Soziale Absicherung für pflegende Angehörige

Wer eine nahestehende, pflegebedürftige Person zu Hause versorgt, kann Anspruch auf verschiedene Leistungen der Pflegeversicherung haben. Dazu gehören Beiträge zur Renten- und Arbeitslosenversicherung sowie ein beitragsfreier gesetzlicher Unfallversicherungsschutz. Doch wie genau funktioniert die Unterstützung und welche Voraussetzungen sind zu beachten?

Auf einen Blick

  • Die Pflegeversicherung übernimmt für pflegende Personen Beiträge zu bestimmten Sozialversicherungen. Dazu zählen Arbeitslosen-, Renten- und Unfallversicherung.
  • Damit pflegende Personen diese Beitragszahlungen in Anspruch nehmen können, müssen einige Bedingungen erfüllt sein. 
    Zu den Bedingungen gehört, dass die pflegebedürftige Person mindestens einen Pflegegrad 2 hat.
  • Weitere Bedingungen sind, dass die Pflege zu Hause stattfindet und einen bestimmten zeitlichen Mindestumfang hat. Außerdem darf die Pflege nicht erwerbsmäßig erfolgen.
  • Wenn die Voraussetzungen vorliegen, bestehen die drei Sozialversicherungen automatisch. Ein gesonderter Antrag ist nicht erforderlich.
  • Benötigen pflegende Angehörige Erholung oder muss die pflegebedürftige Person ins Krankenhaus, so bleibt die Pflegeperson innerhalb bestimmter zeitlicher Grenzen renten-, arbeitslosen- und unfallversichert.
Mutter und Tochter stehen sich gegenüber und lachen.

Ziel der Pflegeversicherung: Pflegende Angehörige unterstützen

Einen nahestehenden Menschen zu Hause zu pflegen, kann eine herausfordernde und zeitfüllende Aufgabe sein. Nicht selten schränken Angehörige ihre Berufstätigkeit deswegen ein oder geben sie sogar ganz auf. 

Um pflegende Angehörige oder andere an der Pflege beteiligte Personen in dieser Situation finanziell zu unterstützen und ihre Tätigkeit anzuerkennen, gibt es in Deutschland verschiedene Unterstützungsmöglichkeiten. Neben dem Pflegegeld für pflegebedürftige Personen und Verhinderungspflege im Urlaubs- oder Krankheitsfall zahlt die Pflegeversicherung verschiedene Leistungen der sozialen Absicherung für die pflegende Person.

Anerkannte Pflegepersonen sind in der Regel gesetzlich renten-, arbeitslosen- und unfallversichert.

Die Pflegeversicherung übernimmt beispielsweise Beiträge zur Renten- und Arbeitslosenversicherung. Außerdem sind pflegende Angehörige während der Pflegezeit beitragsfrei gesetzlich unfallversichert.

Wann sind pflegende Personen sozialversichert?

Damit pflegende Personen Anspruch auf Leistungen der sozialen Sicherung haben, müssen sie eine anerkannte Pflegeperson im Sinne der Pflegeversicherung sein. Hierfür gelten folgende Voraussetzungen:

  • Die pflegebedürftige Person wird in ihrem eigenen Zuhause betreut und unterstützt.
  • Die pflegebedürftige Person hat mindestens den Pflegegrad 2.
  • Die pflegende Person geht der Pflegetätigkeit nicht erwerbsmäßig nach. Es besteht also kein Arbeitsverhältnis und die Pflegetätigkeit wird nicht bezahlt. Erhält die Pflegeperson über das Pflegegeld eine finanzielle Anerkennung, so darf diese nicht höher sein als die Höhe des Pflegegeldes für die bestehende Pflegestufe.
  • Die Pflege umfasst mindestens 10 Stunden pro Woche, verteilt auf mindestens 2 Tage. Damit die Mindeststundenzahl erreicht wird, kann die pflegende Person auch mehrere Personen betreuen.
Voraussetzungen für die Anerkennung als Pflegeperson sind eine häusliche, nicht erwerbsmäßige Pflege von Personen ab Pflegegrad 2. Die Pflegetätigkeit umfasst 10 oder mehr Stunden pro Woche.

Die zeitlichen Mindestvoraussetzungen werden vom Medizinischen Dienst und bei privat versicherten Personen von Medicproof im Rahmen der Pflegebegutachtung festgestellt.

Gut zu wissen: Für die Pflegeversicherung spielt es keine Rolle, ob ein Verwandtschaftsverhältnis besteht. Eine soziale Absicherung ist daher auch für an der Pflege beteiligte Freunde, Bekannte und Nachbarn möglich.

