Verhinderungspflege: Kurze Auszeit für pflegende Angehörige

Mit Verhinderungspflege können Zeiten überbrückt werden, in denen pflegende Angehörige oder andere ehrenamtliche Pflegepersonen vorübergehend ausfallen. Es handelt sich um eine Leistung der Pflegeversicherung, mit der eine Ersatzpflege für die pflegebedürftige Person organisiert werden kann, ohne dass diese ihr Zuhause verlassen muss.

Auf einen Blick

  • Verhinderungspflege soll Pflegepersonen entlasten und ihnen zeitlich begrenzte Auszeiten ermöglichen.
  • Es handelt sich um ein Budget, mit dem pflegebedürftige Personen eine Ersatzpflege für diese Zeit finanzieren können.
  • Gründe für eine Auszeit können beispielsweise Urlaub, Erkrankung, berufliche Verpflichtungen oder Freizeitaktivitäten der Pflegeperson sein.
  • Verhinderungspflege ist für einige Stunden, tageweise oder für einige Wochen möglich.
  • Der Umfang der Leistung hängt davon ab, ob nahe Verwandte und Personen aus demselben Haushalt oder entfernte Verwandte, Bekannte und Dienstleister die Ersatzpflege übernehmen.
  • Für pflegebedürftige Kinder und junge Erwachsene wurde der Anspruch zum 1. Januar 2024 erweitert.
Jemand reicht einer älteren Person einen Becher.

Was ist Verhinderungspflege?

Verhinderungspflege bietet pflegenden Angehörigen und ande-ren Pflegepersonen die Möglichkeit, regelmäßig oder für einige Wochen im Jahr Auszeiten zu nehmen oder sich um die eigene Gesundheit zu kümmern – mit der Gewissheit, dass die pflege-bedürftige Person versorgt ist. 

Die Leistung der Pflegekasse umfasst ein Budget, um eine Er-satzpflege für den Zeitraum zu finanzieren. Pflegebedürftige Personen erhalten die Möglichkeit, sich die Vertretung nach den eigenen Wünschen zu gestalten. Sie können wählen, wo und von wem sie gepflegt und betreut werden möchten.

Mit Verhinderungspflege erhalten pflegebedürftige Personen die Möglichkeit, sich die Vertretung nach den eigenen Wünschen zu gestalten.

Die Ersatzpflege kann in bekannter Umgebung der pflegebedürftigen Menschen stattfinden, beispielsweise in ihrem Zuhause oder dem Zuhause der Ersatzpflegeperson. Aber auch andere Orte sind möglich, wie Wohnheime für Menschen mit Behinderung, Internate und Pflegewohnheime. Es ist möglich, sich von Pflegefachkräften, Angehörigen oder anderen Personen unterstützen zu lassen, beispielsweise Nachbarn, Ehrenamtlichen und Hilfsdiensten, wie Dorfhelferinnen und -helfern.

Die Pflege anderer Menschen ist eine sehr intensive und fordernde Aufgabe. Dazu kommt, dass sehr viele Pflegepersonen neben der Pflege noch berufstätig sind, eine eigene Familie versorgen müssen oder häufig selbst schon älter und gesundheitlich angeschlagen sind. Der regelmäßige Anspruch auf Urlaub und Erholung soll sie entlasten und die Pflege zu Hause sichern, um so auf längere Sicht einen Umzug in eine vollstationäre Einrichtung zu vermeiden. Auch Verhinderungspflege für einige Stunden am Tag ist möglich, damit sich die Pflegenden kurze Auszeiten nehmen können.

Den Anspruch auf Verhinderungspflege hat die pflegebedürftige Person: Das Budget steht einmalig pro Jahr bereit und kann von ihr genutzt werden, wenn eine Pflegeperson verhindert ist.

Neben „Verhinderungspflege“ wird häufig auch von „Ersatzpflege“ gesprochen. Mit beiden Begriffen ist dieselbe Pflegeleistung gemeint.

Für privat pflegeversicherte Personen gelten dieselben Ansprüche und Voraussetzungen wie in der gesetzlichen Pflegeversicherung.

Was zahlt die Pflegeversicherung bei Verhinderungspflege?

