Botulismus

Botulismus ist eine seltene, aber lebensbedrohliche Vergiftung durch das Botulinum-Nervengift. Dieses Gift wird von Clostridien gebildet. Zu Botulismus kommt es meist durch den Verzehr von Lebensmitteln, die mit diesen Bakterien oder ihren Sporen belastet sind – darunter Eingemachtes, Wurst und Honig. 

Auf einen Blick

  • Botulismus ist eine Vergiftung durch Botulinum-Nervengift (Botulinum-Neurotoxin).
  • Das Botulinum-Nervengift wird von Bakterien aus der Gruppe der Clostridien produziert.
  • Die Krankheit wird meist durch den Verzehr von selbst hergestellten Lebensmitteln ausgelöst, in denen sich Clostridien angesiedelt haben.
  • Typisch für eine Vergiftung sind Lähmungserscheinungen, die auf die Atemmuskulatur übergreifen und zum Tod führen können.
  • Jeder Verdacht muss rasch im Krankenhaus mit einem Gegengift behandelt werden. 
  • Botulismus ist hierzulande selten: In Deutschland erkranken pro Jahr im Durchschnitt 5 Menschen.

Hinweis: Die Informationen dieses Artikels können und sollen einen Arztbesuch nicht ersetzen und dürfen nicht zur Selbstdiagnostik oder -behandlung verwendet werden.

Frisches Gemüse in Einweckgläsern.

Was ist Botulismus?

Botulismus ist eine Vergiftung durch das Botulinum-Nervengift, auch Botulinum-Neurotoxin genannt. 

Hauptproduzent des Botulinum-Nervengifts ist die Bakterienart Clostridium botulinum. Die Bakterien und ihre Sporen sind in der Natur weit verbreitet; sie kommen in Böden und Gewässern vor. Keimen die Sporen aus, wachsen die Bakterien heran und setzen das Gift frei.

Botulinum-Neurotoxin ist eines der stärksten bekannten Gifte überhaupt. Bereits winzige Mengen können tödlich wirken. 

Botulismus ist eine Vergiftung durch das Botulinum-Nervengift. Das Gift ist eines der stärksten bekannten Gifte überhaupt.

Formen von Botulismus

Es gibt sechs Formen von Botulismus:

  • Lebensmittelbotulismus: Er kommt am häufigsten vor und wird ausgelöst, wenn man Lebensmittel verzehrt, in denen sich Clostridien angesiedelt haben.
  • Wundbotulismus: Diese Form entsteht zumeist, wenn Sporen der Bakterien in Wundbereiche gelangen, wo sie dann auskeimen.
  • Säuglingsbotulismus: Er kann bei Säuglingen unter einem Jahr auftreten, da das Magenmilieu noch nicht so sauer wie bei Erwachsenen ist und die Darmflora noch nicht voll ausgebildet ist. Säuglingsbotulismus wird häufig mit dem Verzehr von Honig in Verbindung gebracht.
  • Inhalationsbotulismus: Kann bei Labormitarbeitenden auftreten.
  • Iatrogener Botulismus: Diese Vergiftung entsteht durch die (versehentliche) Überdosierung oder falsche Verabreichung bei der therapeutischen oder kosmetischen Anwendung, dem „Botoxen“.
  • seltene Sonderformen: Wenn Vorerkrankungen des Darms bestehen, können die Erreger auch bei Erwachsenen den Darm befallen.

Erkrankungszahlen in Deutschland

Botulismus ist in Deutschland meldepflichtig. Hierzulande erkranken durchschnittlich 5 Menschen pro Jahr. Botulismus ist nicht von Mensch zu Mensch übertragbar.

Welche Symptome zeigen sich bei Botulismus?

Die Symptome bei Botulismus sind abhängig davon, wie viel Botulinum-Nervengift in den Körper gelangt ist und wie lange es dort bereits wirkt.
Zu den typischen Symptomen einer Vergiftung mit Botulinum-Neurotoxin gehören:

  • Mundtrockenheit
  • Übelkeit, Erbrechen, Durchfall
  • Erweiterte Pupillen
  • Lähmungserscheinungen der Augenmuskulatur: Nahsehstörung, Doppeltsehen
  • Lähmungen der Rachenmuskulatur: Schluckstörung, Stimmstörung wie Heiserkeit, Sprachstörung
  • Lähmungen der Muskulatur, mit entsprechender Schwäche der Extremitäten und des Nackens, im Verlauf generalisierte Schwäche
  • Lähmung der Atemmuskulatur mit lebensgefährlicher Atemschwäche
  • Ist die Muskulatur des Schlunds betroffen, kann der Hustenschutzreflex versagen. Mageninhalt kann in die Lunge geraten und zu einer Lungenentzündung führen.
  • Erreicht die Lähmung die Darmmuskulatur, kann eine Verstopfung bis hin zum Darmverschluss die Folge sein.

