EHEC-Erkrankung
ICD-Codes: A04.3 D59.3 Was ist der ICD-Code?
Eine Infektion mit EHEC-Bakterien kann zu schweren Durchfällen führen. Ursache ist meist der Verzehr verunreinigter Lebensmittel oder ein enger Kontakt zu Tieren, die EHEC natürlicherweise im Darm tragen. Verläuft die Erkrankung schwer, sind Komplikationen wie ein akutes Nierenversagen möglich.
Auf einen Blick
- EHEC steht für enterohämorrhagische Escherichia coli. Das sind Bakterien, die vor allem im Darm von Wiederkäuern wie Kühen und Schafen vorkommen.
- Beim Menschen können EHEC-Bakterien Durchfall und auch schwere Komplikationen wie ein akutes Nierenversagen hervorrufen.
- Eine Ansteckung mit EHEC erfolgt meist über verunreinigte Lebensmittel oder Kontakt mit Gegenständen oder Tieren, die mit Kotspuren behaftet sind.
- Eine mögliche schwere Komplikation ist das hämolytisch-urämische Syndrom (HUS). Es tritt insbesondere bei Kleinkindern auf.
- Mit einer sorgfältigen Hand- und Küchenhygiene kann man Infektionen vorbeugen.
Hinweis: Die Informationen dieses Artikels können und sollen einen Arztbesuch nicht ersetzen und dürfen nicht zur Selbstdiagnostik oder -behandlung verwendet werden.
Was ist eine EHEC-Erkrankung?
EHEC ist die Abkürzung für enterohämorrhagische Escherichia coli. Das ist eine stark krankmachende Gruppe von Kolibakterien.
Manche Kolibakterien sind normale Bewohner des menschlichen Darms. EHEC-Bakterien hingegen leben natürlicherweise im Darm von Wiederkäuern wie Kühen, Schafen oder Rehen. EHEC sind in der Lage, Giftstoffe (Toxine) zu produzieren, die beim Menschen zu schweren Erkrankungen führen können.
EHEC-Infektionen können unbemerkt bleiben, aber auch mit schweren Durchfällen einhergehen. Eine mögliche, aber seltene Komplikation ist das hämolytisch-urämische Syndrom, auch HUS genannt. Dabei kommt es unter anderem zu akutem Nierenversagen. Ein HUS besteht meist nur kurzfristig und bildet sich später wieder zurück. Bei einem Teil der Erkrankungen sind Spätfolgen möglich.
Welche Symptome treten bei einer EHEC-Erkrankung auf?
Eine EHEC-Infektion kann ganz ohne Symptome, aber auch sehr schwer verlaufen und zu Komplikationen führen.
In der Regel treten 2 bis 10 Tage nach der Ansteckung die ersten Beschwerden auf. Die meisten Erkrankungen äußern sich durch wässrigen Durchfall mit Übelkeit, Erbrechen, Bauchschmerzen und selten Fieber.
Erkrankung mit schwerem Verlauf
Bei 10 bis 20 von 100 Erkrankten wird aus dem wässrigen ein blutiger Durchfall mit krampfartigen Bauchschmerzen und manchmal Fieber. Das betrifft vor allem Säuglinge, Kleinkinder, ältere Menschen und Personen mit einer Abwehrschwäche.
Erkrankung mit Komplikationen
5 bis 10 von 100 der erkrankten Menschen entwickeln 5 bis 12 Tage nach den ersten Durchfällen ein hämolytisch-urämisches Syndrom (HUS). Betroffen sind vor allem Kinder. Beim HUS kommt es zu einer Zerstörung von roten Blutkörperchen und einem akuten Nierenversagen. Dadurch sammeln sich giftige Stoffwechselprodukte im Blut an (Urämie). Außerdem werden die Blutplättchen zerstört, was zu einer Beeinträchtigung der Blutgerinnung führt.
Was verursacht eine EHEC-Erkrankung?
Auslöser der EHEC-Erkrankung ist eine Infektion mit enterohämorrhagischen Escherichia coli (EHEC)-Bakterien. Das Wort „enterohämorrhagisch“ bedeutet sinngemäß, dass durch den stark entzündeten Dickdarm blutige Durchfälle auftreten.