Bei der Verhinderungspflege bestehen zwei verschiedene Ansprüche. Entscheidend ist, wer die pflegebedürftige Person in Vertretung der Pflegeperson pflegt und betreut:

  • fremde beziehungsweise nicht mit ihr verwandte Personen (Fremdpflege)
  • nahe Verwandte und Personen aus demselben Haushalt (Angehörigenpflege)

Wie hoch ist der Anspruch bei Fremdpflege?

Zur Fremdpflege zählt die Pflege durch ambulante Pflegedienste, andere Pflegefachkräfte und ehrenamtliche Pflegepersonen ohne nahe verwandtschaftliche Beziehung zur pflegebedürftigen Person.

Um sie zu finanzieren, steht pro Kalenderjahr ein Budget von höchstens 1.612 Euro zur Verfügung. Dies kann auf bis zu 6 Wochen aufgeteilt werden.

Das bedeutet: Es ist möglich, den Betrag in wesentlich kürzerer Zeit und gestückelt aufzubrauchen, aber nicht über die 6 Wochen hinaus. Es ist auch kein Höchstbetrag pro Tag festgelegt.

Zusätzlich kann ein Teil des Kurzzeitpflege-Budgets verwendet werden, um eine Verhinderungspflege zu finanzieren: Bis zu 806 Euro können dafür umgewidmet werden. Voraussetzung hierfür ist, dass das Kurzzeitpflege-Budget noch nicht aufgebraucht ist. Das Kurzzeitpflege-Budget reduziert sich um den umgewidmeten Anteil.

Insgesamt sind so maximal 2.418 Euro pro Kalenderjahr für Verhinderungspflege möglich. Der Zeitraum von 6 Wochen verlängert sich jedoch nicht.

Wenn die Leistungen der Verhinderungspflege für eine professionelle Pflegehilfe nicht ausreichen, ist es unter Umständen möglich, „Hilfe zur Pflege“ beim örtlichen Sozialamt zu beantragen.

Wichtig zu wissen: Findet die Verhinderungspflege in einer stationären Einrichtung statt, werden nur die pflegebedingten Kosten von der Pflegeversicherung übernommen.

Wie hoch ist der Anspruch bei der Angehörigenpflege?

Zur Angehörigenpflege zählt die Pflege und Betreuung durch Personen, die bis zum zweiten Grad mit der pflegebedürftigen Person verwandt oder verschwägert sind oder mit ihr in einem Haushalt zusammenleben.

Für diese Personen steht ein kleineres Budget zur Verfügung. Es orientiert sich an dem Budget für Pflegegeld für 6 Wochen. Die Höhe der Verhinderungspflege bei Angehörigenpflege hängt also vom Pflegegrad der pflegebedürftigen Person ab.

Pro Kalenderjahr sind folgende Beträge möglich:

  • Pflegegrad 2: 498,00 Euro
  • Pflegegrad 3: 859,50 Euro
  • Pflegegrad 4: 1.147,50 Euro
  • Pflegegrad 5: 1.420,50 Euro

Bei der Verhinderungspflege durch Angehörige übernimmt die Pflegeversicherung zusätzlich die Kosten für notwendige Aufwendungen (Mehraufwand). Beispiele sind Verdienstausfälle und Reisekosten. Für die Erstattung müssen Belege eingereicht werden.

Die Pflegeversicherung erstattet jedoch höchstens 1.612 Euro pro Jahr für Verhinderungspflege und Mehraufwand. Das Budget kann um Anteile aus der Kurzzeitpflege ergänzt werden. Dieses zusätzliche Budget kann jedoch nur verwendet werden, um Mehraufwand zu finanzieren.

Folgende Personen zählen zum Kreis der Angehörigenpflege:

  • Ehe- und Lebenspartner oder -partnerinnen
  • Paare, die in einer eheähnlichen Gemeinschaft leben
  • Eltern, Stiefeltern, Schwiegereltern
  • Großeltern, Stiefgroßeltern, Großeltern des Ehe- oder Lebenspartners
  • Kinder, Stiefkinder, Ehe- oder Lebenspartner der Kinder (Schwiegerkinder)
  • Enkel, Ehe- oder Lebenspartner der Enkel (Schwiegerenkel)
  • Geschwister, Schwager oder Schwägerin

Wichtig zu wissen: Kümmert sich eine Person, die bis zum zweiten Grad verwandt ist oder mit im Haushalt lebt erwerbsmäßig um die pflegebedürftige Person, hat sie Anspruch auf die Leistungen der Fremdpflege. Erwerbsmäßigkeit liegt vor, wenn jemand mit der Pflege der oder des Angehörigen Einkommen erzielt.

