Gehirnentzündung (Enzephalitis)

Eine Enzephalitis ist eine Gehirnentzündung, die am häufigsten von Viren verursacht wird. Sie kann mild, aber auch sehr schwer mit bleibenden Folgeschäden verlaufen. Eine genaue Diagnose ist wichtig für die Therapie.

Auf einen Blick

  • Enzephalitis ist der medizinische Begriff für eine Gehirnentzündung.
  • Sie wird meist von Viren verursacht oder durch Autoimmunreaktionen ausgelöst, bei denen sich das Immunsystem gegen körpereigenes Gewebe richtet.
  • Bei einer Enzephalitis sind einzelne oder mehrere Funktionen des Gehirns beeinträchtigt.
  • Typische Beschwerden sind Bewusstseinsstörungen, Verwirrtheit, epileptische Anfälle sowie Fieber und Kopfschmerzen. Oft kommen Verhaltensänderungen und Denkstörungen hinzu.
  • Je nach Ursache kann die Erkrankung mild oder schwer verlaufen.
  • Eine gezielte Behandlung ist möglich, wenn der Auslöser der Gehirnentzündung bekannt ist.

Hinweis: Die Informationen dieses Artikels können und sollen einen Arztbesuch nicht ersetzen und dürfen nicht zur Selbstdiagnostik oder -behandlung verwendet werden.

Ein Arzt sieht sich Gehirnscans auf einem Monitor an.

Was ist eine Enzephalitis?

Bei einer Enzephalitis kommt es zu einer Entzündung des Gehirns. Tritt die Gehirnentzündung zusammen mit einer Hirnhautentzündung (Meningitis) auf, spricht man von einer Meningoenzephalitis.

Meist ist eine virale Infektion die Ursache für die Enzephalitis. Häufig lösen Herpes-simplex-Viren die Erkrankung aus.

Daneben spielen Autoimmunreaktionen eine Rolle in der Krankheitsentstehung. Dabei handelt es sich um eine Fehlreaktion des Immunsystems, durch die es zu einer Schädigung von körpereigenem Gewebe kommt.

Eine Enzephalitis kann zu Bewusstseinsstörungen, Verhaltens- und Persönlichkeitsveränderungen führen. Zudem ist es möglich, dass einzelne Gehirnfunktionen ausfallen und epileptische Anfälle auftreten.

Die Erkrankung kann mild verlaufen, aber auch lebensbedrohlich sein und mit schweren, langfristigen Folgeschäden einhergehen.

Wichtig zu wissen: Bei einer durch Herpes-simplex-Viren ausgelösten Enzephalitis ist der Beginn der Behandlung entscheidend. Je früher die Therapie beginnt, umso geringer ist das Sterberisiko.

Welche Symptome treten bei einer Enzephalitis auf?

Die häufigsten Symptome bei einer Enzephalitis sind:

  • Verwirrtheit
  • Kopfschmerzen
  • Krampfanfälle
  • Bewusstseinsstörungen
  • Fieber

Oft kommen Verhaltensänderungen, Halluzinationen oder Denkstörungen hinzu.

Je nachdem, welches Virus die Entzündung verursacht, können bestimmte Beschwerden auftreten:

  • Bei einer Infektion mit Herpes-simplex-Viren treten oft Sprachstörungen wie eine Aphasie auf.
  • Arboviren, also Viren, die durch Insekten übertragen werden, verursachen häufiger Bewegungsstörungen.
  • Typisch für eine Infektion mit Enteroviren sind Zittern, Muskelzuckungen, Bewegungsstörungen, Nervenlähmungen im Gesicht und Wasser in der Lunge.

Darüber hinaus können weitere neurologische Symptome vorkommen, beispielsweise eine Halbseitenlähmung, schlaffe Lähmungen einzelner Nerven oder Gefühlsstörungen.

Manchmal sind Hirnfunktionsstörungen so schwach ausgeprägt, dass man sie kaum wahrnimmt.

Bei Neugeborenen und Säuglingen sind die Symptome einer Enzephalitis eher allgemeiner Natur: Sie trinken nicht gut, sind teilnahmslos und träge. Außerdem können Fieber und Krämpfe auftreten.

Was ist die Ursache für eine Enzephalitis?

Eine Enzephalitis kann durch Viren, Bakterien, Pilze oder Parasiten wie Einzeller und Würmer ausgelöst werden. Man spricht dann von einer infektiösen Enzephalitis.

Daneben gibt es die autoimmune Enzephalitis: Hier bildet das Immunsystem Antikörper, die körpereigene Zellen im Gehirn angreifen und schädigen. Solche Antikörper heißen Autoantikörper.

Auslöser von Enzephalitis: Viren, Bakterien, Pilze, Parasiten, Autoantikörper.

Etwa 70 Prozent der Gehirnentzündungen werden durch Viren verursacht. Am häufigsten identifiziert man:

Manchmal führen Infektionen mit Masern-, Mumps- und Rötelnviren zu einer Enzephalitis, selten eine SARS-CoV-2-Infektion.

Die autoimmune Enzephalitis kann auch durch eine Krebserkrankung entstehen.

Wie häufig kommt eine Enzephalitis vor?

Circa 4 bis 8 von 100.000 Menschen erkranken jedes Jahr an einer virusbedingten Enzephalitis. Vor allem betrifft es junge Erwachsene und ältere Menschen. Eine Enzephalitis im Kindesalter tritt bei 4 bis 10 von 100.000 Kindern auf, am häufigsten im ersten Lebensjahr.

