Pflege und Beruf vereinbaren
Ein Familienmitglied zu pflegen und gleichzeitig berufstätig zu sein ist für viele mit großen Herausforderungen verbunden. Pflegende Angehörige benötigen vor allem Zeit, Flexibilität und Betreuungsangebote. Pflegeleistungen können Entlastung bieten, aber auch Unternehmen können die bessere Vereinbarkeit unterstützen.
Auf einen Blick
- Gesetzliche Ansprüche auf Freistellungen und Teilzeit, wie Pflegezeit und Familienpflegezeit, ermöglichen es Angehörigen, flexibel zu reagieren und die Pflege für eine gewisse Zeit selbst zu übernehmen.
- Der Anspruch auf kurzzeitige Arbeitsverhinderung und Pflegeunterstützungsgeld wurde zum 1. Januar 2024 erweitert.
- Mit Pflegeleistungen lassen sich Pflege- und Betreuungsangebote finanzieren.
- Pflegezeit, Familienpflegezeit und Pflegeleistungen sind nur möglich, wenn ein Pflegegrad vorliegt.
- Alle Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer haben jedoch einen allgemeinen Anspruch auf Teilzeitarbeit und Sonderurlaub.
- Arbeitgeber und Arbeitgeberinnen können zusätzlich freiwillig unterstützen.
Was benötigen Angehörige, um Beruf und Pflege zu vereinbaren?
Was pflegenden Angehörigen hilft, Berufstätigkeit und Pflege zu vereinbaren, ist sehr individuell: Je mehr Unterstützung pflegebedürftige Menschen benötigen, desto komplizierter wird es, beides unter einen Hut zu bekommen. Erschwerend kommt hinzu, dass Pflege sich nicht immer planen lässt, da sich der Pflegebedarf zum Beispiel durch Krankheit spontan ändern kann.
Einige Angehörige benötigen Zeit und die Möglichkeit, auf unvorhergesehene Ereignisse flexibel reagieren zu können, andere profitieren von praktischer Unterstützung im Pflegealltag. Manche benötigen jemanden, mit dem sie ihre Sorgen teilen können – oder auch alles zusammen.
Ein wichtiger Punkt ist außerdem die Finanzierung. Wer seine Arbeitszeit reduziert, um Teile der Pflege zu übernehmen, erhält wenig Lohnersatzleistungen. Pflegende mit geringem Einkommen und wenig Vermögen müssen unter Umständen Sozialhilfe beantragen.
Die Pflegeversicherung bietet über Pflegeleistungen finanzielle Unterstützung für Dienstleistungen, die pflegende Angehörige entlasten und ihnen Freiräume schaffen. Berufstätige pflegende Angehörige haben besondere gesetzliche Ansprüche auf Freistellungen und befristete Teilzeit, die mit Kündigungsschutz und besonderen Finanzierungsmöglichkeiten verbunden sind:
- Pflegezeit
- Familienpflegezeit
- kurzfristige Arbeitsverhinderung
Diese Erleichterungen sind nur möglich, wenn die gepflegte Person einen Pflegegrad hat oder zuerkannt bekommt. Bei der kurzfristigen Arbeitsverhinderung reicht es, eine ärztliche Bescheinigung vorzulegen, dass eine Pflegebedürftigkeit wahrscheinlich eintreten wird.
Viele Berufstätige unterstützen aber auch Angehörige, die keinen Anspruch auf Pflegeleistungen haben, zum Beispiel Ältere oder wenn ein Familienmitglied kurzzeitig schwer erkrankt ist. Bei anderen reichen Pflegeleistungen nicht aus oder lassen sich nicht ausreichend mit den beruflichen Anforderungen in Einklang bringen, wie es etwa häufig bei der Versorgung von pflegebedürftigen Kindern der Fall ist.
Sie können unter Umständen den allgemeinen Anspruch auf Teilzeit und Sonderurlaub nutzen, der für alle Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer besteht. Dieser ist aber nicht mit den Vorzügen der Familienpflege verbunden, zu denen Kündigungsschutz, Unfallversicherung und Flexibilität zählen.
