Long COVID: Langzeitfolgen von COVID-19
ICD-Codes: U09.9 Was ist der ICD-Code?
Manche Menschen, die an COVID-19 erkranken, haben noch lange nach der akuten Corona-Infektion gesundheitliche Probleme. Je nachdem, in welchem Zeitraum diese auftreten oder fortbestehen, spricht man von Long COVID oder Post-COVID.
Auf einen Blick
- Eine akute COVID-19-Erkrankung kann längerfristige körperliche und psychische Beeinträchtigungen zur Folge haben.
- Bestehen die Beschwerden länger als 4 Wochen nach der SARS-CoV-2-Infektion oder kommen neue hinzu, die nicht anders erklärbar sind, sprechen Expertinnen und Experten von Long COVID. Bei einer Dauer von mehr als 12 Wochen spricht man vom Post-COVID-19-Zustand.
- Viele Menschen mit Long COVID berichten von Müdigkeit, geringer Belastbarkeit und Erschöpfung (Fatigue).
- Wer schwer an COVID-19 erkrankt, entwickelt wahrscheinlich häufiger Long COVID als Menschen mit einem milden oder symptomlosen Verlauf.
- Ziel der Behandlung ist, Beschwerden zu lindern und die Lebensqualität zu verbessern.
Hinweis: Die Informationen dieses Artikels können und sollen einen Arztbesuch nicht ersetzen und dürfen nicht zur Selbstdiagnostik oder -behandlung verwendet werden.

Was ist Long COVID?
Menschen, die an COVID-19 erkranken, können – ähnlich wie bei anderen Infektionskrankheiten – noch Wochen bis Monate nach der überstandenen Corona-Infektion gesundheitliche Probleme haben.
Bestehen die Beschwerden für mehr als 4 Wochen nach der akuten Infektion oder kommen neue hinzu, für die es keine andere Erklärung gibt, spricht man von Long COVID. Sind nach mehr als 12 Wochen noch Beschwerden vorhanden, wird dies als Post-COVID-19-Zustand oder Post-COVID bezeichnet.
Wer schwer an COVID-19 erkrankt, hat ein erhöhtes Risiko, Long COVID zu entwickeln. Aber auch bei einem milden Verlauf oder einer Infektion ohne Symptome sind Langzeitfolgen möglich.
Long COVID kann sowohl bei Erwachsenen als auch bei Kindern auftreten.
Menschen mit Long COVID berichten über sehr verschiedene körperliche und psychische Symptome. Diese können so stark ausgeprägt sein, dass sie die Lebensqualität mindern, den Alltag erschweren sowie das Arbeits- und Sozialleben beeinträchtigen.
Um die Beschwerden bestmöglich zu lindern und die Lebensqualität und Leistungsfähigkeit von Menschen mit Langzeitfolgen durch COVID-19 zu verbessern, sind eine frühe und gezielte Beratung und Behandlung wesentlich.
Woran erkennt man Long COVID?
Die Beschwerden, die Menschen mit Long COVID beschreiben, sind individuell sehr unterschiedlich. Diese können allein oder in Kombination auftreten, unterschiedlich lang anhalten und verschieden stark ausgeprägt sein.
