Vaskuläre Demenz

Die vaskuläre Demenz ist nach der Alzheimer-Krankheit die zweithäufigste Demenzform. Hierbei führen Durchblutungsstörungen im Gehirn zum Abbau geistiger Fähigkeiten. In diesem Beitrag erfahren Sie, worin die Ursachen liegen und welche Risikofaktoren und Maßnahmen zur Vorbeugung es gibt.

Auf einen Blick

  • Die vaskuläre Demenz zählt zu den häufigsten Demenzerkrankungen; etwa 15 bis 20 Prozent aller Demenz-Patientinnen und -Patienten sind davon betroffen.
  • Verschiedenartige Durchblutungsstörungen im Gehirn führen hier zum Abbau geistiger Fähigkeiten.
  • Besonders im hohen Lebensalter liegen Alzheimer-Krankheit und vaskuläre Demenz oft gemeinsam vor.
  • Zu den Hauptrisikofaktoren einer vaskulären Demenz gehören Bluthochdruck und Diabetes und Erkrankungen wie Schlaganfälle.
  • Um einer vaskulären Demenz vorzubeugen, sind ein gesunder Lebensstil und die Behandlung von Risikoerkrankungen entscheidend.
  • In der Therapie geht es vor allem darum, weitere Schlaganfälle zu vermeiden und die Erkrankten gut zu versorgen.

Hinweis: Die Informationen dieses Artikels können und sollen einen Arztbesuch nicht ersetzen und dürfen nicht zur Selbstdiagnostik oder -behandlung verwendet werden.

Ein älterer Herr sitzt an einem Tisch und puzzelt.

Was ist eine vaskuläre Demenz?

Vaskuläre Demenz ist der medizinische Fachbegriff für Demenzerkrankungen, die durch Durchblutungsstörungen des Gehirns verursacht werden. Der Begriff „vaskulär“ kommt von dem lateinischen Wort „vasculum“ und bedeutet Vase oder kleines Gefäß. Die vaskuläre Demenz zählt neben der Alzheimer-Krankheit zu den häufigsten Demenzerkrankungen.

In vielen Fällen lassen sich allerdings Alzheimer-Krankheit und vaskuläre Demenz nur schwer voneinander abgrenzen, da häufig Anzeichen für beide Erkrankungen vorliegen. Man spricht dann von einer gemischten Demenz. Vor allem Patientinnen und Patienten im hohen Lebensalter sind davon betroffen.

Was ist eine Demenz?

In diesem Video erfahren Sie, wie eine Demenz entsteht und wie sie behandelt werden kann.

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Welche Symptome treten bei einer vaskulären Demenz auf?

Je nachdem, in welchen Regionen des Gehirns die Durchblutungsstörungen auftreten, können bei der vaskulären Demenz sehr unterschiedliche Symptome vorkommen. Die häufigste Form der vaskulären Demenz, die auf einer Erkrankung der kleinen Gehirngefäße beruht, hat folgende charakteristische Symptome:

  • Verlangsamung
  • Konzentrations- und Aufmerksamkeitsstörung
  • Vergesslichkeit
  • Antriebsstörung
  • rasche geistige und körperliche Erschöpfung

Anders als bei der Alzheimer-Krankheit steht hier die nachlassende Gedächtnisleistung nicht so sehr im Vordergrund. Häufig treten zusätzlich folgende körperliche Symptome auf:

  • Gangstörungen
  • Verlust der Kontrolle über die Blase (verstärkter Harndrang, Inkontinenz)
  • Probleme beim Schlucken und Sprechen
  • grundloses Lachen und Weinen
  • Schwindelgefühl

Sind größere Hirnregionen von der Minderdurchblutung betroffen, geht mehr Hirngewebe zugrunde und weitere neurologische Symptome wie Lähmungen, Taubheitsgefühle und Sehstörungen können hinzukommen.

Ganz allgemein lassen bei einer Demenzerkrankung die geistigen Fähigkeiten immer mehr nach, bis sie schließlich ganz verloren gehen. Folgende geistige Fähigkeiten sind davon betroffen:

  • Kurzzeitgedächtnis und Merkfähigkeit
  • Langzeitgedächtnis
  • Konzentration und Aufmerksamkeit
  • Auffassungsgabe und Urteilsvermögen
  • örtliche und zeitliche Orientierung
  • Planung und Steuerung von Tätigkeiten
  • Antrieb
  • Sprache
  • Verhalten
  • Stimmung und Gemütslage

Bedingt durch diese fortschreitenden Symptome ist es den Patientinnen und Patienten immer weniger möglich, Aktivitäten des täglichen Lebens nachzugehen. Die selbstständige Lebensführung wird immer schwieriger. Im fortgeschrittenen Stadium benötigen sie Unterstützung im Alltag und zuletzt auch dauerhafte Pflege.