Wenn gesetzliche Leistungen nicht ausreichen, kann es sinnvoll sein, den Arbeitgeber um Unterstützung zu bitten: Immer mehr Unternehmen stellen sich darauf ein, dass Beschäftigte ältere und erkrankte Angehörige pflegen.
Beratungsstellen in Ihrer Nähe finden Sie in der Datenbank des Zentrums für Qualität in der Pflege (ZQP).
Wie können pflegende Angehörige bei der Pflege und Betreuung entlastet werden?
Wenn pflegende Angehörige ihren Beruf ausüben möchten, benötigen sie meist jemanden, der die pflegebedürftige Person für einige Stunden, Teile des Tages oder auch durchgehend versorgt. Zudem entlastet es sie, wenn sie Aufgaben wie Haushaltstätigkeiten und Besorgungen abgeben können.
Welche Leistungen bietet die Pflegeversicherung für die Vereinbarkeit von Pflege und Beruf?
Verschiedene Angebote werden über Leistungen der Pflegeversicherung bezuschusst:
- Pflege- und Betreuungsdienst: Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter kommen für Pflege- oder Betreuungs-Tätigkeiten für eine gewisse Zeit nach Hause. Die Dauer richtet sich danach, wofür sie beauftragt werden.
- Tagespflege: Pflegebedürftige Menschen werden einen Teil des Tages in einer ambulanten Pflegeeinrichtung gepflegt und betreut. Mancherorts gibt es auch Nachtpflege-Angebote.
- Verhinderungspflege: Wenn die Pflegeperson beispielsweise wegen beruflichen Verpflichtungen ausfällt, kann mit Verhinderungspflege eine wochen-, tage-, oder stundenweise Vertretung finanziert werden. Dies kann durch Pflegedienste sowie Verwandte und Ehrenamtliche übernommen werden.
- Kurzzeitpflege: Wenn die Pflegeperson ausfällt, beispielsweise wegen einer längeren Dienstreise oder Urlaub, kann die pflegebedürftige Person währenddessen in einer Pflegeeinrichtung versorgt werden.
- Entlastungsbetrag: Damit kann eine stundenweise Betreuung beispielsweise zu Hause oder in Gruppenangeboten wie Demenz-Cafés finanziert werden. Auch für eine direkte Hilfe im Alltag, beispielsweise eine Haushaltshilfe, kann der Entlastungsbetrag verwendet werden.
- Pflegegeld: Es kann genutzt werden, um Angehörigen, Freunden und/oder Bekannten eine finanzielle Anerkennung für ihre Hilfe zukommen zu lassen.
Voraussetzung für diese Leistungen ist, dass mindestens der Pflegegrad 2 vorliegt. Einzig den Entlastungsbetrag gibt es ab Pflegegrad 1.
Konkrete Beispiele, wie Pflegeleistungen eingesetzt werden können, um Angehörige im Alltag zu unterstützen, bieten die Verbraucherzentralen.
Ehrenamt und Nachbarschaft
In vielen Orten ist das ehrenamtliche Engagement groß: Ehrenamtliche und Nachbarn kümmern sich stundenweise um ältere und pflegebedürftige Menschen, beispielsweise indem sie ihnen vorlesen oder sie bei Erledigungen außer Haus begleiten.
Diese Angebote sind in der Regel kostenlos oder mit einer Aufwandsentschädigung verbunden. Sie können von Menschen ohne Pflegegrad genutzt werden, aber auch von Menschen, bei denen die Pflegeleistungen nicht ausreichen oder wenn Angehörige weit entfernt wohnen.