Zu den häufigsten Symptomen gehören:
- Erschöpfung und geringe Belastbarkeit (Fatigue)
- eingeschränkte Konzentrationsfähigkeit und Gedächtnisstörungen, umgangssprachlich Gehirnnebel oder Brain Fog genannt
- anhaltende Atemwegsbeschwerden wie Husten und Kurzatmigkeit
Darüber hinaus kann es nach Abklingen der akuten SARS-CoV-2-Infektion zu folgenden Symptomen kommen:
- Muskelschwäche und Muskelschmerzen
- Geruchs- und Geschmacksstörungen
- Schlafstörungen und nicht erholsamer Schlaf
- psychische Symptome wie Depressivität und Ängstlichkeit
Bei manchen Menschen verschlechtert sich infolge von COVID-19 die Funktion von Lunge und Nieren. Darüber hinaus sind Folgeerkrankungen möglich wie:
- Herz-Kreislauf-Erkrankungen: zum Beispiel Herzmuskelentzündungen, Herzinfarkt, Schlaganfall, Gefäßverschlüsse durch Blutgerinnsel (Thromboembolien)
- Diabetes mellitus
- Autoimmunerkrankungen
- Neuro-COVID: neurologische Einschränkungen durch Erkrankungen und Störungen des Gehirns oder der Nerven
Wichtig zu wissen: Viele Menschen mit Long COVID sind insgesamt körperlich und psychisch deutlich weniger belastbar als zuvor. Manche entwickeln ein Beschwerdebild, das die Kriterien eines chronischen Erschöpfungssyndroms erfüllt – auch chronisches Fatigue-Syndrom genannt. Wie viele es tatsächlich betrifft, ist noch unklar.
Wie kommt es zu Long COVID?
Long COVID entsteht infolge einer Infektion mit dem Coronavirus SARS-CoV-2, dem Erreger von COVID-19.
Wie genau es zu Long COVID kommt, ist noch nicht vollständig geklärt. Expertinnen und Experten gehen davon aus, dass verschiedene Krankheitsmechanismen eine Rolle spielen. Diese können zusammen, aber auch einzeln wirken.
Zu den vermuteten Mechanismen zählen:
- Viruspersistenz: Das Coronavirus verbleibt nach einer akuten Infektion im Körper. Es könnte somit weiterhin zu Entzündungsprozessen kommen, die vor allem die Blutgefäße und damit verschiedene Organsysteme betreffen.
- Autoimmunreaktionen: Es kommt zu einer überschießenden Immunreaktion, in deren Folge das Immunsystem körpereigene Zellen angreift. Das könnte die Entstehung von Long COVID beeinflussen.
- Reaktivierung des Epstein-Barr-Virus (EBV): Nach einer EBV-Infektion verbleibt das Virus im Körper. Durch ein geschwächtes Immunsystem könnte es wieder aktiviert werden.
- Es gibt Hinweise, dass Veränderungen an den Blutzellen, Funktionsstörungen des Gefäß-, Nerven- und Immunsystems sowie Verschlüsse von meistens kleinsten Gefäßen durch Blutgerinnsel (Mikrothromboembolien) zur Krankheitsentstehung beitragen könnten.
Wie häufig tritt Long COVID auf?
Es lässt sich bisher nicht verlässlich sagen, wie viele Menschen Long COVID entwickeln. Die Angaben, die man in Studien zur Häufigkeit findet, sind sehr verschieden.
Sie hängen unter anderem ab von der:
- Größe der untersuchten Personengruppe
- Art der untersuchten Personengruppe, zum Beispiel in Bezug auf Alter und Schwere der Erkrankung
- Länge der Nachbeobachtungszeit
- Anzahl und Art der erfassten Symptome und gesundheitlichen Einschränkungen
- Einbeziehung einer Kontrollgruppe
Nach jetzigem Kenntnisstand scheinen Frauen häufiger Long COVID zu entwickeln als Männer. Kinder und Jugendliche bekommen vermutlich seltener Long COVID als Erwachsene. Dies ist aber noch nicht abschließend geklärt.
Zudem gibt es erste Hinweise darauf, dass sich die Häufigkeit von Long COVID je nach Virusvariante unterscheiden könnte.
Welche Faktoren begünstigen Long COVID?
Welche Faktoren genau das Risiko für Long COVID erhöhen, ist noch nicht vollständig untersucht.
Nach aktuellem Kenntnisstand haben Menschen mit einem schweren COVID-19-Verlauf eher längerfristige gesundheitliche Probleme.
Die Wahrscheinlichkeit für Langzeitfolgen durch COVID-19 scheint zudem erhöht für Personen mit bestimmten Vorerkrankungen und Gesundheitsrisiken wie Diabetes oder starkes Übergewicht (Adipositas).