Allein aufgrund der Symptome lässt sich nicht eindeutig darauf schließen, welche Form der Demenz vorliegt. Da viele Betroffene sowohl eine Alzheimer-Krankheit als auch Durchblutungsstörungen haben, überlagern sich die Symptome sehr stark.

Was sind die Ursachen einer vaskulären Demenz?

Die vaskuläre Demenz ist keine einheitliche Erkrankung. Verschiedenartige Veränderungen der Gefäße und des Herz-Kreislauf-Systems können eine vaskuläre Demenz zur Folge haben. Allen gemeinsam ist, dass das Gehirn in mehreren kleinen Regionen nicht mehr ausreichend mit Sauerstoff versorgt wird.

Die häufigste Ursache einer vaskulären Demenz ist eine zerebrale Mikroangiopathie, also eine Erkrankung der kleinen Blutgefäße im Gehirn. Dabei werden die zuführenden Blutgefäße durch Ablagerungen und Wandverdickungen so eng, dass tiefer gelegene Bereiche des Großhirns nicht mehr ausreichend versorgt werden. Diese Form der Mangeldurchblutung kann langsam voranschreiten und sich ausbreiten. Sie kann aber auch zu einzelnen oder mehreren kleinen Schlaganfällen führen.

Eine andere Ursache der vaskulären Demenz sind Blutgerinnsel, welche hirnversorgende Gefäße verstopfen. Durch den plötzlichen Verschluss des zuführenden Gefäßes stirbt das nachgeschaltete Hirngewebe ab (Hirninfarkt). Diese Blutgerinnsel können zum einen an Ablagerungen (Arteriosklerose) in den Gehirngefäßen selbst entstehen, werden aber auch oft aus der Halsschlagader oder aus dem Herzen ins Gehirn eingeschwemmt. Wenn es sich um sehr kleine Hirninfarkte handelt, machen sich typische Schlaganfallsymptome nicht unbedingt bemerkbar.

Wenn mehrere kleine Hirninfarkte an verschiedenen Orten auftreten und zu einer vaskulären Demenz führen, spricht man von einer Multiinfarkt-Demenz. Aber auch ein einzelner Hirninfarkt kann eine Demenz auslösen, wenn er eine für die geistige Leistung strategisch wichtige Region betrifft (Demenz bei strategischem Infarkt). Wird eine größere Schlagader durch ein Blutgerinnsel verlegt, geht auch ein größerer Bereich des nachgeschalteten Hirngewebes zugrunde. Etwa ein Viertel der Patientinnen und Patienten mit einem solchen Schlaganfall entwickeln im weiteren Verlauf eine Demenz.

Deutlich seltener wird eine vaskuläre Demenz durch Blutungen im Gehirn verursacht. Diese sogenannten hämorrhagischen Schlaganfälle treten meist auf, wenn zuführende Blutgefäße durch langjährigen Bluthochdruck geschädigt sind und einreißen.

Welche Risikofaktoren für eine vaskuläre Demenz gibt es?

Höheres Lebensalter und Bluthochdruck sind die wichtigsten Risikofaktoren für eine vaskuläre Demenz. Nach einem Schlaganfall entwickeln langfristig etwa 25 Prozent der Betroffenen eine Demenz. Dieselben Risikofaktoren, welche die Wahrscheinlichkeit für einen Schlaganfall und andere Herz-Kreislauf-Erkrankungen erhöhen, begünstigen auch die Entstehung einer vaskulären Demenz.

Hierzu zählen vor allem Erkrankungen wie:

Risikofaktoren einer vaskulären Demenz: Schlaganfall, Bluthochdruck, erhöhte Blutfettwerte, Diabetes mellitus und ungesunde Lebensweise.

Außerdem erhöht sich das Risiko für Schlaganfall und vaskuläre Demenz durch Herzkrankheiten wie Vorhofflimmern und koronare Herzkrankheit.

Ein weiterer Risikofaktor ist eine ungesunde Lebensweise. Vor allem folgende Verhaltensweisen wirken sich negativ aus:

Wie häufig ist eine vaskuläre Demenz?