Wichtig zu wissen: Trickbetrüger versuchen auf vielen Wegen, die Situation älterer Menschen auszunutzen. Wenn Sie die Hilfe von Ehrenamtlichen annehmen möchten, ist es ratsam, auf Angebote von Bekannten oder öffentlichen Einrichtungen zurückzugreifen, beispielsweise von Vereinen, Verbänden und Nachbarschaftseinrichtungen. Diese schulen ihre Ehrenamtlichen zudem häufig für ihren Einsatz.
Sozial- und Wohlfahrtsverbände sowie Selbsthilfevereine bieten häufig Besuchs- und Begleitdienste und andere Ehrenamtsangebote. Viele Pflegestützpunkte und Nachbarschaftseinrichtungen kennen mögliche Angebote vor Ort.
Eine Übersicht zu Ehrenamtsangeboten bietet das Bundesinnenministerium.
Live-In-Betreuung
Familien, die sich eine ganztägige Versorgung wünschen, greifen häufig auf Pflegepersonen zurück, die im Pflegehaushalt wohnen. Die Kosten müssen die Familien selbst übernehmen. Menschen mit Pflegegrad können hierfür das Pflegegeld einsetzen.
Dieses Modell wird auch „24-Stunden-Pflege” genannt. Eine Rund-um-die-Uhr-Versorgung und medizinische Behandlungspflege sind damit aber in der Regel nicht möglich.
Mehr Informationen erhalten Sie im Artikel Unterstützung durch im Haushalt wohnende Betreuungskräfte.
Welche Möglichkeiten gibt es, wenn man sich kurzfristig um die Pflege kümmern muss?
Müssen sich Angehörige unerwartet und sofort um die Pflege eines nahen pflegebedürftigen Familienmitglieds kümmern, können sie sich spontan bis zu 10 Tage von der Arbeit freistellen lassen und dafür die „Kurzzeitige Arbeitsverhinderung” in Anspruch nehmen. Dies ist seit dem 1. Januar 2024 jährlich möglich, wenn die Voraussetzungen erfüllt sind. Der jährliche Anspruch besteht außerdem jeweils je pflegebedürftiger Person. In dieser Zeit können sie die Pflege organisieren und die Versorgung sicherstellen.
Solche akuten Pflegesituationen können beispielsweise eintreten, wenn eine Pflegeperson oder der ambulante Pflegedienst kurzfristig ausfällt oder wenn ein Familienmitglied aufgrund einer Erkrankung plötzlich auf Pflege und Betreuung angewiesen ist.
Das Recht auf diese Freistellung haben Beschäftigte unabhängig von der Unternehmensgröße. Eine Ankündigungsfrist gibt es nicht. Die Arbeitnehmerin oder der Arbeitnehmer ist verpflichtet, den Verhinderungsgrund und die voraussichtliche Dauer unverzüglich mitzuteilen. Sofern vom Arbeitgeber gewünscht, muss zudem eine ärztliche Bescheinigung darüber vorgelegt werden, dass ein Angehöriger (voraussichtlich) pflegebedürftig ist und eine pflegerische Versorgung organisiert oder selbst sichergestellt werden muss.
Sie brauchen die 10 Tage nicht am Stück zu nehmen und können mehrmals wenige Tage frei nehmen. Außerdem können Sie sie auf mehrere Personen aufteilen. Wird ein weiterer Angehöriger pflegebedürftig, können Sie sich erneut für 10 Tage freistellen lassen.
Personenkreise
Als nahe Angehörige zählen:
- verheirate Paare und Paare, die in einer eheähnlichen Gemeinschaft leben
- Geschwister, Eltern, Großeltern und Stiefeltern
- Kinder, Enkelkinder, Stiefkinder, Pflegekinder und Adoptivkinder sowie Adoptiv- oder Pflegekinder des verheiraten Partners
- Schwiegereltern, die Schwägerin und der Schwager der Ehe- oder Lebenspartner, Ehe- oder Lebenspartner der Kinder (Schwiegerkinder)
Als Beschäftigte zählen:
- Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer
- Auszubildende
- arbeitnehmerähnliche Personen
Pflegeunterstützungsgeld
Wer eine Kurzzeitige Arbeitsverhinderung in Anspruch nimmt, erhält das Gehalt nur weiter, sofern dies im Arbeits- oder Tarifvertrag oder einer Betriebsvereinbarung vereinbart wurde oder sich dies aus anderen gesetzlichen Vorschriften ergibt. Andernfalls kann man pro Jahr für bis zu 10 Arbeitstage je pflegebedürftiger Person Pflegeunterstützungsgeld erhalten.
