrankung, die unterschiedliche Ursachen haben. Dazu gehören unter anderem: 

  • das variable Immundefektsyndrom, auch CVID genannt: Hier ist die Anzahl von IgG-, IgA- und/oder IgM-Antikörpern zu gering.
  • die X-chromosomale Agammaglobulinämie: Das ist ein angeborener Immundefekt, bei dem alle Antikörperarten nur in sehr geringen Mengen vorhanden sind.
  • das Hyper-IgM-Syndrom: Hierbei sind zu wenige IgA- und IgG-Antikörper und gleichzeitig eine normale oder zu hohe Zahl von IgM-Antikörpern vorhanden.
  • die transiente Hypogammaglobulinämie: Dieser zeitlich begrenzte Mangel an Antikörpern bei Babys oder Kleinkindern entsteht, wenn ihr Immunsystem verzögert reift.

Was sind Antikörper?

Das folgende Video erklärt, was Antikörper sind und welche Aufgaben sie haben.

Dieses und weitere Videos gibt es auch auf YouTube

Jetzt ansehen

Es gelten die dort bekanntgegebenen Datenschutzhinweise.

Wie zeigt sich eine Antikörpermangel-Erkrankung?

Das Hauptmerkmal einer Antikörpermangel-Erkrankung ist eine erhöhte Anfälligkeit für Infekte. Menschen mit Antikörpermangel sind also ungewöhnlich oft krank.

Die Infektanfälligkeit kann den ganzen Körper betreffen. Es können häufiger Infektionen der Atemwege, der Mandeln, des Magen-Darm-Trakts, der Haut, der Harnwege sowie Mittelohrentzündungen auftreten. 

Was sind die Ursachen für eine Antikörpermangel-Erkrankung?

Ein Mangel an Antikörpern kann aus unterschiedlichen Gründen entstehen. Bei manchen Erkrankungen ist er nur vorübergehend – beispielsweise bei der transienten Hypogammaglobulinämie, die durch eine zu langsame Reifung des kindlichen Immunsystems entsteht.

Andere Antikörpermangel-Erkrankungen bleiben ein Leben lang bestehen – sie sind also chronisch. Ihre Ursache ist meist ein bleibender Fehler im Immunsystem: zum Beispiel eine verringerte Anzahl oder das komplette Fehlen von B-Lymphozyten, die die Antikörper produzieren. 

Eine andere Möglichkeit ist, dass die B-Lymphozyten sich nicht vollständig entwickeln. Sie sind dann nicht in der Lage, alle fünf Antikörperarten herzustellen – also IgA, IgD, IgE, IgG und IgM. Dadurch kann es zu einem Mangel an bestimmten Antikörperarten kommen, zum Beispiel kann nur IgA fehlen.

Ursachen für einen Antikörpermangel können sein: eine verzögerte Reifung des Immunsystems, ein Fehler im Immunsystem, eine unvollständige Entwicklung der B-Zellen.

Wie es zu diesen Fehlern in der Antikörperproduktion kommt, ist für die meisten Antikörpermangel-Erkrankungen nicht bekannt. Für einige Erkrankungen konnte jedoch eine Ursache in der Erbinformation – den Genen – gefunden werden. Zum Beispiel weiß man, dass der Antikörpermangel bei einem Teil der Menschen mit dem variablen Immundefektsyndrom genetisch bedingt ist. 

Bei Menschen mit der X-chromosomalen Agammaglobulinämie liegt immer eine genetische Ursache zugrunde: Ein fehlerhaftes Gen auf einem X-Chromosom ist dafür verantwortlich, dass die B-Lymphozyten nicht heranreifen und daher nicht genügend Antikörper herstellen können. Da Frauen zwei X-Chromosomen haben, wird ein defektes Gen auf einem X-Chromosom bei ihnen durch ein zweites intaktes Gen ausgeglichen. Männer haben nur ein X-Chromosom. Deshalb tritt diese Erkrankung nur bei Jungen und Männern auf.

Wie viele Menschen haben eine Antikörpermangel-Erkrankung?

Unter den bekannten Immundefekten ist ein Antikörpermangel die häufigste Erkrankung. Von allen Neugeborenen hat etwa eines von 12.000 eine Antikörpermangel-Erkrankung.

Die häufigste Form des Antikörpermangels ist das variable Immundefektsyndrom, das bei circa einer von 50.000 Personen vorkommt. 

Bis auf die X-chromosomale Agammaglobulinämie kommen die meisten Antikörpermangel-Erkrankungen bei Frauen und Männern ungefähr gleich oft vor. 

Wann tritt eine Antikörpermangel-Erkrankung auf und wie verläuft sie?