Die gefäßbedingte Demenz ist nach der Alzheimer-Krankheit die zweithäufigste Demenzform. In Deutschland erkranken jährlich etwa 250.000 Menschen an Demenz, davon 15 bis 25 Prozent gefäßbedingt. Frauen sind etwas häufiger betroffen als Männer.

In Deutschland erkranken jährlich etwa 250.000 Menschen an Demenz, davon 15 bis 25 Prozent gefäßbedingt.

Wie verläuft eine vaskuläre Demenz?

Je nachdem, wo die Durchblutungsstörung im Gehirn auftritt und welche Ursache sie hat, treten bei der vaskulären Demenz unterschiedliche Symptome auf. Auch der Verlauf der Demenz kann dadurch sehr variieren.

Liegt eine Durchblutungsstörung der kleinen Hirngefäße vor (Mikroangiopathie), schreitet der Verlust der geistigen Leistungsfähigkeit immer weiter voran. Wenn einzelne Hirninfarkte eine vaskuläre Demenz verursachen, kann diese manchmal auf einem bestimmten Stand stehen bleiben und sich auch leicht bessern. Bei wiederholten Schlaganfällen können Verschlechterungen auch schrittweise auftreten.

Aufgrund von gleichzeitig bestehenden Herz-Kreislauf-Erkrankungen sterben Menschen mit vaskulärer Demenz meist schneller als Menschen mit Alzheimer-Krankheit. Im Durchschnitt vergehen von der Diagnose bis zum Tod etwa drei bis fünf Jahre.

Da die zugrunde liegenden Risikofaktoren und Grunderkrankungen immer besser behandelt werden können, geht die Zahl der vaskulären Demenzen insgesamt zurück.

Wie kann man einer vaskulären Demenz vorbeugen?

Die konsequente Behandlung von Erkrankungen wie Bluthochdruck und ein gesunder Lebensstil sind wichtige Faktoren, um das Risiko für eine vaskuläre Demenz zu senken.

Wissenschaftliche Studien haben gezeigt, dass diese Maßnahmen auch zur Vorbeugung einer Alzheimer-Krankheit wirksam sind.

Die größte Wirkung scheinen folgende Verhaltensweisen zu haben:

  • regelmäßige körperliche Aktivität
  • Nichtrauchen
  • gesunde Ernährung

Darüber hinaus können gute Bildung, ein reges soziales Leben mit gemeinsamen Alltagsaktivitäten, ein aktiver Geist und kontinuierliche geistige Herausforderungen im Alltag davor schützen, dass die geistigen Fähigkeiten vorzeitig nachlassen.

Wie wird eine vaskuläre Demenz diagnostiziert?

Um bei einem Verdacht auf eine Demenzerkrankung eine möglichst genaue Diagnose zu erhalten, setzen Ärztinnen und Ärzte unterschiedliche Methoden ein:

Neuropsychologische Tests

Mithilfe von neuropsychologischen Tests lässt sich herausfinden, ob und wie weit bestimmte geistige Leistungsbereiche – etwa das Gedächtnis oder das Konzentrationsvermögen – beeinträchtigt sind. Die jeweilige Leistungsfähigkeit kann in Zahlenwerten gemessen werden. Die Ärztin oder der Arzt vergleicht diese dann mit Werten in der Bevölkerung.

Die neuropsychologische Untersuchung hat zwei Ziele. Zum einen kann man das subjektive Gefühl eines geistigen Abbaus zu einem objektiven Vergleichswert machen. Es zeigt sich also, ob die von der Person empfundenen Defizite tatsächlich vorhanden sind. Zum anderen lässt sich feststellen, welche Kombination von Symptomen im individuellen Fall vorliegt. Daraus ergeben sich wichtige Hinweise auf die Ursache einer Demenz.

Bildgebende Verfahren

Zusätzlich wird das Gehirn mit radiologischen Verfahren untersucht. Die Untersuchung des Gehirns in Schnittbildern ermöglicht es, chronische Durchblutungsstörungen und frühere Hirninfarkte oder Hirnblutungen nachzuweisen. Hierfür kommen die Computertomographie (CT) und die Magnetresonanztomographie (MRT) zum Einsatz. Ultraschalluntersuchungen der Halsgefäße und spezielle CT- und MRT-Aufnahmen der Hirnschlagadern dienen dazu, Verengungen zu erkennen, die Durchblutungsstörungen im Gehirn verursachen.