Es beträgt 90 Prozent des ausgefallenen Netto-Entgelts und muss unverzüglich bei der Pflegekasse oder der privaten Pflegeversicherung des pflegebedürftigen Angehörigen beantragt werden. Notwendig ist hierfür die ärztliche Bescheinigung über die (voraussichtliche) Pflegebedürftigkeit, die die Erforderlichkeit der Arbeitsbefreiung deutlich macht. Ein Pflegegrad der oder des Angehörigen ist nicht notwendig.
Weitere Informationen zur kurzfristigen Arbeitsverhinderung und zum Pflegeunterstützungsgeld erhalten Sie beim Bundesfamilienministerium.
Sozialversicherungsbeiträge
Bei der kurzzeitigen Arbeitsverhinderung bleibt der Versicherungsschutz in der Kranken-, Pflege-, Renten- und Arbeitslosenversicherung bestehen, auch wenn Sie kein Arbeitsentgelt erhalten.
Wenn Sie Pflegeunterstützungsgeld erhalten, werden davon die Versicherungsbeiträge gezahlt.
Bezahlter Sonderurlaub
Neben der Freistellung wegen kurzzeitiger Arbeitsverhinderung nach dem Pflegezeitgesetz haben alle Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer ein Recht auf bezahlten Sonderurlaub nach dem Bürgerlichen Gesetzbuch (§ 616 BGB), wenn sie aus persönlichen Gründen und unverschuldet verhindert sind.
Weitere Details zu Gründen und Dauer der bezahlten Freistellung nennt das Gesetz nicht. Unvorhergesehene Erkrankungen naher Angehöriger, die eine Pflege erforderlich machen, können dazu zählen. Jedoch sind auch bei schwerwiegenden Umständen in der Regel nur wenige Tage Sonderurlaub möglich.
Häufig finden sich Details in Arbeits- und Tarifverträgen sowie Betriebs- oder Dienstvereinbarungen. So ist in vielen Tarifverträgen festgehalten, wie lange eine bezahlte Freistellung je nach Verhinderungsgrund möglich ist. Eine bezahlte Freistellung kann in Verträgen auch grundsätzlich ausgeschlossen werden.
Langfristige Freistellung und Reduzierung der Arbeitszeit - was ist möglich?
Wenn pflegende Angehörige sich dauerhaft auf die Versorgung von Angehörigen konzentrieren möchten, gibt es verschiedene Möglichkeiten, sich für einen bestimmten Zeitraum von der Arbeit freistellen zu lassen oder die Arbeitszeit zu reduzieren.
Was sind Pflegezeit und Familienpflegezeit?
Nahe Angehörige von Menschen mit einem Pflegegrad haben Anspruch auf Freistellung und befristete Teilzeitarbeit im Rahmen der Pflegezeit und Familienpflegezeit.
Die Pflegezeit ermöglicht es Beschäftigten, sich für insgesamt 6 Monate vollständig von der Arbeit freistellen zu lassen oder die Arbeitszeit zu reduzieren. Ein Gehalt erhalten Sie nur, wenn Sie währenddessen Teilzeit arbeiten. Pflegezeit gilt nur in Betrieben, in denen mehr als 15 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter beschäftigt sind.