Es handelt sich bei EHEC um eine Art von Kolibakterien, die bestimmte Giftstoffe (Toxine) produzieren. Diese werden Shiga- oder Vero-Toxine genannt. Giftstoffproduzierende EHEC-Bakterien können verschiedenen Untergruppen angehören. Die Untergruppe, die weltweit am häufigsten zu schweren Erkrankungen beim Menschen führt, ist O157.
EHEC-Bakterien besiedeln natürlicherweise den Darm von Wiederkäuern wie Kühen, Ziegen, Schafen oder Rehen. Sie scheiden die Bakterien mit dem Kot aus.
Menschen stecken sich mit EHEC an, wenn sie mit dem Kot dieser Tiere in Berührung kommen und die Bakterien über die Hände in den Mund gelangen.
Es sind auch indirekte Infektionen möglich, beispielsweise wenn man mit EHEC-Bakterien verunreinigte Lebensmittel zu sich nimmt oder verunreinigte Gegenstände anfasst. Das kann auch beim Streicheln des Fells von Wiederkäuern passieren oder bei der Verarbeitung von rohem Fleisch. Wiederkäuer erkranken nicht, wenn sie EHEC-Bakterien im Darm haben. Deshalb können auch gesunde Tiere ansteckend sein.
Häufige Ansteckungsquellen sind verunreinigtes Wasser, zum Beispiel in einem Badesee, sowie das Trinken von Rohmilch und der Verzehr von Rohwurst oder nicht durchgegartem Fleisch. Über roh verzehrtes Blattgemüse wie Salat, Spinat oder Sprossen kann man sich ebenfalls anstecken. Nur wenige Bakterien reichen für eine Ansteckung aus.
Auch bei erkrankten Menschen mit Durchfall kann man sich leicht infizieren, insbesondere wenn man im selben Haushalt lebt. EHEC-Bakterien sind sehr ansteckend und können über Tage bis Wochen mit dem Stuhl ausgeschieden werden, auch wenn die Symptome bereits abgeklungen sind. Besonders bei Kindern kann die Ausscheidung mehr als einen Monat lang andauern. Das Risiko einer Ansteckung nimmt aber mit der Zeit deutlich ab.
Wie häufig sind EHEC-Erkrankungen?
Infektionen mit EHEC-Bakterien treten überall auf der Welt auf. Die Anzahl der EHEC-Erkrankungen kann man nicht exakt bestimmen, da die Erreger nicht bei allen Durchfallerkrankungen genau nachgewiesen werden.
Im Jahr 2020 wurden in Deutschland 1.370 EHEC-Erkrankungen gemeldet. Kinder unter 5 Jahren – insbesondere Einjährige – waren am häufigsten betroffen. Es gab zwei durch EHEC verursachte Todesfälle. Diese traten bei älteren Menschen auf.
Wie verläuft eine EHEC-Erkrankung?
EHEC-Erkrankungen können mild bis sehr schwer verlaufen. Aber selbst schwere, blutige Durchfälle einer EHEC-Infektion können ohne Folgen ausheilen. Auch ein komplizierter Verlauf mit einem hämolytisch-urämischen Syndrom (HUS) lässt sich gut behandeln.
Nur selten kommt es vor, dass Kinder anschließend dauerhaft zur künstlichen Blutreinigung – der Dialyse – müssen. Es besteht allerdings die Möglichkeit, dass Spätfolgen auftreten.
Die Giftstoffe, die die EHEC-Bakterien produzieren, greifen vor allem die Wände kleiner Gefäße an, die sich überall im Körper befinden. Das HUS ist deshalb eine Multisystemerkrankung, die mehrere Organe gleichzeitig betrifft.
Als erstes und am stärksten macht sich die Erkrankung in den Nieren und im Magen-Darm-Trakt bemerkbar. Aber auch Gehirn und Nerven, die Bauchspeicheldrüse sowie Skelett- und Herzmuskulatur können betroffen sein.
Daraus entwickeln sich mitunter neurologische Probleme oder Erkrankungen der Bauchspeicheldrüse wie Typ-2-Diabetes. Kinder, die ein hämolytisch-urämisches Syndrom überstanden haben, sind auch später noch anfälliger für Nierenerkrankungen. Damit ist oft ein hoher Blutdruck verbunden.
Wie funktioniert eine Dialyse?
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Wie kann man einer EHEC Erkrankung vorbeugen?
EHEC-Bakterien sind relativ stabil und können lange in der Umwelt überleben. Bereits eine kleine Menge an Bakterien genügt, um eine Erkrankung hervorzurufen.
