Chronisches Fatigue-Syndrom

Beim chronischen Fatigue-Syndrom (CFS) entstehen schwere Erschöpfungszustände, die auch durch Erholungspausen nicht besser werden. Körperliche und geistige Aktivitäten können den Zustand verschlechtern. Die Therapie orientiert sich vor allem an den Symptomen.

Auf einen Blick

  • Das chronische Fatigue-Syndrom (CFS) bezeichnet eine starke Erschöpfung, die den Alltag enorm einschränkt. Bestehen zusätzlich Muskelschmerzen, spricht man von myalgischer Enzephalomyelitis (ME).
  • Systemische Belastungsintoleranz-Erkrankung ist ein weiterer üblicher Begriff.
  • Typisch für ME/CFS ist, dass sich die Symptome nach geringer Anstrengung verschlechtern. Hinzu kommen oft Schlaf- und Konzentrationsstörungen sowie Kreislaufschwäche.
  • Wie das Syndrom entsteht, ist bisher nicht genau bekannt.
  • Für die Therapie ist es wichtig, eine medizinische Vertrauensperson zu finden, die einem hilft und unterstützt.
  • Einige Beschwerden lassen sich mit Medikamenten gut behandeln. Ein spezielles Heilmittel gibt es bislang nicht.

Hinweis: Die Informationen dieses Artikels können und sollen einen Arztbesuch nicht ersetzen und dürfen nicht zur Selbstdiagnostik oder -behandlung verwendet werden.

Eine Frau liegt erschöpft auf der Couch.

Was ist das chronische Fatigue-Syndrom?

Kennzeichen für das chronische Fatigue-Syndrom (CFS) ist ein schwerer, länger anhaltender Erschöpfungszustand, der normale Alltagsaktivitäten stark einschränkt. Selbst Erholungsphasen oder Schlaf bessern den Zustand nicht. 

Bestehen zusätzlich Muskelschmerzen, wird das Syndrom auch myalgische Enzephalomyelitis (ME) genannt.

Oft geht dem CFS eine Infektionskrankheit mit Viren, Bakterien oder Parasiten voraus. Halten die Beschwerden länger als sechs Monate an, spricht man vom ME/CFS-Syndrom.

Wichtig zu wissen: Das chronische Fatigue-Syndrom ist keine psychische Störung im eigentlichen Sinn, sondern eine körperliche Erkrankung. Wie andere chronische Krankheiten kann das Syndrom aber zu psychischen Beeinträchtigungen führen. Eine frühzeitige Diagnose und die richtige Behandlung sind wichtig, um zu verhindern, dass sich die Beschwerden zunehmend verschlechtern.

Was ist der Unterschied zwischen Fatigue und chronischem Fatigue-Syndrom?

Mit starker Erschöpfung (Fatigue) kämpfen auch Menschen mit chronischen Erkrankungen wie Krebs, rheumatoider Arthritis oder multipler Sklerose. Diese Form der Fatigue geht in der Regel zurück, wenn die jeweilige Grunderkrankung behandelt wird.

Während körperliche Aktivität bei solchen Erschöpfungszuständen oft gut tut, ist beim chronischen Fatigue-Syndrom das Gegenteil der Fall. Nur wenige Menschen mit Fatigue erfüllen tatsächlich die diagnostischen Kriterien für ein CFS.

Wie äußert sich das chronische Fatigue-Syndrom?

Schwere Erschöpfung (Fatigue) ist ein typisches Kennzeichen des chronischen Fatigue-Syndroms (CFS). Sie tritt oft zum ersten Mal nach einer Infektion, einer Phase körperlicher Überanstrengung oder starkem Stress auf.

Charakteristisch ist, dass sich die Symptome am Folgetag nach einer Anstrengung verschlechtern. Medizinerinnen und Mediziner sprechen dann von postexertioneller Malaise (PEM). Diese kann Tage bis Wochen anhalten.

Besonders schwer an CFS erkrankte Menschen sind so erschöpft, dass sie das Bett kaum mehr verlassen können.