Die Familienpflegezeit ermöglicht Beschäftigten, für einen Zeitraum von insgesamt 24 Monaten die Arbeitszeit zu reduzieren. Die wöchentliche Arbeitszeit muss aber mindestens 15 Stunden betragen. Auch eine unterschiedliche Wochenstundenzahl und Verteilung der Arbeitszeit ist möglich. Diese darf im Jahresdurchschnitt 15 Stunden pro Woche nicht unterschreiten. Familienpflegezeit gilt nur in Betrieben, in denen mehr als 25 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter beschäftigt sind.
Pflegezeit und Familienpflegezeit lassen sich miteinander kombinieren. Die Freistellungen müssen in diesem Fall jedoch unmittelbar aneinander anschließen und dürfen insgesamt höchstens 24 Monate dauern.
Anspruch auf Pflegezeit und Familienpflegezeit besteht
- bei der Pflege von nahen Angehörigen mit einem der Pflegegrade 1 bis 5, die zu Hause gepflegt werden.
- bei pflegebedürftigen Kindern oder Enkelkindern unter 18 Jahren, die zu Hause oder stationär betreut werden.
Der Anspruch gilt einmalig pro nahem Angehörigen mit Pflegegrad. Es ist also möglich, mehrmals Pflegezeit und Familienpflegezeit zu nehmen, wenn beispielsweise Mutter und Vater pflegebedürftig sind.
Antrag
Wer Pflegezeit in Anspruch nehmen möchte, muss dies seinem Arbeitgeber spätestens 10 Arbeitstage vor dem geplanten Start schriftlich ankündigen, bei Familienpflegezeit 8 Wochen vorher. Ab dem Zeitpunkt der Meldung kann Ihnen nicht mehr gekündigt werden. Der Kündigungsschutz beginnt frühestens 12 Wochen vor dem Start der Freistellung und endet mit deren Ablauf.
Der Antrag muss Angaben enthalten, für welchen Zeitraum die Pflegezeit oder Familienpflegezeit in Anspruch genommen und um wie viele Stunden die Arbeitszeit reduziert werden soll, sowie die gewünschte Verteilung der Arbeitszeit.
Bei Pflegezeit und nachfolgender Familienpflegezeit müssen Beschäftigte die Familienpflegezeit 3 Monate vor ihrem Beginn ankündigen. Bei Familienpflegezeit und nachfolgender Pflegezeit müssen Beschäftigte die Pflegezeit 8 Wochen vor ihrem Beginn ankündigen.
Finanzierung
Es handelt sich um unbezahlte Freistellungen: Das Einkommen wird in dieser Zeit reduziert oder pausiert. Entgangenes Einkommen kann durch ein zinsloses Pflege-Darlehen ausgeglichen werden.
Die Höhe des Darlehens richtet sich nach der Höhe des ausfallenden Gehalts. Es deckt bis zur Hälfte des entgangenen Nettogehalts und wird in monatlichen Raten ausgezahlt. Nach Ende der Freistellung muss das Darlehen zurückgezahlt werden. Auch dies ist in Raten möglich. Im Rahmen einer Härtefallregelung besteht die Möglichkeit, auf Antrag die Rückzahlung des Darlehens zu stunden, das Darlehen teilweise zu erlassen oder die Darlehensschuld erlöschen zu lassen.
Das Darlehen muss beim Bundesamt für Familie und zivilgesellschaftliche Aufgaben beantragt werden.
Sozialversicherungsbeiträge
Eine berufliche Auszeit wegen der Pflege eines nahen Angehörigen hat Auswirkungen auf die Sozialversicherungsbeiträge zur Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung.
Wenn Sie sich vollständig freistellen lassen oder ihr Teilzeit-Gehalt weniger als 521 Euro beträgt, werden keine Beiträge zur Sozialversicherung gezahlt. Beschäftige können sich aber für die Zeit über ein Familienmitglied mitversichern oder freiwillig versichern. Für die freiwillige Versicherung zahlen Pflegekassen und private Versicherungen Zuschüsse zur Kranken- und Pflegekasse. Informationen dazu erhalten Sie bei Ihrer Kranken- und Pflegekasse beziehungsweise Ihrem privaten Versicherungsunternehmen.