Pflegebedürftige Personen haben die Möglichkeit, das Pflegegeld, beziehungsweise einen Teil davon, als finanzielle Anerkennung an die Pflegeperson weiterzugeben. Damit es sich auch in diesem Fall um keine erwerbsmäßige Pflege handelt, darf die Pflegeperson höchstens so viel Geld bekommen, wie es der Höhe des Pflegegeldes entspricht. Die Höhe des Pflegegeldes ist abhängig vom jeweiligen Pflegegrad.

Rentenversicherung

Pflegende Angehörige können während der Pflegezeit über die Pflegeversicherung der pflegebedürftigen Person gesetzlich rentenversichert sein. Dies gilt, neben den vorgenannten Voraussetzungen, sofern die Pflegeperson neben der Pflege regelmäßig nicht mehr als 30 Stunden wöchentlich berufstätig ist.

Damit die Pflegeversicherung die Beiträge zahlt, muss die Pflegeperson außerdem bestimmte weitere Voraussetzungen erfüllen: 

  • Die Pflegeperson hat noch nicht das reguläre Rentenalter erreicht und bezieht keine volle Altersrente oder eine andere Altersversorgung, wie beispielsweise eine Pension.
  • Die Pflegeperson hat Versicherungsbeiträge in die Rentenversicherung eingezahlt. Ausnahme: Sie hatte zwar nie eine Rentenversicherung, aber sie kann Kindererziehungszeiten angerechnet bekommen.

Gut zu wissen: Wer als älterer pflegender Angehöriger die Regelaltersgrenze bereits erreicht hat und eine Vollrente bezieht, kann durch den Wechsel in eine Teilrente wieder Beitragszahlungen zur Rentensicherung erhalten. 

Wie viel die Pflegeversicherung in die Rentenversicherung einzahlt, ist unter anderem abhängig vom Pflegegrad und der Art der bezogenen Leistung der Pflegeversicherung (Pflegegeld, Pflegesachleistung und Kombinationsleistung). Darüber hinaus wird bei der Höhe des zu zahlenden Rentenbeitrags nach westlichen und östlichen Bundesländern differenziert. Der Unterschied beträgt aber nur wenige Cent.

Beteiligen sich mehrere Personen an der Pflege einer Person, so wird der Beitrag anteilig für die einzelnen Pflegepersonen berechnet. Im Falle, dass eine Pflegeperson mehrere Personen betreut, teilen sich die Pflegekassen der gepflegten Personen die Beiträge. Eine genaue Auskunft über die Beitragshöhe können Sie bei der zuständigen Pflegeversicherung erhalten.

Beispiel: Pflegen Sie etwa einen Pflegebedürftigen mit Pflegegrad 2 ein Jahr lang ohne Unterstützung durch einen Pflegedienst, können Sie eine um rund 9,59 Euro (West) bzw. 9,55 Euro (Ost) höhere monatliche Rente erhalten. Dieses Beispiel wurde mit dem Rentenwert für 2023 gerechnet. Der erhöhte Rentenanspruch bleibt lebenslang erhalten.

Gut zu wissen: Gelten Sie als gesetzlich anerkannte Pflegeperson, so besteht für Sie eine Rentenversicherungspflicht. Sie müssen für die Rentenversicherung aber keinen gesonderten Antrag stellen oder sich anmelden. Damit die Pflegekasse allerdings feststellen kann, ob Sie die Voraussetzungen als Pflegeperson erfüllen, erhalten Sie einen Fragebogen zugeschickt. Das Dokument trägt den Titel: „Fragebogen zur Zahlung der Beiträge zur sozialen Sicherung für nicht erwerbsmäßig tätige Pflegepersonen“. Es ist wichtig, diesen auszufüllen und zurückzusenden. 
Wenn Sie die Pflegetätigkeit aufnehmen und die Pflegebedürftigkeit schon festgestellt ist, sollten Sie sich auf jeden Fall bei der Pflegekasse der pflegebedürftigen Person melden und den Fragebogen anfordern.

Auf der Website der Deutschen Rentenversicherung finden Sie eine Broschüre mit umfangreichen Informationen zur Rente für Pflegepersonen. Auch der oben genannte Fragebogen für nicht erwerbsmäßig tätige Pflegepersonen wird von der Deutschen Rentenversicherung bereitgestellt.

Arbeitslosenversicherung

Die Pflegeversicherung der pflegebedürftigen Person übernimmt unter bestimmten Bedingungen Beiträge zur Arbeitslosenversicherung für die Pflegeperson – und zwar für die gesamte Dauer der Pflegetätigkeit. 

Das bedeutet: Die Pflegepersonen bleiben, auch wenn sie für die Pflege ihre Berufstätigkeit aufgeben, arbeitslosenversichert. Das gilt auch für Menschen, die vor der Pflegetätigkeit nicht erwerbstätig waren. Auch sie können Arbeitslosengeld und Hilfe bei der Jobsuche bekommen, falls sie nach dem Ende der Pflege nicht direkt eine Arbeit finden. 