Weitere Symptome beim CFS sind:

  • Konzentrationsstörungen, Gedächtnisprobleme
  • Schlafstörungen, nicht erholsamer Schlaf
  • Gelenk-, Muskel- und Kopfschmerzen
  • Darmbeschwerden
  • Schwindel
  • Kreislaufschwäche, Herzrasen beim Aufstehen
  • Stressempfindlichkeit
  • Reizempfindlichkeit, besonders gegenüber Licht und Geräuschen
  • häufige und lang andauernde Infektionen
  • Allergien, Nahrungsmittelunverträglichkeiten

Die Symptome können sehr unterschiedlich ausgeprägt sein und sich zeitweise bessern und wieder verschlechtern.

Wie kommt es zum chronischen Fatigue-Syndrom?

Warum und wie genau ein chronisches Fatigue-Syndrom (CFS) entsteht, kann man bisher nicht erklären. Manche Expertinnen und Experten gehen von einem einzelnen Auslöser aus, andere von mehreren Faktoren, die zusammenkommen müssen.

Auslöser, die infrage kommen

Virusinfektionen, das Immunsystem und erbliche Faktoren scheinen bei der CFS-Entstehung eine Rolle zu spielen. Weitere Auslöser, die diskutiert werden, sind:

  • Infektionen
  • Umweltgifte
  • Impfungen
  • Unfälle
  • stark belastende psychische Erlebnisse 

Befunde bei Menschen mit CFS

Es gibt zahlreiche Beobachtungen und Erklärungen für die verschiedenen Symptome. Folgendes konnte man bei Untersuchungen von Menschen mit CFS finden:

  • erhöhte Konzentrationen von Entzündungsbotenstoffen im Blut
  • erhöhte Werte freier Radikale: Das sind bestimmte Sauerstoffverbindungen, die körpereigene Zellen und Gewebe schädigen.
  • erhöhte Durchlässigkeit der Darmwand, die zu einer veränderten Zusammensetzung von Antikörpern im Blut führen kann
  • Autoantikörper, die das Immunsystem bildet und die sich gegen körpereigene Nervenzellen und Botenstoffe richten
  • gestörte Funktion von Gehirnzellen, die die Nervenzellen unterstützen und versorgen, sodass es zu Übererregung und Entzündungen kommt
  • Ungleichgewicht von Botenstoffen wie Serotonin und Kortisol, was sich in starken Erschöpfungsgefühlen äußern kann

Wichtig zu wissen: Die genannten Befunde können auch bei anderen Erkrankungen vorkommen. Allein genommen genügen sie nicht, um das Syndrom zu diagnostizieren, da sie auch bei nicht an CFS erkrankten Menschen vorkommen können.

Wie häufig ist das chronische Fatigue-Syndrom?

Das chronische Fatigue-Syndrom (CFS) kann in jedem Lebensalter auftreten, auch bei Kindern. Das durchschnittliche Alter zum Zeitpunkt der Diagnose beträgt 30 bis 40 Jahre.

Das chronische Fatigue-Syndrom kann in jedem Lebensalter auftreten.

Frauen haben bis zu vier Mal häufiger das CFS als Männer. Bei Kindern dagegen erkranken Jungen und Mädchen gleich oft.

Über die genaue Anzahl der Menschen mit CFS gibt es keine verlässlichen Angaben. Das hängt vor allem damit zusammen, dass es unterschiedliche Definitionen dafür gibt, wann es sich bei der Erschöpfung um ein chronisches Fatigue-Syndrom handelt.

Wie verläuft das chronische Fatigue-Syndrom?

Das chronische Fatigue-Syndrom (CFS) verläuft verschieden.

Bis zu einem Drittel der Menschen mit CFS erholen sich innerhalb der ersten fünf Jahre. Oft benötigen sie aber auch danach noch mehr Pausen und Erholungszeit als gesunde Menschen.

Bei anderen Betroffenen bleiben die Symptome mitunter über Jahre bestehen. Dabei können sie zeitweise verschwinden oder wieder schlechter werden. Oft ist es nicht vorhersehbar, wann gute und wann schlechte Tage auftreten.

Nur etwa die Hälfte der Menschen mit CFS ist in der Lage, den Beruf in Teil- oder Vollzeit wieder aufzunehmen. Bis zu einem Viertel der Erkrankten kann über längere Zeit das Bett oder Haus nicht verlassen. Einige benötigen einen Rollstuhl.

Wer am CFS erkrankt ist, kann pflegebedürftig werden.