Weitere Informationen zur Pflegezeit und Familienpflegezeit, Finanzierung und Versicherung sowie Musterbriefe bietet das Portal „Wege Zur Pflege” vom Bundesfamilienministerium.
Beamte und Soldaten
Beamtinnen und Beamte sowie Soldatinnen und Soldaten haben einen ähnlichen Anspruch auf Freistellung und Teilzeitarbeit wie Angestellte. Statt eines zinslosen Darlehens erhalten sie von ihren Dienstherren einen Vorschuss auf künftige Bezüge. Nach Ende der Pflege- und Familienpflegezeit bleiben die Bezüge reduziert, bis der Vorschuss zurückgezahlt ist.
Weitere Informationen zur Familienpflege für Beamtinnen und Beamte bietet der Deutsche Gewerkschaftsbund.
Teilzeitarbeit
Alle Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer haben einen allgemeinen Anspruch auf Teilzeitarbeit. Auch ohne Angehörige mit Pflegegrad können Sie einen Antrag auf Verringerung der vereinbarten Arbeitszeit bei ihrem Arbeitgeber über das Teilzeit- und Befristungsgesetz stellen (§ 8 TzBfG).
Anspruch besteht, wenn Sie seit mindestens sechs Monaten in dem Unternehmen arbeiten und dort mehr als 15 Mitarbeiter beschäftigt sind.
Auch über das TzBfG können Sie die Teilzeit befristen: Die Brückenteilzeit erlaubt es Ihnen, nach Ende der Befristung zu ihrer normalen Arbeitszeit zurückzukehren. Dies gilt jedoch nur in Unternehmen ab 45 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern und wenn nicht zu viele andere bereits Brückenteilzeit in Anspruch nehmen. Zudem muss die Befristung mindestens 1 Jahr und maximal 5 Jahre betragen.
Der Antrag muss drei Monate vor der gewünschten Arbeitszeitreduzierung vorliegen. Wegen des Teilzeitantrags darf Ihnen nicht gekündigt werden.
Mehr Informationen zum allgemeinen Anspruch auf Teilzeit, zu Teilzeitmodellen und Brückenteilzeit bietet das Bundesarbeitsministerium.
Interessant zu wissen: Das Pflegezeit-, Familienpflege- sowie das Teilzeit- und Befristungsgesetz legen Mindeststandards fest. Manche Unternehmen sind bereit, ihren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern über die gesetzlichen Ansprüche hinaus entgegenzukommen. Erfragen Sie, ob bereits solche Regelungen oder Betriebsvereinbarungen in Ihrem Unternehmen gelten.
Welche Möglichkeiten gibt es, um sterbende Angehörige zu begleiten?
Auch wenn sich Familienmitglieder in der letzten Lebensphase befinden, gibt es einen Anspruch auf Pflegezeit.
Nahe Angehörige können sich in so einer Situation bis zu drei Monate vollständig oder teilweise von der Arbeit freistellen lassen. Diese Form der Pflegezeit ist möglich, wenn die Versorgung zu Hause, im Krankenhaus, Pflegeheim oder Hospiz stattfindet.
Pflegebedürftigkeit muss dafür nicht vorliegen, Beschäftigte müssen ihrem Arbeitgeber aber eine ärztliche Bescheinigung über die begrenzte Lebenserwartung des Angehörigen vorlegen.
Alle weiteren Vorrausetzungen gleichen der langfristigen Freistellung über die Pflegezeit.
Wie lässt sich der Beruf mit der Versorgung von pflegebedürftigen Kindern verbinden?
Eltern von pflegebedürftigen Kindern haben Anspruch auf vollständige und teilweise Freistellungen nach dem Pflegezeit- und Familienpflegezeitgesetz – auch wenn die Pflege nicht zu Hause stattfindet. Zum Beispiel wenn minderjährige pflegebedürftige Kinder längerfristig stationär in einem Krankenhaus behandelt werden müssen und Betreuung durch ihre Eltern benötigen.