Was ist „stundenweise Verhinderungspflege“?

Für die Verhinderungspflege ist keine Mindestdauer vorgesehen. Sie können diese Pflegeleistung also auch für einige Stunden am Tag beantragen und abrechnen.

Dies kann beispielsweise hilfreich sein, wenn die Pflegeperson nicht länger als einen Tag verhindert ist, die pflegebedürftige Person aber eine ständige Betreuung benötigt, wie beispielsweise pflegebedürftige Kinder oder Menschen mit Demenz.

Die stundenweise Verhinderungspflege zahlen Sie aus dem bestehenden Budget – die zeitliche Begrenzung entfällt jedoch. Es sind somit mehr als 42 Tage Verhinderungspflege pro Kalenderjahr möglich.

Voraussetzung dafür ist, dass die Pflegeperson weniger als 8 Stunden an dem Tag verhindert ist. Es spielt hingegen keine Rolle, wie lange die Ersatzpflegeperson einspringt. Ein Beispiel: Wenn eine Pflegeperson durch eine Dienstreise länger als 8 Stunden abwesend ist, liegt keine stundenweise Verhinderung vor, auch wenn die Verhinderungspflege nur für 5 Stunden in Anspruch genommen wurde. Die Abwesenheit wird deshalb auf das Zeitbudget von 6 Wochen angerechnet.

Was sind die Voraussetzungen für Verhinderungspflege?

Anspruch auf Verhinderungspflege haben pflegebedürftige Personen mit einem Pflegegrad 2 oder höher.

Anspruch auf Verhinderungspflege haben pflegebedürftige Personen mit einem Pflegegrad 2 oder höher.

Außerdem müssen folgende Voraussetzungen erfüllt sein:

  • Die übliche Pflege erfolgt zu Hause und wird mindestens von einer oder einem Angehörigen oder einer ehrenamtlichen Pflegeperson übernommen oder ergänzt. Das können beispielsweise Verwandte, Freunde oder Nachbarn sein.
  • Die Pflege wird seit mindestens 6 Monaten von Angehörigen oder einer ehrenamtlichen Pflegeperson übernommen oder ergänzt (Vorpflegezeit).
  • Die Pflegeperson ist zeitweise verhindert wegen einer Erkrankung, wegen eines Erholungsurlaubs oder aus einem vergleichbaren wichtigen Grund.

Die Voraussetzungen sind auch dann erfüllt, wenn nur eine von mehreren Pflegepersonen ausfällt oder sie sich zusätzlich zu einem Pflegedienst oder neben der Betreuung in einer Tagespflege um die pflegebedürftige Person kümmert, beispielsweise abends, nachts oder an den Wochenenden.

Verhinderungspflege ist hingegen nicht möglich, wenn die pflegebedürftige Person ausschließlich von einem Pflegedienst gepflegt wird.

Wichtig zu wissen: Seit Januar 2024 gelten für pflegebedürftige Kinder und junge Erwachsene bis zum 25. Geburtstag und mit dem Pflegegrad 4 oder 5 bestimmte Erleichterungen. Für sie kann bis zu 8 Wochen im Jahr eine Verhinderungspflege in Anspruch genommen werden. Außerdem ist keine Vorpflegezeit notwendig. Zudem können Leistungen der Kurzzeitpflege für diese Betroffenen vollständig in Leistungen der Verhinderungspflege umgewandelt werden.

Haben Menschen mit Pflegegrad 1 Anspruch auf Verhinderungspflege?

Menschen mit Pflegegrad 1 haben keinen Anspruch. Verhinderungspflege ist aber möglich, wenn die pflegebedürftige Person innerhalb der sechsmonatigen Vorpflegezeit den Pflegegrad 1 hatte und erst kurz vor Beginn der Verhinderung in einen höheren Pflegegrad eingestuft wurde.