Menschen mit CFS entwickeln im Verlauf ihrer Erkrankung oft Depressionen oder Angststörungen und fühlen sich unter Druck. Es gehört zu ihren täglichen Herausforderungen, Verpflichtungen und Wünsche im Gleichgewicht zu den ihnen verfügbaren Kräften zu halten.

Wie wird das chronische Fatigue-Syndrom diagnostiziert?

Oftmals ist es schwierig, das chronische Fatigue-Syndrom (CFS) von anderen Erschöpfungszuständen abzugrenzen.

Bisher gibt es weder einen eindeutigen Krankheitsmarker noch offiziell festgelegte Diagnosekriterien für das CFS. Deshalb dauert es oft lange, bis es genau festgestellt wird.

Diagnosekriterien

Folgende Symptome müssen für die Diagnose vorliegen:

  • Der Erschöpfungszustand hält seit mehr als sechs Monaten an und ist nicht durch andere Erkrankungen erklärbar.
  • Menschen mit CFS können genau sagen, wann der Erschöpfungszustand erstmals aufgetreten ist. Sie sind zudem im Vergleich zum Vorzustand in ihren Alltagsaktivitäten stark eingeschränkt.
  • Körperliche oder geistige Belastungen führen dazu, dass sich der Zustand deutlich verschlechtert.
  • Kreislaufprobleme beim Wechseln von einer sitzenden oder liegenden in eine stehende Position kann eine Verschlechterung auslösen.
  • Pausen, Schlaf oder Erholungsphasen verbessern die Beschwerden nicht.

Untersuchungen

Bei der körperlichen Untersuchung misst die Ärztin oder der Arzt unter anderem den Blutdruck im Liegen, Sitzen und Stehen. Zudem werden routinemäßig die Blutwerte bestimmt.

Oft veranlasst die Ärztin oder der Arzt zahlreiche andere Untersuchungen, um herauszufinden, ob eine bisher unentdeckte Erkrankung die Erschöpfung verursacht.

Nur wenn keine andere Ursache zu finden ist, wird das chronische Fatigue-Syndrom diagnostiziert.

Wie behandelt man das chronische Fatigue-Syndrom?

Bisher gibt es kein Heilmittel für das chronische Fatigue-Syndrom (CFS).

Im Rahmen wissenschaftlicher Studien werden verschiedene Medikamente ausprobiert, die gegen Viren wirken und das Immunsystem beeinflussen.

Dazu zählt beispielsweise der Wirkstoff Rintatolimod. Er verringert die Menge an Entzündungsbotenstoffen im Körper und bringt das Immunsystem wieder mehr ins Gleichgewicht.

Möglicherweise kann auch eine Stuhlübertragung helfen. Dabei wird Stuhl einer gesunden Spenderin oder eines gesunden Spenders in den Darm der erkrankten Person „eingepflanzt“. Bisher gibt es jedoch keine Ergebnisse, die den Nutzen eindeutig belegen.

Symptomatische Behandlung

Darüber hinaus werden zahlreiche Medikamente eingesetzt, um die bestehenden Beschwerden wie Schmerzen, Schlafstörungen, Angststörungen oder Depressionen zu behandeln. Zum Einsatz kommen:

  • entzündungshemmende Schmerzmittel aus der Gruppe der nicht steroidalen Antirheumatika (NSAR) und Opioide
  • Schlafmittel
  • Stimulantien
  • bestimmte Antidepressiva

Wichtig zu wissen: Menschen mit CFS benötigen oft geringere Dosen der verschriebenen Medikamente. Die Dosis sollte nur von der behandelnden Ärztin oder dem behandelnden Arzt angepasst werden. Zudem sollten nur so viele Medikamente eingenommen werden, wie nötig.

Körperliche Aktivität

Es empfiehlt sich, körperliche, geistige und emotionale Anstrengungen, die die Beschwerden verschlechtern, zu vermeiden. Trotzdem kann ein körperliches Aktivitätsprogramm helfen, den Erschöpfungszustand zu verbessern.

Wie viel Aktivität dem Körper gut tut, ist bei jedem Menschen mit CFS unterschiedlich.

Psycho-, Physio- und Ergotherapie

Eine kognitive Verhaltenstherapie unterstützt dabei, die noch vorhandenen Kräfte passend einzuteilen. Eine Psychotherapie kann helfen, die Folgen der Erkrankung besser zu verarbeiten („Coping“).