Eltern können zudem die Freistellungen für die Pflege und Betreuung zu Hause und in einer stationären Einrichtung miteinander kombinieren. Die Gesamtzeit darf aber bei Pflegezeit 6 Monate, bei Familienpflegezeit 24 Monate nicht überschreiten. Die Kombination aus allen Freistellungsmöglichkeiten darf 24 Monate nicht überschreiten.
Der Anspruch gilt einmalig pro Elternteil beziehungsweise nahem Angehörigen. Alle weiteren Regelungen aus dem Pflegezeit- und Familienpflegezeitgesetz bleiben bestehen.
Mehr Informationen zur Unterstützung von pflegebedürftigen Kindern und der Entlastung ihrer Eltern erhalten Sie im Artikel Pflegebedürftigkeit bei Kindern und Jugendlichen.
Weitere Informationen und Praxisbeispiele, wie sich die Versorgung eines pflegebedürftigen Kindes mit dem Beruf vereinbaren lässt, bietet der Bundesverband für körper- und mehrfachbehinderte Menschen e.V. (BVKM).
Wie können Unternehmen bei der Vereinbarkeit von Beruf und Pflege helfen?
Unternehmen haben die Möglichkeit, ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter bei der Pflege von Angehörigen freiwillig zu unterstützen – unabhängig von gesetzlichen Rahmenbedingungen und Vorgaben der Sozialversicherungen: Sie können den Pflegebegriff weiter fassen sowie früher und individuellere Unterstützung anbieten, als es die Pflegeversicherung tut.
Fragen Sie in der Personalabteilung oder beim Betriebsrat nach, ob es ein Vereinbarkeitskonzept oder Betriebsvereinbarungen im Unternehmen gibt, welche Maßnahmen Ihr Unternehmen anbietet und ob man Ihnen anderweitig entgegenkommen kann.
Mit flexiblen Arbeitszeitmodellen und der Möglichkeit, mobil oder im Homeoffice zu arbeiten, können Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber stark zur Entlastung Pflegender beitragen.
Dazu gehören
- Möglichkeit zur kurzfristigen Freistellung, Arbeitsbefreiung oder (bezahltem) Sonderurlaub, beispielsweise durch ähnliche Regelungen wie den Kindkrank-Tagen (Pflegekrank-Tage).
- langfristige Lösungen wie variable Arbeitszeitgestaltung durch Gleitzeitarbeit, flexible Pausenregelungen, Arbeitszeitkonten, flexiblen Überstundenabbau sowie Jobsharing und die Möglichkeit, bestimmte Aufgaben nach Hause zu verlegen oder bei Bedarf an andere Kolleginnen und Kollegen zu übertragen.
- Zuschüsse zu Hilfen im Haushalt sowie die Möglichkeit, den Dienstwagen und Telefonanschluss auch privat zu nutzen.
Einige Unternehmen beschäftigen Pflegelotsen, die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zum Thema Vereinbarkeit beratend zur Seite stehen.
Mehr Informationen zur Unterstützung von Unternehmensseite bietet der Leitfaden „Pflegende Beschäftigte brauchen Unterstützung” vom Bundesfamilienministerium und dem Deutscher Industrie- und Handelskammertag e.V.
Wie erkenne ich pflegefreundliche Unternehmen?
Es gibt wenige Zertifikate und Siegel, die speziell die Pflegefreundlichkeit eines Unternehmens ausweisen. Meistens zeichnen sie allgemeiner familienbewusste Arbeitgeber aus, wie beispielsweise das Siegel des „audit berufundfamilie” oder das Unternehmensnetzwerk „Erfolgsfaktor Familie”. Darüber hinaus gibt es viele regionale Initiativen.
Auch in Unternehmen ohne ausgewiesene Familienfreundlichkeit lohnt es sich nachzufragen, wie Sie bei der Vereinbarkeit mit Pflegeaufgaben unterstützt werden können.