Um einer Ansteckung vorzubeugen, helfen folgende Hygieneregeln:
- regelmäßiges Händewaschen mit Seife nach dem Toilettengang, vor dem Essen und vor dem Zubereiten von Speisen
- gründliche Reinigung der Hände nach dem Kontakt mit Tieren in einem Streichelzoo oder auf einem Bauernhof: insbesondere bei Kleinkindern, bevor sie die Finger in den Mund nehmen oder etwas essen
- auf eine gute Küchen- und Lebensmittelhygiene achten
- wenn möglich, den engen Kontakt mit erkrankten Personen meiden. Das gilt vor allem für Geschwisterkinder.
Für Erkrankte und deren Kontaktpersonen gelten besondere Regeln:
- falls möglich, eine eigene Toilette benutzen. Gerade im Sanitärbereich ist Hygiene wichtig.
- nach dem Windelwechseln bei erkrankten Kindern gründlich die Hände waschen.
- Betroffene Personen aus dem gleichen Haushalt dürfen Gemeinschaftseinrichtungen wie Kindertagesstätten oder Schulen nicht betreten. Behandelnde Ärztinnen oder Ärzte entscheiden, wann der Besuch oder die Tätigkeit in einer Gemeinschaftseinrichtung wieder möglich ist.
- Personen, die Lebensmittel herstellen und verarbeiten oder in der Küche einer Gemeinschaftseinrichtung tätig sind, dürfen so lange nicht zur Arbeit gehen, wie sie die EHEC-Erreger im Stuhl ausscheiden.
Weitere Informationen, wie man sich vor EHEC-Infektionen schützen kann, finden Sie in den Verbrauchertipps des Bundesinstituts für Risikobewertung (BfR).
Wie erkennt man eine EHEC-Erkrankung?
Grundsätzlich kann jede Durchfallerkrankung durch EHEC-Bakterien verursacht sein.
Es gibt aber einige Hinweise, die Ärztinnen und Ärzte dazu veranlassen, den Erreger genau zu bestimmen, zum Beispiel wenn:
- Kinder unter 6 Jahren mit Durchfall im Krankenhaus behandelt werden müssen
- der Durchfall blutig ist oder bei einer Darmspiegelung eine blutige Schleimhautentzündung festgestellt wurde
- Durchfall bei Personen auftritt, die Lebensmittel verarbeiten oder in Küchen oder Kantinen arbeiten
- ein hämolytisch-urämisches Syndrom (HUS) besteht
- Personen Kontakt zu erkrankten Menschen mit HUS hatten
- Kinder ein akutes Nierenversagen haben
Dann wird eine Stuhlprobe im Labor auf EHEC und die von ihnen produzierten Giftstoffe untersucht. Bei einem HUS kann man auch im Blut bestimmte Antikörper nachweisen.
Wie wird eine EHEC-Erkrankung behandelt?
In der Regel beschränkt sich die Behandlung einer EHEC-Erkrankung darauf, lebenswichtige Körperfunktionen zu unterstützen. Am wichtigsten ist, ausreichend Flüssigkeit und Mineralstoffe zu sich zu nehmen. Ein frühzeitiger Flüssigkeitsersatz über die Vene kann Nierenschäden verringern. Für eine solche Infusionstherapie muss man ins Krankenhaus.
Bei Komplikationen wie dem hämolytisch-urämischen Syndrom verabreichen Ärztinnen und Ärzte zunächst Medikamente, welche die Nierenausscheidung anregen. Wenn die Nieren ihre Funktion bereits eingestellt haben, ist eine künstliche Blutreinigung (Dialyse) notwendig. Manchmal benötigen die Patientinnen und Patienten auch Bluttransfusionen, um rote Blutkörperchen, Blutplättchen oder Blutplasma zu ersetzen.
Wichtig zu wissen: Antibiotika kommen bei einer EHEC-Erkrankung in der Regel nicht zum Einsatz, da sie die Bakterienausscheidung verlängern und die Bakterien anregen können, noch mehr Giftstoffe zu produzieren. Somit erhöht sich auch das Risiko, ein hämolytisch-urämisches Syndrom zu entwickeln.
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Geprüft durch das Nationale Konsiliarlaboratorium für Hämolytisch Urämisches Syndrom (HUS).
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