Welche Bedingungen gelten für die Beitragszahlung?

Damit die Beiträge zur Arbeitslosenversicherung übernommen werden, muss die Pflegeperson unmittelbar vor der Pflegetätigkeit arbeitslosenversichert gewesen sein. Die Beiträge werden auch für Personen gezahlt, die Anspruch auf Arbeitslosengeld oder eine andere Entgeltersatzleistung aus der Arbeitslosenversicherung hatten. Hierzu zählen Übergangsgeld, Kurzarbeitergeld und Insolvenzgeld.
Mit dem Begriff „unmittelbar“ ist gemeint, dass man vor Beginn der Pflegetätigkeit höchstens einen Monat lang nicht arbeitslosenversichert war, beziehungsweise höchstens einen Monat lang keine solche Entgeltersatzleistung bezogen hat.
Bekommt eine Pflegeperson während der Pflegezeit weiterhin Arbeitslosengeld, so werden währenddessen keine Beiträge in die Arbeitslosenversicherung eingezahlt.

Ist die Pflegeperson bereits aus anderen Gründen, wie einer Teilzeitbeschäftigung, in der Arbeitslosenversicherung abgesichert, dann übernimmt die Pflegekasse die Beiträge nicht. 

Hinweis: Seit dem 1. Januar 2017 übernimmt die Pflegeversicherung die Beiträge zur Arbeitslosenversicherung für pflegende Angehörige. Zuvor konnten sich pflegende Angehörige freiwillig in der Arbeitslosenversicherung versichern, mussten die Beiträge hierfür aber aus eigener Tasche zahlen.

Ausführliche Informationen zur sozialen Sicherung von Pflegepersonen in der Arbeitslosenversicherung finden Sie bei der Bundesagentur für Arbeit.

Unfallversicherungsschutz

Als Pflegeperson ist man während der Pflege gesetzlich unfallversichert, ohne dass man Beiträge zahlen muss. Die Beiträge werden von den Kommunen übernommen und die Pflegeperson muss keinen gesonderten Antrag dafür stellen.

Der Versicherungsschutz der gesetzlichen Unfallversicherung besteht automatisch ab dem Zeitpunkt, an dem Sie als rechtlich anerkannte Pflegeperson die Pflegetätigkeit aufnehmen. 

Der Versicherungsschutz besteht sowohl für die pflegerische Tätigkeit als auch für die unterstützende Hilfe im Haushalt. Dazu zählen beispielsweise die Zubereitung von Mahlzeiten oder Aufräum- und Reinigungsarbeiten. Wegeunfälle werden anerkannt, wenn sich die Pflegeperson auf dem unmittelbaren Weg von oder zum Pflegebedürftigen befindet.

Auf der Website der Verbraucherzentrale können Sie sich noch eingehender über die Unfallversicherung bei Pflegepersonen informieren.

Krankheits- oder Urlaubszeiten

Auch Pflegepersonen haben einen Anspruch auf Erholungszeiten. Die Pflegeversicherung zahlt daher auch während des Urlaubs der Pflegeperson weiter Renten- und Arbeitslosenversicherungsbeiträge. Dies gilt für einen Zeitraum von bis zu 6 Wochen pro Kalenderjahr. Dadurch bleiben der Rentenanspruch und der Arbeitslosen- und Unfallversicherungsschutz erhalten.
 
Muss die pflegebedürftige Person stationär im Krankenhaus behandelt werden oder geht sie in eine stationäre Rehabilitation, werden die Beiträge zur Rentenversicherung sowie zur Arbeitslosen- und Unfallversicherung in den ersten 4 Wochen weitergezahlt. Werden die genannten Zeiträume überschritten, ruhen die Leistungen zur sozialen Absicherung der Pflegeperson.

Benötigen Pflegepersonen Urlaub oder muss die pflegebedürftige Person im Krankenhaus behandelt werden, bleibt die Pflegeperson für bestimmte Zeiträume sozial abgesichert.

Wo finde ich weiterführende Informationen?

Die Website der Verbraucherzentrale informiert zu vielen Fragen rund um die Absicherung in den Sozialversicherungen für pflegende Angehörige.

Umfangreiche Informationen zum Thema „Leistungen und Rechte für Pflegepersonen“ stellt auch das Bundesgesundheitsministerium auf dessen Website zur Verfügung.


Informationen zum Thema „Leistungen und Rechte für Pflegepersonen, Förderung des ehrenamtlichen Engagements“ finden Sie in der Broschüre „Ratgeber zur Pflege“ im Kapitel 4. 

Die Website des Bundesverwaltungsamtes bietet ebenfalls Informationen zur sozialen Absicherung von Pflegepersonen.

Geprüft durch die Verbraucherzentrale Rheinland-Pfalz e.V. (VZ RLP)

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