Weitere Informationen zum Audit Beruf und Familie bietet die berufundfamilie Service GmbH.
Weitere Informationen zum Netzwerk Erfolgsfaktor Familie bietet das Bundesfamilienministerium.
Wie wirkt sich eine Pflege-Tätigkeit auf die Rente aus?
Damit sich Freistellungen und reduzierte Arbeitszeiten nicht negativ auf die Rente auswirken, können Sie mit der Pflegetätigkeit Extra-Rentenpunkte sammeln: Die Pflegekasse der pflegebedürftigen Person zahlt für Pflegepersonen Beiträge an die Rentenversicherung.
Dafür müssen Sie als Pflegeperson bei der Pflegekasse gemeldet sein. Dies sind die Voraussetzungen:
- Sie pflegen einen Menschen pro Woche mindestens 10 Stunden an 2 oder mehr Tagen.
- Sie bestreiten mit der Pflege nicht ihren Lebensunterhalt.
- Sie sind nicht regelmäßig mehr als 30 Stunden pro Woche erwerbstätig.
- Die pflegebedürftige Person hat mindestens den Pflegegrad 2.
- Die Pflege findet zu Hause statt.
Sie können sich auch die Pflege mit anderen teilen, wenn 10 Stunden nicht unterschritten werden.
Mehr Informationen zu zusätzlichen Rentenpunkten für pflegende Angehörige bietet die Deutsche Rentenversicherung.
Interessant zu wissen: Sie können Ihre Rente mit einer Pflegetätigkeit auch noch aufbessern, wenn Sie bereits in Rente sind. Dies wird Flexirente genannt.
Weitere Informationen zur Flexirente erhalten Sie bei den Verbraucherzentralen.
- BAGSO – Bundesarbeitsgemeinschaft der Seniorenorganisationen e.V. Entlastung für die Seele. Ein Ratgeber für pflegende Angehörige. 10. aktualisierte Auflage 2022.
- Bundesministerium der Justiz. Gesetz über die Familienpflegezeit (Familienpflegezeitgesetz - FPfZG). Stand: 19.12.2022
- Bundesministerium der Justiz. Gesetz über die Pflegezeit (Pflegezeitgesetz - PflegeZG). Stand: 19.12.2022
- Bundesministerium der Justiz. Gesetz über Teilzeitarbeit und befristete Arbeitsverträge (Teilzeit- und Befristungsgesetz - TzBfG). Stand: 20.7.2022
- Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend. Die Familienpflegezeit. Aufgerufen am 25.04.2023
- Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend. Wichtige Hinweise zum Thema Begleitung in der letzten Lebensphase. Aufgerufen am 25.04.2023
- Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend, Deutscher Industrie- und Handelskammertag e.V. Pflegende Beschäftigte brauchen Unterstützung. Oktober 2020, 1. Auflage.
- Compass private Pflegeversicherung GmbH. Vereinbarkeit von Pflege und Beruf. Aufgerufen am 25.04.2023
- Deutsche Gesellschaft für Allgemeinmedizin und Familienmedizin e.V. (DEGAM). Pflegende Angehörige von Erwachsenen. S3-Leitlinie. AWMF-Register-Nr. 053-006 DEGAM-Leitlinie Nr. 6. 2018.
- Initiative Gesundheit und Arbeit (iga). iga.Wegweiser. Beruf und Pflegeverantwortung. 1. Auflage März 2019.
- Kruse, Katja. Berufstätig sein mit einem behinderten Kind. Hrsg. Bundesverband für körper- und mehrfachbehinderte Menschen e.V. Düsseldorf 2019.
- Stiftung Warentest. Wann Ihnen Sonderurlaub zusteht. Aufgerufen am 25.04.2023.
- Verbraucherzentrale. So vereinbaren Sie Pflege und Beruf. Aufgerufen am 25.04.2023.
Geprüft durch die Verbraucherzentrale Rheinland-Pfalz e.V. (VZ RLP)
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