Wenn man sich Pflege nicht leisten kann: Hilfe zur Pflege
Wenn Einkommen und Rente nicht für die Pflege ausreichen, können Pflegebedürftige finanzielle Hilfe beim Sozialamt beantragen. Für die Hilfe zur Pflege wird zuvor die finanzielle Bedürftigkeit geprüft. Informationen zu Antrag, Leistungen und Einkommensprüfung finden Sie hier.
Auf einen Blick
- Pflegebedürftige können finanzielle Hilfe zur Pflege beantragen, wenn ihr Einkommen oder ihre Rente für den individuellen Pflegebedarf nicht ausreichen.
- Pflegeleistungen der Pflegeversicherung werden unabhängig von Einkommen und Vermögen gezahlt und sind in der Höhe begrenzt. Die Hilfe zur Pflege ist abhängig von Einkommen und Vermögen, deckt jedoch den tatsächlichen Pflegebedarf ab.
- Voraussetzung für Hilfe zur Pflege ist eine Pflegebedürftigkeit und eine finanzielle Bedürftigkeit.
- Bei der Berechnung der finanziellen Bedürftigkeit werden Einkommen und Vermögen aller Angehörigen aus dem Haushalt der pflegebedürftigen Person berücksichtigt.
Was ist die „Hilfe zur Pflege”?
Wenn Menschen pflegebedürftig werden, benötigen sie Unterstützung im Alltag. Diese kann sehr aufwendig und teuer sein. Menschen mit einem Pflegegrad bekommen daher Leistungen von der Pflegeversicherung. Allerdings decken diese Leistungen oft nicht alle Kosten für die Pflege ab, da einem – je nach Pflegegrad – ein feststehender Pauschalbetrag zur Verfügung steht.
Wenn die notwendige pflegerische Unterstützung mehr kostet oder man gar keinen Anspruch auf die Leistungen der Pflegeversicherung hat, muss der Mehraufwand beziehungsweise die gesamte Pflege selbst gezahlt werden. Dies betrifft beispielsweise Menschen mit schweren mehrfachen Behinderungen oder Menschen ohne ausreichenden Versicherungsschutz.
Pflegebedürftige mit geringem Einkommen oder geringer Rente können in solch einem Fall finanzielle „Hilfe zur Pflege” beim Sozialamt beantragen, wenn sie für die Kosten nicht aufkommen können. Anders als die Pflegeversicherung übernimmt das Sozialamt die Kosten für die Pflege im Einzelfall in voller Höhe.
Für den Antrag prüft das Sozialamt individuell, ob und in welcher Höhe Pflegebedürftige Anspruch auf Hilfe zur Pflege haben. Voraussetzung ist eine finanzielle Bedürftigkeit: Das Sozialamt berechnet eine individuelle Einkommens- und Vermögensgrenze, die nicht oder nur geringfügig überschritten werden darf. Außerdem muss die antragstellende Person pflegebedürftig sein. Dies muss bereits durch die Pflegekasse geprüft sein oder durch eine vom Sozialamt veranlasste Pflegebegutachtung nachgeholt werden.
Welche Leistungen umfasst die Hilfe zur Pflege?
Das Sozialamt zahlt alle Leistungen, die normalerweise die Pflegekasse übernimmt. Beispielsweise:
- Häusliche Pflege: Beiträge für einen ambulanten Pflegedienst (Pflegesachleistungen) oder für selbstorganisierte Pflege (Pflegegeld)
- teilstationäre Pflege: Beiträge für die Tages- oder Nachtpflege in einer Pflegeeinrichtung
- vollstationäre Pflege: Übernahme der Kosten für die dauerhafte Versorgung in einer Pflegeeinrichtung
- Maßnahmen zur Verbesserung des Wohnumfelds
- Kurzzeitpflege
- Verhinderungspflege
- Entlastungsbetrag: Dieser kann verwendet werden, um pflegende Angehörige zu entlasten oder für Angebote, die Pflegebedürftige in ihrer Selbstständigkeit fördern.
- Pflegehilfsmittel
- digitale Pflegeanwendungen: beispielsweise Apps, die helfen, den pflegerischen Alltag zu organisieren und zu bewältigen
Wie auch bei der Pflegeversicherung haben Menschen mit dem niedrigsten Pflegegrad (1) Anspruch auf weniger Leistungen. Dies sind:
- Pflegehilfsmittel
- Maßnahmen zur Verbesserung des Wohnumfelds
- Entlastungsbetrag
- digitale Pflegeanwendungen
Für Menschen mit Pflegegrad und niedrigem Einkommen erstattet das Sozialamt die tatsächlich anfallenden Kosten für die Pflege als ergänzende Hilfe zu den Leistungen der Pflegeversicherung.
Für pflegebedürftige Personen, die keinen Anspruch auf Leistungen der Pflegeversicherung haben, zahlt das Sozialamt Pflegeleistungen in derselben Höhe wie die Pflegeversicherung.