Darüber hinaus scheinen Faktoren wie Alter und Geschlecht die Entstehung von Long COVID zu beeinflussen.
Wie entwickelt sich Long COVID?
Bislang gibt es nur begrenzt Studien, die Patientinnen und Patienten mit Long COVID langfristig begleiten.
Daher lässt sich noch nicht eindeutig sagen, ob und wie schnell Long-COVID-Beschwerden abklingen.
Studien zufolge bilden sich die Long-COVID-Symptome bei vielen Menschen, die nicht wegen COVID-19 im Krankenhaus behandelt wurden, innerhalb weniger Monate zurück.
Bei den stationär behandelten Personen dauert es im Durchschnitt länger.
Manche Patientinnen und Patienten haben auch noch ein Jahr nach der Infektion Beschwerden.
Wie lässt sich Long COVID vorbeugen?
Am besten schützt man sich vor Long COVID, indem man eine Infektion mit dem Coronavirus SARS-CoV-2 vermeidet.
Außerdem gibt es Hinweise aus mehreren Studien, dass eine vollständige Corona-Schutzimpfung die Häufigkeit und Ausprägung von Long-COVID-Beschwerden mildern kann.
Möglicherweise hat die Impfung auch einen positiven Effekt bei Personen, die bereits eine SARS-CoV-2-Infektion durchgemacht haben und Long-COVID-Symptome zeigen. Bislang ist dieser Zusammenhang aber nicht sicher belegt.
Wie wird Long COVID festgestellt?
Expertinnen und Experten haben erste Empfehlungen für die Diagnostik von Long COVID erarbeitet. Diese werden stetig weiterentwickelt, um die medizinische Versorgung zu verbessern.
Herausforderung bei der Diagnostik
Aktuell ist es schwierig, Long COVID zu diagnostizieren, da es:
- sich nicht um ein einheitliches Krankheitsbild handelt
- eine klare Abgrenzung von anderen Erkrankungen bislang nicht in jedem Fall möglich ist
Zudem lässt sich nicht immer sicher ein Zusammenhang zu einer vorangegangenen SARS-CoV-2-Infektion finden: beispielsweise, weil die Erkrankung ohne Symptome verlaufen ist oder ein Testnachweis fehlt.
Diagnostik bei bekannter Corona-Infektion
Ist eine COVID-19-Erkrankung bekannt, werden Ärztinnen und Ärzte erfragen, welche Symptome in der akuten Erkrankungsphase aufgetreten sind und welche zum aktuellen Zeitpunkt fortbestehen.
Des Weiteren erkundigen sie sich, ob und welche neuen gesundheitlichen Einschränkungen hinzugekommen sind und ob sich Symptome, die bereits vor der Infektion auftraten, infolge der Erkrankung verschlechtert haben.
Das Ziel ist, alle körperlichen und psychischen Beschwerden sowie dadurch bedingte Einschränkungen zu erfassen.
Im Gespräch kann unter anderem gefragt werden:
- ob und in welchem Maß der Alltag und, sofern zutreffend, das Berufsleben beeinträchtigt sind
- ob psychische Symptome wie Ängstlichkeit oder Anzeichen einer Depression auftreten
- ob und inwieweit die geistigen und körperlichen Funktionsfähigkeiten eingeschränkt sind
Je nach Art und Schwere der Symptome oder bei unklaren Beschwerden kann eine fachärztliche Abklärung mit zum Beispiel technischen Verfahren oder Bluttests erforderlich sein.
Wichtig zu wissen: Die ärztliche Abklärung ist wichtig, um Organkomplikationen zu entdecken und andere Erkrankungen als Ursache auszuschließen.
Wie behandelt man Long COVID?
Eine spezielle Long-COVID-Therapie gibt es derzeit nicht. Die Behandlung beschränkt sich daher bislang darauf, die Symptome zu lindern.
Um die Beschwerden bestmöglich zu lindern und die Lebensqualität und Belastbarkeit von Menschen mit Long COVID zu verbessern, sind frühzeitige und gezielte medizinische Beratungs- und Behandlungsangebote wichtig.