Je nachdem, um welche Form des Antikörpermangels es sich handelt, zeigt sich die Erkrankung schon früh oder erst später im Leben.

Die meisten Antikörpermangel-Erkrankungen treten innerhalb des ersten Lebensjahrs in Erscheinung. Die häufigste Form – das variable Immundefektsyndrom – macht sich erst später bemerkbar, meist in der Jugend oder dem jungen Erwachsenenalter. Die transiente Hypogammaglobulinämie bei Kleinkindern ist ein Sonderfall: Sie verschwindet von allein, wenn das Immunsystem ausgereift ist. 

Die anderen Erkrankungsformen bleiben ein Leben lang bestehen und müssen regelmäßig behandelt werden, um schwere Infektionen wie eine Blutvergiftung (Sepsis) zu verhindern. 

Manchmal besteht die Möglichkeit, den Antikörpermangel mit einer Stammzelltransplantation – also der Gabe von Blutstammzellen – zu heilen. Dann ist ein weitgehend normales Leben möglich. 

Wie stellen Ärztinnen und Ärzte eine Antikörpermangel-Erkrankung fest?

Wenn jemand sehr oft Infekte hat, kann das auf einen Antikörpermangel hindeuten.

Bei kleinen Kindern sind häufige Infekte nicht ungewöhnlich, manche sind bis zu 15-mal pro Jahr krank. Mit zunehmendem Alter nimmt die Infektanfälligkeit in der Regel ab. Bei Erwachsenen gelten mehr als drei Infekte pro Jahr als ungewöhnlich viel. 

Besteht ein Verdacht auf eine Antikörpermangel-Erkrankung – weil jemand zum Beispiel sehr oft krank ist –, lassen sich die Funktion und die Zusammensetzung des Immunsystems mit verschiedenen Bluttests ermitteln. Zum Beispiel können Fachleute im Labor bestimmen, welche und wie viele Antikörper vorhanden sind und wie aktiv sie sind. 

Bei einigen Antikörpermangel-Erkrankungen ist bekannt, welcher Genfehler dafür verantwortlich ist. Hier kann ein Gentest eine sichere Diagnose liefern.

Wichtig zu wissen: Ein Antikörpermangel kann auch Symptom anderer Erkrankungen sein. Daher ist es wichtig, diese als mögliche Ursache auszuschließen, bevor die Diagnose gestellt wird. 

Wie wird eine Antikörpermangel-Erkrankung behandelt?

Zur Behandlung der meisten Antikörpermangel-Erkrankungen werden Antikörper – auch Immunglobuline genannt – von gesunden Menschen gegeben.

Zur Behandlung eines Antikörpermangels kommen in der Regel Plasma- und Blutspenden gesunder Menschen zum Einsatz.

Diese Antikörper stammen aus Plasma- und Blutspenden. Nach spezieller Aufbereitung werden sie alle paar Wochen entweder unter die Haut gespritzt oder über eine Vene gegeben. Diese Therapie kann die Erkrankung zwar nicht heilen, aber das Immunsystem vorübergehend stärken und damit das Infektionsrisiko senken. 

Zum Schutz vor bakteriellen Infektionen können Breitband-Antibiotika zum Einsatz kommen. Das sind Wirkstoffe, die gegen viele verschiedene Arten von Bakterien helfen. Vorbeugend werden sie in der Regel aber nur eingesetzt, wenn die Infektanfälligkeit stark ausgeprägt ist und ein erhöhtes Risiko für schwere Infektionsverläufe besteht.

Für bestimmte Formen der Antikörpermangel-Erkrankung empfehlen Ärztinnen und Ärzte unter Umständen eine Transplantation von Blutstammzellen (Stammzelltransplantation).

Bei dieser Therapieform gibt es eine Aussicht auf vollständige Heilung. Die Behandlung bringt jedoch größere Risiken mit sich. Die Entscheidung für eine Stammzelltransplantation sollte daher gut mit der Ärztin oder dem Arzt abgewogen werden. Voraussetzung ist zudem, dass sich eine passende Spenderin oder ein passender Spender findet. 

Wo findet man Unterstützung im Umgang mit der Erkrankung?

Eine lebenslange Antikörpermangel-Erkrankung kann sehr belastend sein, auch für Angehörige. Selbsthilfegruppen unterstützen dabei, besser mit der Erkrankung umzugehen. 

Auf der Website der Nationalen Kontakt- und Informationsstelle zur Anregung und Unterstützung von Selbsthilfegruppen (NAKOS) können Sie über eine Datenbank geeignete Selbsthilfe-Angebote finden.

In Zusammenarbeit mit dem Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG).

Stand:
Fanden Sie diesen Artikel hilfreich?