Wer bekommt Hilfe zur Pflege?
Das Sozialamt zahlt für die Pflege, wenn Einkommen und Vermögen nicht ausreichen und man keine oder nicht genügend Leistungen von der Pflegeversicherung bekommt. Das ist der Fall, wenn:
- der Pflegebedarf besonders hoch ist und bei der Pflege Kosten entstehen, die durch die begrenzten Leistungen der Pflegeversicherung nicht gedeckt werden.
- nur ein kurzfristiger Pflegebedarf besteht: Eine Pflegebedürftigkeit liegt im Grunde vor, aber voraussichtlich für weniger als sechs Monate. In solch einem Fall wird von der Pflegekasse kein Pflegegrad erteilt und es besteht kein Anspruch auf Leistungen der Pflegeversicherung.
- keine Pflegeversicherung vorliegt: Es besteht kein Anspruch auf Leistungen der Pflegeversicherung, weil die Vorversicherungszeit nicht erfüllt ist (für 2 Jahre innerhalb der letzten 10 Jahre vor der Antragstellung versichert gewesen zu sein) oder die Person nicht kranken- und pflegeversichert ist.
Hilfe zur Pflege wird außerdem nur gezahlt, wenn keine Ansprüche auf Leistungen anderer Sozialversicherungsträger bestehen, beispielsweise der Kranken- oder Unfallkasse. Man nennt dies „Nachrangigkeit der Sozialhilfe”.
Wie wird Ihr Anspruch auf Hilfe zur Pflege geprüft?
Anspruch auf Hilfe zur Pflege haben Menschen, die sowohl finanziell bedürftig als auch pflegebedürftig sind. Für den Antrag muss beides geprüft werden.
Ob jemand pflegebedürftig ist, prüft die Pflegekasse durch eine Pflegebegutachtung. Das Sozialamt ist an die Entscheidung der Pflegekasse über den Pflegegrad gebunden.
Ein Gutachten der Pflegekasse muss also für den Antrag auf Hilfe zur Pflege bereits vorliegen. Bei Menschen, die nicht versichert sind, veranlasst das Sozialamt selbst eine Pflegebegutachtung. Diese wird nach denselben Kriterien durchgeführt wie die Begutachtung durch den Medizinischen Dienst im Auftrag der Pflegekassen.
Über die finanzielle Bedürftigkeit entscheidet das Sozialamt. Dafür müssen regelmäßige Einkommen und Vermögen offengelegt werden. Hilfe zur Pflege ist möglich, wenn das eigene Einkommen und Vermögen gesetzlich definierte Grenzen unter- oder geringfügig überschreiten. Bei der Berechnung werden auch Einkommen und Vermögen des Ehe- oder Lebenspartners berücksichtigt.
Berechnung der Einkommensgrenze bei ambulanter Pflege
Bei dieser Einkommensgrenze handelt es sich nicht um eine feste Summe. Vielmehr ist es der individuelle Betrag, der einem und den gegebenenfalls im selben Haushalt lebenden Angehörigen monatlich für den Lebensunterhalt zur Verfügung stehen sollte.
Dieser ermittelt sich aus einem Grundbetrag von aktuell 1004 Euro und gegebenenfalls einem Familienzuschlag von 352 Euro (Stand: Januar 2023) pro im Haushalt lebendem Angehörigen sowie Kosten für Miete ohne Strom, Heizung und Warmwasser. Dazu kommen eventuelle Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung bei freiwillig und privat Versicherten.
Liegt das eigene Einkommen beziehungsweise das gemeinsame Haushaltseinkommen unter dieser Grenze, zahlt das Sozialamt Hilfe zur Pflege in voller Höhe. Überschreitet das Einkommen die Einkommensgrenze, werden die Kosten nur zum Teil übernommen.
Auch das eigene oder gemeinsame Vermögen wird herangezogen, um die Einkommensgrenze zu berechnen. Davon ausgenommen bleibt ein Schonvermögen. Dazu gehören unter anderem selbst genutztes Wohneigentum, jeweils 10.000 Euro Barbetrag für sich und Ehe- oder Lebenspartner sowie ein angemessener Betrag als Rücklage für die eigene Bestattung und Grabpflege.
Besonderheit bei vollstationärer Pflege
Wenn beide Ehe- oder Lebenspartner in einer Pflegeeinrichtung leben, muss das gesamte Einkommen und Vermögen für die Heimkosten verwendet werden. Für die eigene Verwendung bleiben ein monatliches Taschengeld und das Schonvermögen. Dies gilt auch für Alleinstehende.