Untersuchung der Herz-Kreislauf-Funktionen

Zusätzlich werden Blutuntersuchungen und Blutdruckmessungen durchgeführt, um Risikoerkrankungen wie Bluthochdruck, Diabetes mellitus und Cholesterinerhöhung zu erkennen. Außerdem wird ein Langzeit-Elektrokardiogramm (EKG) gemacht, um beispielsweise ein Vorhofflimmern zu entdecken. Hinweise auf eine Erkrankung der Herzklappen oder des Herzmuskels können sich durch eine Ultraschalluntersuchung des Herzens (Echokardiographie) ergeben.

Wie wird eine vaskuläre Demenz behandelt?

Da Durchblutungsstörungen die Ursache der vaskulären Demenz sind, ist es besonders wichtig, zugrunde liegende Risikoerkrankungen zu behandeln. So kann die Gefahr, dass noch mehr Hirngewebe abstirbt, verringert werden.

Behandlung von Risikoerkrankungen

Bluthochdruck, Diabetes mellitus und zu hohe Cholesterinwerte lassen sich gut mit Medikamenten behandeln. Herzerkrankungen wie Vorhofflimmern, koronare Herzkrankheit oder Herzinsuffizienz kann man ebenfalls mit entsprechenden Maßnahmen therapieren.

Wenn Blutgerinnsel im Gehirn aufgetreten sind, bekommen Patientinnen und Patienten gerinnungshemmende Medikamente. So können weitere Schlaganfälle verhindert werden. Ist eine verengte Halsschlagader die Ursache, kann man die Engstelle in einer Operation beseitigen.

Wichtig zu wissen: Alle diese Maßnahmen senken das Risiko für Schlaganfälle und damit wahrscheinlich auch für eine vaskuläre Demenz.

Weitere Medikamente

Für die Alzheimer-Krankheit gibt es Medikamente, durch die sich die Symptome mitunter abschwächen lassen. Hierzu zählen Cholinesterasehemmer und Memantin. Diese Medikamente wirken allerdings nur vorübergehend und haben keinen Einfluss auf den Verlauf der Erkrankung. Bei vaskulärer Demenz sind sie nicht wirksam, zudem können sie Nebenwirkungen verursachen. Sie sollten daher bei einer rein gefäßbedingten Demenz nicht eingesetzt werden.

Bei Bedarf verschreiben Ärztinnen und Ärzte Psychopharmaka, um Symptome wie Wahn, Angst, Reizbarkeit, Unruhe, Schlafstörungen und Depressionen zu lindern.

Bisher ist keine medizinische Behandlung bekannt, mit der sich der Verlauf einer Demenzerkrankung deutlich beeinflussen lässt. Eine Demenz kann derzeit nicht geheilt werden. Dies gilt sowohl für die Alzheimer-Krankheit als auch für die vaskuläre Demenz.

Nichtmedikamentöse Begleittherapien

Menschen mit Demenz benötigen in der Regel eine langfristige Begleitung und Behandlung. Hierbei können zahlreiche Fachkräfte aus den Bereichen Medizin, Pflege, Ergotherapie, Physiotherapie und Sozialarbeit beteiligt sein. Auch betreuende Angehörige sollten gut informiert sein und unterstützt werden.

Eine Kurzinformation des Ärztlichen Zentrums für Qualität in der Medizin widmet sich dem Thema Demenz: eine Herausforderung für Angehörige.

Wo kann ich mich über vaskuläre Demenz informieren?

Auf der Internetseite des Bundesgesundheitsministeriums finden Sie einen Online-Ratgeber Demenz mit Informationen für Patientinnen und Patienten und ihre Angehörige.

Weitere Informationen:

  • Deutsche Gesellschaft für Neurologie (DGN). S1-Leitlinie Vaskuläre Demenzen. AWMF Register-Nr.: 030–038. 2017. Aufgerufen am 10.11.2020.
  • Deutsche Gesellschaft für Psychiatrie und Psychotherapie, Psychosomatik und Nervenheilkunde (DGPPN), Deutsche Gesellschaft für Neurologie (DGN). S3-Leitlinie Demenzen. AWMF-Register-Nr.: 038–013. 2016. Aufgerufen am 10.11.2020.
  • O'Brien JT, Thomas A. Vascular dementia. The Lancet 2015; 386(10004):1698–706. Abstract. Aufgerufen am 10.11.2020.

Geprüft durch die Deutsche Gesellschaft für Neurologie e.V.

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