Circa 4 bis 8 von 100.000 Menschen erkranken jedes Jahr an einer virusbedingten Enzephalitis.

Die Jahreszeit hat ebenfalls einen Einfluss auf bestimmte virusbedingte Gehirnentzündungen. Die in Europa verbreitete Frühsommer-Meningoenzephalitis (FSME) tritt dann auf, wenn die Zecken als Krankheitsüberträger besonders aktiv sind. Ähnliches gilt für Gehirnentzündungen, deren Auslöser durch Mücken übertragen werden, wie das West-Nil-Virus.

Welche Folgen kann eine Enzephalitis haben?

Zahlreiche Gehirnentzündungen heilen ohne Folgen ab.

Bei etwa einem Drittel der Menschen mit einer Enzephalitis treten Spätfolgen auf. Das sind in der Regel bleibende Krampfanfälle, Störungen der Konzentration, des Verhaltens, des Gedächtnisses oder der Sprache. Die Krampfanfälle lassen sich mit Medikamenten oft nicht gut behandeln.

Bei circa 1 von 100 Menschen bleiben nach Abklingen der Entzündung massive Funktionsstörungen des Gehirns bestehen. Sie erlangen das Bewusstsein nicht komplett wieder.

Bei Kindern, die an einer Enzephalitis erkranken, kommt es bei etwa der Hälfte zu langfristigen Einschränkungen wie Entwicklungsverzögerungen, Lernstörungen oder Verhaltensproblemen. Manchmal treten Störungen der Muskelbewegung, des Sehens, des Hörens oder des Wasserlassens auf.

Der Krankheitsverlauf einer virusbedingten Gehirnentzündung ist sehr stark vom verursachenden Virustyp abhängig. Wird beispielsweise eine Herpes-simplex-Enzephalitis nicht frühzeitig behandelt, besteht ein hohes Risiko, daran zu sterben.

Wie stellt man eine Enzephalitis fest?

Einige Gehirnentzündungen werden durch Erreger verursacht, die man mit speziellen Medikamenten direkt bekämpfen kann.

Deshalb ist es wichtig, den genauen Auslöser festzustellen. Um den Erreger näher einzugrenzen, stellen Ärztinnen und Ärzte zunächst einige Fragen, unter anderem:

  • zum Gesundheitszustand
  • zu benötigten Medikamenten
  • zu vorhandenen Impfungen
  • zu kürzlichen Reisen

Symptome wie Hautausschläge, Lymphknotenschwellungen, Gedächtnis- und Sprachstörungen oder bestimmte Bewegungsstörungen können Hinweise auf den Erreger geben.

Mit einer Computer- (CT) oder Magnetresonanztomographie (MRT) lassen sich Schichtaufnahmen des Gehirns machen und so Entzündungen nachweisen. Je nachdem, an welcher Stelle im Gehirn die Entzündungsherde auftreten, kann das einen Hinweis auf den Auslöser liefern.

Außerdem entnehmen Ärztinnen und Ärzte bei Verdacht auf eine Enzephalitis eine Liquor-Probe aus dem Rückenmarkskanal der Wirbelsäule. Liquor bezeichnet die Flüssigkeit, die Gehirn und Rückenmark umgibt. Darin kann man über Erbgutanalysen den Erreger direkt nachweisen oder indirekt über gegen den Erreger gerichtete Antikörper. Liegt eine autoimmune Enzephalitis vor, lassen sich bestimmte Autoantikörper im Liquor finden.

Eine Blutprobe kann ebenfalls aufschlussreich sein, um bei einigen Erregern ebenfalls Antikörper nachzuweisen. 

Bei Krampfanfällen ordnen Ärztinnen und Ärzte ein Elektroenzephalogramm (EEG) an.

Wie wird eine Enzephalitis behandelt?

Für viele virusbedingte Gehirnentzündungen gibt es keine spezielle Therapie, die gezielt die Ursache bekämpft. Die Behandlung beschränkt sich daher auf symptomlindernde Maßnahmen.

Eine Ausnahme bildet die durch Herpes-simplex-Viren ausgelöste Enzephalitis. Diese Form kann unbehandelt schwere Folgen haben. Mit der frühen Gabe des Medikaments Aciclovir lassen sich Spätfolgen verhindern. Deshalb erhalten Patientinnen und Patienten meist sofort Aciclovir, auch wenn man noch nicht weiß, welcher Erreger genau die Erkrankung verursacht hat.

Darüber hinaus kommen Aciclovir und ähnliche Wirkstoffe bei Gehirnentzündungen durch das Varizella-Zoster-Virus oder Cytomegalievirus zum Einsatz.

Krampfanfälle werden mit antiepileptischen Medikamenten behandelt. Bei Verhaltensstörungen können Ärztinnen und Ärzte vorübergehend antipsychotisch wirkende Medikamente geben.

Alle nicht virusbedingten Gehirnentzündungen muss man entsprechend ihrer Ursache behandeln. Besteht der Verdacht, dass Bakterien die Ursache sind, kommen frühzeitig Antibiotika zum Einsatz.

Menschen mit einer autoimmunen Enzephalitis bekommen hochdosierte Kortikosteroide. Das sind Medikamente, die entzündungshemmend wirken. Ärztinnen und Ärzte haben zudem die Möglichkeit, eine Blutwäsche (Plasmapherese) und immunsystemschwächende Medikamente (Immunsuppressiva) einzusetzen. Das soll verhindern, dass die Antikörper weiter Schaden anrichten.

Deutsche Gesellschaft für Neurologie e.V. (DGN).

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