Symptome bei Wund- und Säuglingsbotulismus

  • Bei Wundbotulismus kann die Wundinfektion zu Fieber führen.
  • Säuglingsbotulismus führt neben Symptomen wie Kurzatmigkeit, Verstopfung, Schluckstörungen und Trinkschwäche auch zu allgemeiner Muskelschwäche, schlaffen Lähmungen sowie zu einer Verzögerung der körperlichen Entwicklung.

Was verursacht Botulismus?

Botulismus wird verursacht vom Botulinum-Nervengift (Botulinum-Neurotoxin). 

Dieses Gift ist ein Produkt des Stoffwechsels von Bakterien aus der Gruppe der Clostridien. Hauptproduzent ist das Bakterium Clostridium botulinum. 

Clostridien wachsen unter anaeroben Bedingungen, also in einer Umgebung ohne Sauerstoff. Deswegen sind Konserven, Eingemachtes und luftdicht eingeschweißte Lebensmittel häufige Quellen. Clostridien bilden Sporen, die unter Sauerstoffabschluss auskeimen und zu giftbildenden Bakterien heranwachsen.

Clostridien und ihre Sporen sind weltweit verbreitet und kommen in Böden, Gewässern und Agrarprodukten vor. 

Die Sporen sind sehr widerstandsfähig. Sie können lange Zeit in diesem Entwicklungsstadium überleben und noch Jahre später auskeimen.

Interessant zu wissen: Das Bakterium Clostridium botulinum ist verwandt mit dem Bakterium Clostridium tetani. Letzteres bildet ein Nervengift, welches Tetanus (Wundstarrkrampf) verursacht. Während das Botulinum-Nervengift Lähmungen erzeugt, führt das Tetanus-Nervengift zu Muskelkrämpfen. 

Wer ist besonders gefährdet, Botulismus zu bekommen?

Grundsätzlich können alle Menschen Botulismus bekommen, wenn Clostridien in den Magen-Darm-Trakt oder den Blutkreislauf gelangen. 

Es gibt aber einige Menschen, für die ein besonderes Risiko besteht:

  • Säuglingen unter 12 Monaten fehlt das saure Magenmilieu Erwachsener, um die Clostridien und deren Sporen abzutöten. In Honig können Sporen vorkommen, die im Darm der Kinder auskeimen und Säuglingsbotulismus auslösen.
  • Drogenkonsumierende: Nach Injektionen unter die Haut kann sich ein Wundbotulismus entwickeln.
  • Hausschlachter: Selbsthergestellte eingemachte Wurstwaren verursachen in Deutschland die überwiegende Mehrheit der Vergiftungen mit Botulinum-Nervengift.

 

Für einige Bevölkerungsgruppen besteht ein erhöhtes Risiko an Botulismus zu erkranken: Säuglinge unter 12 Monaten, Drogenkonsumierende und Hausschlachter.

Wie lässt sich Botulismus vorbeugen?

Es gibt keinen zugelassenen Impfstoff gegen das Botulinum-Nervengift. Die wichtigste Vorbeugemaßnahme ist, auf Lebensmittelhygiene zu achten. 

Das Risiko, sich durch den Verzehr von industriell gefertigten Produkten zu vergiften, ist in Deutschland aufgrund der geltenden Lebensmittel- und Hygienevorschriften sehr gering.

Hierzulande kommt es meistens zu Botulismus durch selbst hergestellte und eingemachte Lebensmittel, die mit Clostridien oder ihren Sporen belastet sind. 

Um das zu vermeiden, ist es wichtig, Lebensmittel sachgerecht herzustellen, zu verarbeiten und zu lagern. Vor allem sollte man darauf achten, die Speisen lange genug zu garen, um sie auch im Innern ausreichend zu erhitzen. Nur so lassen sich die Sporen abtöten. Durch Einfrieren gelingt das hingegen nicht. 

Wärmt man Speisen auf, ist es wichtig, sie für einige Minuten bei einer Temperatur von über 85 Grad zu erhitzen.

Wichtig zu wissen: Das Botulinum-Neurotoxin wird bei Temperaturen über 85 Grad zerstört, die Bakterien-Sporen sterben bei Temperaturen über 120 Grad. Feuchte Hitze ist wirksamer als trockene.