Angepasste Ergo- und Physiotherapie ermöglichen es, wieder mobiler zu werden. Entspannungstechniken, Massagen, Akkupunktur, Yoga, Tai-Chi oder Meditation können sich ebenfalls positiv auf die Erkrankung auswirken.

Ernährung

Es gibt keine spezifische Diätempfehlung. Expertinnen und Experten raten dazu, auf eine ausgewogene Ernährung zu achten. Für Nahrungsergänzungsmittel wie Vitamine, Omega-3-Fettsäuren oder ähnlichem konnte bisher kein eindeutiger Nutzen nachgewiesen werden.

Was hilft im Umgang mit dem chronischen Fatigue-Syndrom?

Ein wichtiger erster Schritt für Menschen mit chronischem Fatigue-Syndrom (CFS) ist, die Diagnose zu bekommen und so der Erkrankung einen Namen geben zu können.

Selbst wenn körperliche Untersuchungen, Laborwerte und bildgebende Verfahren keine Auffälligkeiten zeigen, heißt das nicht, dass man sich die Beschwerden einbildet.

Deshalb ist es wesentlich, dass Therapeutinnen und Therapeuten, die Partnerin oder der Partner sowie die Familie und der Freundeskreis die Erkrankung anerkennen und die Betroffenen wertschätzen.

Oft waren Menschen mit CFS vor der Erkrankung eher aktive Personen. Deshalb belastet es sie mitunter sehr stark, dass sie ihre Aufgaben im Beruf und Freizeit sowie familiäre und häusliche Verpflichtungen nicht mehr so erfüllen können wie früher.

Eine medizinisch erfahrene Vertrauensperson kann eine wichtige Unterstützung sein, um zu lernen, gut mit der Erkrankung umzugehen und die eigenen Kräfte sinnvoll einzuteilen.

Für Menschen mit CFS ist eine konsequente Schlafhygiene förderlich.

Beim chronischem Fatigue-Syndrom ist eine konsequente Schlafhygiene förderlich.

Maßnahmen, um den Schlaf zu verbessern

Um einen normalen Tag-Nacht-Rhythmus zu erreichen und die Schlafqualität zu verbessern, helfen folgende Maßnahmen:

  • möglichst ganz auf Kaffee verzichten
  • nach 15 Uhr keine Nickerchen mehr machen
  • eine Stunde vor dem Zubettgehen nur noch Tätigkeiten verrichten, die einen zur Ruhe kommen lassen
  • Aktivitäten so über den Tag verteilen, dass sie die Beschwerden nicht verschlimmern
  • sich vormittags dem Tageslicht aussetzen, am besten draußen oder direkt am Fenster
  • Ohrstöpsel oder andere Lärmschutzmaßnahmen verwenden, um Geräuschbelastungen zu verringern
  • nachts für Dunkelheit sorgen
  • sich bei Schlaflosigkeit eine ruhige Beschäftigung suchen
  • vor dem Schlafengehen einen kohlenhydratreichen Snack zu sich nehmen

Wo kann ich mich noch zum chronischen Fatigue-Syndrom informieren?

Selbsthilfegruppen bieten Menschen mit chronischem Fatigue-Syndrom und ihren Angehörigen die Möglichkeit, sich zu informieren und beraten zu lassen sowie persönliche Erfahrungen auszutauschen.

Darüber hinaus findet man weiterführende Informationen zum Krankheitsbild auf den Websites von Interessensverbänden und Universitätskliniken.

Vertiefende Informationen, etwa zur Diagnose, Behandlung und Unterstützung im Alltag, lesen Sie unter gesundheitsinformation.de. 

Auf der Website der Nationalen Kontakt- und Informationsstelle zur Anregung und Unterstützung von Selbsthilfegruppen (NAKOS) können Sie über eine Datenbank geeignete Selbsthilfe-Angebote finden.

Informationen zum Krankheitsbild chronisches Fatigue-Syndrom finden Sie bei der Deutschen Gesellschaft für ME/CFS e.V. und beim Charité Fatigue Centrum.

Geprüft durch die Deutsche Gesellschaft für Neurologie e.V. (DGN) und Deutsche Hirnstiftung e.V. (DHS).

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