Was bedeutet Vorpflegezeit?

Die Vorpflegezeit ist eine Voraussetzung, um Verhinderungspflege in Anspruch nehmen zu können. Es handelt sich um eine Wartezeit von mindestens 6 Monaten, in der die pflegebedürftige Person durch Angehörige oder Ehrenamtliche gepflegt wurde, bevor die Verhinderungspflege genutzt werden kann.

Diese Wartezeit gilt auch dann als erfüllt, wenn sich mehrere Personen die Pflege zeitlich geteilt haben. Es ist außerdem nicht festgelegt, wie viele Stunden pro Woche die Pflegeperson in diesen 6 Monaten tätig gewesen sein muss.

Sie muss nur einmalig erfüllt werden, und zwar bevor Verhinderungspflege erstmalig genutzt werden soll. Die Vorpflegezeit kann sich aus verschiedenen Zeiträumen zusammensetzen und muss der Verhinderungspflege nicht nahtlos vorangehen. Unterbrechungen von weniger als vier Wochen werden zur Wartezeit dazugerechnet.

Mehr Informationen zur Vorpflegezeit erhalten Sie bei Pflegeberatungsstellen oder bei den Verbraucherzentralen.

Interessant zu wissen: Wenn die Vorpflegezeit noch nicht erfüllt ist, kann unter Umständen Kurzzeitpflege genutzt werden. Diese findet in einer stationären Pflegeeinrichtung statt.

Was sind Gründe für Verhinderungspflege?

Als Gründe zählen Erkrankung, Erholungsurlaub und andere „gewichtige Gründe“. Da Verhinderungspflege auch dafür gedacht ist, pflegenden Angehörigen und  ehrenamtlichen Pflegepersonen Auszeiten zu ermöglichen, gehören zu diesen wichtigen Gründen auch Freizeitaktivitäten, wie Besuche bei Freunden oder Kinobesuche.

Im Zweifel ist es ratsam, die Pflegekasse beziehungsweise die private Pflegeversicherung vorab zu kontaktieren und nachzufragen, ob die Voraussetzungen erfüllt sind und welche Kosten sie erstattet.

Auch Pflegeberatungsstellen informieren zu den Voraussetzungen der Verhinderungspflege und welche Leistungen und Hilfen zusätzlich möglich sind.

Wie erhalte ich Verhinderungspflege?

Verhinderungspflege muss bei der Pflegekasse beziehungsweise dem privaten Pflegeversicherung-Unternehmen der pflegebedürftigen Person beantragt werden. Dies ist auch nachträglich möglich. 

Sie müssen im Antrag den Grund nennen, warum die Pflegeperson verhindert ist. 

Sie erhalten Verhinderungspflege nicht pauschal ausgezahlt. Die Pflegekasse erstattet Ihnen die entstandenen Kosten bis zum höchstmöglichen Betrag im Nachhinein. Dafür müssen Sie alle Ausgaben mit Belegen und Quittungen nachweisen und diese bei der Pflegekasse einreichen. 

Bei der Angehörigenpflege legen die Ersatzpflegeperson und die pflegebedürftige Person gemeinsam fest, wie hoch die Vergütung für den Einsatz ist. Pflegekassen bieten häufig Abrechnungsformulare an, um den Nachweis für diese Kosten zu erleichtern.

Wie wirkt sich Verhinderungspflege auf andere Pflegeleistungen aus?

Wenn eine Pflegeperson tage- oder wochenweise verhindert ist, wird das Pflegegeld gekürzt: Sie erhalten während dieser Zeit die Hälfte des Pflegegeldes ausgezahlt. Nur für den ersten und letzten Tag wird das Pflegegeld zu 100 Prozent gezahlt.

Wenn die Pflegeperson stundenweise und weniger als 8 Stunden pro Tag verhindert ist, wird das Pflegegeld nicht gekürzt.

Auch die Budgets für Pflegesachleistungen und Tagespflege bleiben gleich, wenn Angehörige verhindert sind, die die pflegebedürftige Person zusätzlich pflegen.

Geprüft durch die Verbraucherzentrale Rheinland-Pfalz e.V. (VZ RLP)

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