Weitere Informationen dazu, wie man sich vor Botulismus durch Lebensmittel schützen kann, finden Sie in der Verbraucher-Broschüre des Bundesinstituts für Risikobewertung (BfR).

Wie wird Botulismus diagnostiziert?

Zu Beginn zeigt sich Botulismus mit unspezifischen Symptomen. Das erschwert eine frühe Diagnose. Die frühen Symptome wie Mundtrockenheit und Magen-Darm-Beschwerden kommen auch bei anderen Vergiftungen und Infektionen vor. Bei Lähmungen müssen andere neurologische Erkrankungen ausgeschlossen werden. Wenn Beschwerden bei mehreren Personen auftreten, die gemeinsam gegessen haben, ist das ein starker Hinweis.

Um den Verdacht auf Botulismus zu bestätigen, muss so schnell wie möglich Blut in speziell dafür ausgestattete Labore versandt werden.
Bei Lebensmittelbotulismus ist der Nachweis im Blut nach 48 Stunden nicht mehr möglich. Wenn Lebensmittel als Verursacher infrage kommen, können Speisereste auf Spuren des Giftes untersucht werden. 

Weitere Untersuchungen

Neben Blutproben und Speiseresten untersuchen Ärztinnen und Ärzte:

  • den Mageninhalt/Erbrochenes
  • Stuhl: bei Säuglings- und lebensmittelbedingtem Botulismus
  • Abstriche von Wunden: bei Wundbotulismus
  • Spülung der Bronchien: bei Inhalationsbotulismus
  • Abstrich der Nasenschleimhaut: bei Inhalationsbotulismus

Wie behandelt man Botulismus?

Bereits bei Verdacht auf Botulismus veranlassen Ärztinnen und Ärzte eine Überweisung ins Krankenhaus, um die betroffene Person intensivmedizinisch zu überwachen und zu behandeln.

Die durch das Gift verursachten Lähmungen können sich ausbreiten und auf die Atemmuskulatur übergreifen. Unbehandelt kann eine Atemlähmung zum Tod führen. Daher ist Botulismus immer ein Notfall.

Behandlung mit Gegengift

Im Krankenhaus erhalten die Patientinnen und Patienten ein Gegengift. Das Gegengift muss rasch gegeben werden. Ärztinnen und Ärzte verabreichen es daher meist, ohne das Laborergebnis abzuwarten. 

Der Grund dafür ist, dass das Botulinum-Nervengift im Inneren der Nervenzellen wirkt. Dort unterbindet es die Ausschüttung des Botenstoffs Acetylcholin, der die Signale von Nerven- auf Muskelzellen überträgt. 

Das Gegengift kann nur das Botulinum-Nervengift unschädlich machen, welches sich noch im Blutkreislauf befindet. Sobald sich das Gift in den Nervenzellen befindet, kann das Gegengift nicht mehr wirken. 

Wichtig zu wissen: Weil das Gegengift das Nervengift in den Zellen nicht mehr erreicht, ist eine Behandlung mit Gegengift nur sinnvoll, wenn sie früher als 48 Stunden nach Aufnahme des Giftes erfolgt.

Weitere Behandlungsmaßnahmen

  • Magenspülung: Spült ungebundenes Gift aus. Das ist nur bis maximal 2 Stunden nach Giftaufnahme sinnvoll.
  • Ist die Darmmuskulatur noch nicht betroffen, können Abführmittel oder Aktivkohle gegeben werden.
  • Wenn die Darmmuskulatur gelähmt ist oder die Verstopfung anhält, erhalten Betroffene Mittel zur Unterstützung der Darmbewegung.
  • Cholinesterase-Hemmer: Sie verhindern, dass die geringen Mengen an Botenstoff, die noch ausgeschüttet werden, abgebaut werden.
  • Bei Wundbotulismus töten Antibiotika noch vorhandene Bakterien. Allerdings enthalten die zerstörten Bakterienzellen noch Gift, welches sie freisetzen können. Daher wird gleichzeitig mit dem Antibiotikum immer auch Gegengift verabreicht.

Das bereits aufgenommene Gift kann lange in den Nervenzellen bleiben: Es kann Monate dauern, bis die Signalübertragung zwischen Nerven- und Muskelzelle wieder voll hergestellt ist. Zu bleibenden Schäden kommt es in der Regel aber nicht.

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  • Rosow LK, Strober JB. Infant Botulism: Review and Clinical Update. Pediatric Neurology 2015. 52(5):487-92. doi: 10.1016/j.pediatrneurol.2015.01.006. Aufgerufen am 01.08.2024.

Geprüft durch die Deutsche Hirnstiftung e.V.

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