Verbleibt einer der Ehe- oder Lebenspartner in der gemeinsamen Wohnung oder dem gemeinsamen Haus, muss dieser sich an den Heimkosten beteiligen. Dabei muss ihm oder ihr so viel Geld bleiben, dass der Lebensunterhalt weiterhin davon bestritten werden kann. Wie hoch dieser Betrag ist, wird vom Sozialamt im Einzelfall festgestellt. Eine Rolle spielt dabei auch die individuelle Lebenssituation.
Beratung
Bei der Berechnung des Einkommens und der Kostenbeteiligung spielen beispielsweise regelmäßige Einkünfte (Einkommen, Renten und Pensionen, Unterhaltszahlungen von Verwandten, Miet- und Pachteinnahmen, Einkünfte aus Kapitalvermögen) und Ausgaben, die Leistungen anderer Sozialversicherungsträger und verschiedene besondere Belastungen eine Rolle. Manches wird gänzlich oder nur teilweise angerechnet oder berücksichtigt.
Lassen Sie sich daher individuell beim Sozialamt oder einer Pflegeberatungsstelle zu Ihrem Anspruch beraten.
Örtliche Pflegeberatungsstellen finden Sie auf der Webseite des Zentrums für Qualität in der Pflege (ZQP).
Genauere Informationen über relevantes Einkommen und Vermögen sowie Schonvermögen und Bestattungsvorsorge erhalten Sie bei der Verbraucherzentrale.
Müssen sich Kinder an den Kosten für Pflege beteiligen?
Wenn Einkommen und Vermögen der pflegebedürftigen Eltern nicht für die Pflege ausreichen, können erwachsene Kinder vom Sozialamt zum Unterhalt verpflichtet werden – aber nur, wenn ihr Bruttoeinkommen 100.000 Euro im Jahr übersteigt.
Auch Eltern von pflegebedürftigen Kindern kann das Sozialamt erst zu Unterhaltszahlungen verpflichten, wenn ihr gemeinsames Bruttoeinkommen 100.000 Euro im Jahr übersteigt.
Wichtig zu wissen: In der Sozialhilfe sind nur Personen unterhaltspflichtig, die ersten Grades mit der Antragstellerin oder dem Antragsteller verwandt sind, also Eltern oder Kinder, nicht aber die Großeltern oder Enkelkinder. Auch Schwiegerkinder müssen sich mit ihrem Einkommen und Vermögen nicht am Elternunterhalt beteiligen.
Weitere Informationen zum Thema Elternunterhalt finden Sie bei der Verbraucherzentrale.
Wie beantrage ich Hilfe zur Pflege?
Für den Antrag reicht ein Anruf beim zuständigen Sozialamt. Besser ist es jedoch, die Hilfe zur Pflege schriftlich zu beantragen, um einen Nachweis zu haben. Denn bis zu dem Tag dieser Meldung wird auch rückwirkend Geld gezahlt, aber nicht darüber hinaus. Das Amt sendet Ihnen dann ein Antragsformular zu.
Örtlich zuständig ist das Sozialamt, in dessen Bereich die Antragstellerin oder der Antragsteller wohnt. Es bleibt auch zuständig, wenn die Person in eine Pflegeeinrichtung außerhalb des Bereichs umzieht.
In der Regel müssen folgende Unterlagen dem unterschriebenen Antragsformular beigelegt werden:
- Personalausweis oder Reisepass
- Belege über Einkommen oder Rente
- gegebenenfalls Belege über Vermögen
- Bescheid über den Pflegegrad
- gegebenenfalls Vorsorge- oder Betreuungsvollmacht
- Rechnungen von Pflegediensten oder dem Pflegeheim
- Nachweise über Ausgaben, zum Beispiel Mietkosten, Bestattungsvorsorge oder besondere Belastungen
Hat das Sozialamt alle Unterlagen und das Einkommen geprüft, versendet es einen Bescheid mit der Entscheidung über den Antrag. Wer mit dem Bescheid nicht einverstanden sind, kann innerhalb eines Monats Widerspruch einlegen.
Wenn Sie darüber hinaus Unterstützung beim Antrag benötigen, helfen auch Pflegeberatungsstellen.
- Familienratgeber.de der Aktion Mensch. Sozialhilfe und Pflege. Aufgerufen am 25.11.2021.
- Bundesamt für Justiz. Siebtes Kapitel: Hilfe zur Pflege. Aufgerufen am 25.11.2021.
- Pflegestützpunkt Berlin. Informationsblatt Nr. 37. Hilfe zur Pflege vom Bezirksamt. Aufgerufen am 25.11.2021.
- Verbraucherzentrale. Sozialhilfe: Wann sich das Sozialamt an Pflegekosten beteiligt. Aufgerufen am 25.11.2021.
- Verbraucherzentrale. Elternunterhalt: Kinder zahlen erst ab 100.000 Euro Jahreseinkommen. Aufgerufen am 25.11.2021.
Geprüft durch die Verbraucherzentrale Rheinland-Pfalz e.V. (VZ RLP)
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