Behandlungsmaßnahmen
Je nachdem, welche Beschwerden vorliegen und welche Organsysteme betroffen sind, kann eine gezielte fachärztliche Behandlung notwendig sein.
Weitere mögliche Maßnahmen sind:
- Schmerztherapie
- gezielte physiotherapeutische Maßnahmen
- körperliches und geistiges (kognitives) Training
- Anleitung zur Schlafhygiene
- Methoden zum Stressabbau
- psychotherapeutische Behandlung
- Energie- und Aktivitätsmanagement (Pacing) bei chronischem Fatigue-Syndrom: Hier geht es darum zu lernen, schonend mit den eigenen Energiereserven umzugehen, um die Belastungsgrenze nicht zu überschreiten.
Ziel der Behandlung
Je nach Art und Stärke der körperlichen oder psychischen Beeinträchtigungen können verschiedene Maßnahmen helfen, den Gesundheitszustand zu verbessern.
Die Angebote werden auf das individuelle Beschwerdebild und die Lebenssituation ausgerichtet.
Ein wichtiges Ziel ist zu verhindern, dass die Symptome chronisch werden. Ärzte- und Forscherteams arbeiten intensiv daran, spezielle Therapiekonzepte zu entwickeln.
Wesentlich ist auch, dass Menschen mit Long COVID lernen, mit der Erkrankung im Alltag besser umzugehen. Eine individuelle Anleitung durch geschultes Personal kann dabei unterstützen.
Welche Reha-Möglichkeiten gibt es bei Long COVID?
Eine Rehabilitation durch ein geschultes, fachübergreifendes Team kann Menschen mit Long COVID helfen, wieder belastbarer und leistungsfähiger zu werden.
Die Reha kann stationär oder ambulant erfolgen. Zudem besteht je nach Schwere der Einschränkungen die Möglichkeit, eine Nachsorge sowie Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben in Anspruch zu nehmen.
Zusätzliche Informationen zur Rehabilitation bei Long COVID finden Sie auf der Website der Deutschen Rentenversicherung und des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales.
COVID-19 als Berufskrankheit
Unter bestimmten Voraussetzungen erkennt die gesetzliche Unfallversicherung COVID-19 als Berufskrankheit oder Arbeitsunfall an.
Personen, für die das gilt, können sich an den Versicherungsträger wenden, wenn sie Rehabilitationsmaßnahmen aufgrund von Long COVID in Anspruch nehmen möchten.
Wo finde ich Unterstützung im Alltag mit Long COVID?
Selbsthilfegruppen bieten Menschen mit Long COVID oder Post-COVID und ihren Angehörigen die Möglichkeit, sich zu informieren und beraten zu lassen sowie persönliche Erfahrungen auszutauschen.
Weiterführende Informationen zu COVID-19-Selbsthilfegruppen finden Sie auf der Website der Nationalen Kontakt- und Informationsstelle zur Anregung und Unterstützung von Selbsthilfegruppen (NAKOS).
Zudem bieten Kliniken und Krankenhäuser Post-COVID-Sprechstunden an oder verfügen über Post-COVID-Ambulanzen, wo man sich vorstellen und beraten lassen kann.
Eine Übersicht der Post-COVID-19-Ambulanzen in Deutschland finden Sie auf der Website der Initiative Long COVID Deutschland.
Wo findet man weitere Informationen zu Long COVID?
Weiterführende Informationen zu den Langzeitfolgen einer Corona-Infektion finden Sie auf der Website der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) und des Robert Koch-Instituts (RKI).
Auf der Website der Bundesarbeitsgemeinschaft Selbsthilfe von Menschen mit Behinderung, chronischer Erkrankung und ihren Angehörigen e.V. (BAG Selbsthilfe) können Sie Selbsthilfegruppen finden und sich über Long COVID sowie Anlaufstellen in der Versorgung informieren.
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In Zusammenarbeit mit dem Robert Koch-Institut (RKI).
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